Arnsberg. Teil 2 unserer Serie: Ruht Heinrich I. von Arnsberg in Wedinghausen? Endgültige Klarheit soll eine aufwändige DNA-Analyse bringen.

Von Dr. Jürgen Schulte-Hobein

Nach dem Tod Friedrichs „des Streitbaren“ im Jahre 1124 trat sein Schwiegersohn Graf Gottfried von Cuijk die Nachfolge in der Grafschaft Arnsberg an. Die Herrschaft Cuijk lag weit entfernt von Arnsberg an der unteren Maas. Kein Wunder also, dass der neue Graf zunächst kein großes Interesse an seinem Erbe verspürte und erst 14 Jahre später seine sauerländische Grafschaft erstmals aufgesucht hat.

Oft weilte er dagegen am Hof der damaligen deutschen Kaiser. Hierbei wird er 1139 erstmals als Gottfried I. von Arnsberg erwähnt. Letztmalig ist seine Anwesenheit am Hoflager des berühmten Kaisers Friedrich Barbarossa (1122-1190) 1154 in Nimwegen belegt. Um 1158 ist Graf Gottfried I. gestorben und in Wedinghausen beigesetzt worden. Hier stand zu dieser Zeit zwar noch kein Kloster, wohl aber bereits eine kleine Kirche.

Ein Verein für den Schlossberg

- Der im März 2023 gegründete Verein Zukunft Schlossberg hat sich die Inwertsetzung des Schlossbergs zum Ziel gesetzt.

- Damit soll die seit Jahrzehnten propagierte Achse Schlossberg - Sauerlandmuseum - Kloster Wedinghausen endlich geschlossen werden, um den Tourismus - und damit Einzelhandel und Gastronomie - nachhaltig zu beleben.

- Dieser Impuls soll durch die Module Aussichtsturm, Skywalk, Besucherzentrum (außerschulischer Lernort, digitales Museum und Anlaufstelle für die Stadtführer) sowie ein kleines Amphitheater für Lesungen, Musik und Theater sowie Sichtbarmachung der Schlossberg-Unterwelt erzielt werden.

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Auf Gottfried I. folgte sein ältester Sohn Heinrich I. (1128-1200) als Graf von Arnsberg. Auch er pflegte engen Kontakt zu den deutschen Kaisern und war dabei, als Kaiser Barbarossa 1152 die Stadt Soest besuchte. Heinrich hatte einen jüngeren Bruder namens Friedrich, mit dem er 1164 in heftigen Streit um das väterliche Erbe geriet. Er ließ seinen Bruder gefangen nehmen, als dieser gerade eine heilige Messe besuchte, und ihn in den Kerker der Arnsberger Burg werfen. Eine Gefangennahme während eines Kirchgangs galt allerdings als äußerst frevelhaft. Der jüngere Bruder verstarb in der Haft. Ob er im Verlies erkrankte, vielleicht sogar verhungerte oder ob Heinrich den Tod seines Bruders absichtlich herbeigeführt hat, liegt nach mehr als 850 Jahren im Dunkeln der Geschichte.

Rachefeldzug

Auch wenn es sich um keine Bluttat handelte, waren sich die hohe Geistlichkeit und die westfälischen Adeligen einig, dass die Tat bestraft werden müsse. Der Sachsenherzog Heinrich der Löwe (1129-1195), der Kölner Erzbischof Rainald von Dassel und die Bischöfe von Paderborn, Minden und Münster verbündeten sich zu einem Rachefeldzug und zogen mit einem großen Ritterheer nach Arnsberg. Widerstand gegen eine solche Übermacht war aussichtslos. Als seine Feinde die Burg eroberten, war Heinrich jedoch bereits untergetaucht und wahrscheinlich zu seinen holländischen Verwandten nach Cuijk geflohen. Er sollte des Landes verwiesen werden. Hiervor bewahrten ihn nur seine guten Beziehungen zu Kaiser Friedrich Barbarossa, der sich persönlich für ihn einsetzte und dafür sorgte, dass die Strafe nicht vollstreckt wurde.

Lesen Sie hier Teil 1 der Serie

Heinrich gelobte, ein Kloster zu stiften, was maßgeblich dazu führte, dass er sich mit dem Kölner Erzbischof aussöhnte. Dieses Versprechen löste er 1170 durch die Stiftung des Klosters Wedinghausen ein, indem er einen vor den Toren Arnsbergs gelegenen gräflichen Hof samt einer kleinen Kirche in eine klösterliche Niederlassung umwandelte. Hier hatten sein Großvater Friedrich „der Streitbare“ und seine Eltern ihre letzte Ruhestätte gefunden, sodass Heinrich zu Wedinghausen eine ganz besondere Beziehung hatte. Die Klostertradition und spätere Historiker sehen die Klosterstiftung als Sühne für den von ihm verschuldeten Tod seines Bruders.

Graf Heinrich I. stiftet das Kloster Wedinghausen.
Graf Heinrich I. stiftet das Kloster Wedinghausen. © WP | Sauerland-Museum

Am 23. Februar 1173 bestätigte der Kölner Erzbischof Philipp von Heinsberg in Soest unter Anwesenheit zahlreicher hoher geistlicher Würdenträger und weltlicher Grafen urkundlich die Stiftung des Klosters Wedinghausen. Die heute noch vorhandene Pergamenturkunde nennt Graf Heinrich I. von Arnsberg als den alleinigen Stifter. Mit der Stiftung verbunden war auch die Übertragung der Pfarrrechte für Arnsberg und Umgebung. Damit war die Bindung an die Stammpfarrei Hüsten, der Arnsberg seit der Christianisierung angehört hatte, beendet.

Es fehlten noch die Mönche, die das Klosterleben in Wedinghausen aufnehmen sollten. Heinrich entschied sich nicht zufällig für eine Klostergründung zugunsten der Prämonstratenser, hatte doch bereits sein Vater Graf Gottfried I. von Arnsberg 1129 das Prämonstratenserkloster Marienweerd bei Utrecht mit gestiftet. Der dortige Abt entsprach seiner Bitte und schickte drei Kleriker aus dem Marienweerder Konvent nach Wedinghausen, um das Kloster in Arnsberg mit Leben zu erfüllen. Marienweerd wurde zum Mutterkloster Wedinghausens.

Geteilte Kirche

Die Kirche, der Gottesmutter Maria und dem heiligen Märtyrer Laurentius geweiht, blieb bis zur Auflösung des Klosters 1803 baulich durch eine Mauer geteilt: Der östliche Bereich diente als Klosterkirche für das Stift, der westliche als Pfarrkirche für die Stadt. Das Kloster lag in den 630 Jahren seines Bestehens südlich der Stadt, nur wenige hundert Meter vor der Stadtmauer. Das Kloster Wedinghausen entwickelte sich schnell zu einem geistlichen und geistigen Zentrum. Seine Ausstrahlung war derart groß, dass in der Nähe noch zwei weitere Prämonstratenserklöster entstanden, und zwar 1174 das adelige Kloster Oelinghausen und 1188 das Frauenkloster Rumbeck.

Durch die Klosterstiftung war Graf Heinrich I. offenbar endgültig rehabilitiert. Er griff aktiv in die Reichspolitik ein und war an der Entmachtung Heinrichs des Löwen durch Kaiser Friedrich Barbarossa beteiligt. Der „Löwe“ hatte dem Kaiser bei dessen Feldzug in Italien die Heeresfolge verweigert, und so entscheidend zur Niederlage des kaiserlichen Heeres beigetragen. Daraufhin verhängte Barbarossa in der Gelnhauser Urkunde vom 13. April 1180 die Reichsacht über Heinrich den Löwen und entzog ihm seine Herzogtümer Bayern und Sachsen. Diese Urkunde ist auch vom Arnsberger Grafen Heinrich unterzeichnet worden.

Niedergang der Grafschaft Arnsberg mit eingeleitet

Das Herzogtum Bayern erhielt Otto von Wittelsbach, während das Herzogtum Sachsen geteilt wurde. Der westliche Teil fiel als Herzogtum Westfalen an den Erzbischof von Köln. Seit dieser Zeit waren die Kölner Erzbischöfe nicht nur Kurfürsten des Heiligen Römischen Reiches, sondern zugleich auch Herzöge von Westfalen. Sie begannen unmittelbar damit, durch die Errichtung von befestigten Burgen und der Anlage von Städten an der Grenze zur Grafschaft Arnsberg eine feste Territorialherrschaft aufzubauen. Obwohl sich die Grafschaft Arnsberg gegen den Expansionsdrang der Kölner Erzbischöfe zunächst noch behaupten konnte, hat Graf Heinrich durch die Unterzeichnung der Gelnhauser Urkunde den Niedergang seiner Grafschaft mit eingeleitet.

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Im fortgeschrittenen Alter hängte Heinrich seine Ritterrüstung an den Nagel und zog stattdessen eine weiße Mönchskutte an, mit der er als Laienbruder in das Kloster Wedinghausen eintrat. Dort starb er am 4. Juni 1200 im für die damalige Zeit hohen Alter von 72 Jahren. In einem prachtvollen Ehrengrab wurde er beigesetzt.

Mehr als 800 Jahre später machten Archäologen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) im ehemaligen Kapitelsaal eine sensationelle Entdeckung: Bei Restaurierungsarbeiten legten sie 2017 die mittelalterliche Gruft der gräflichen Stifterfamilie mit seltenen farbigen Wandzeichnungen frei. Wahrscheinlich befanden sich unter den gefundenen Gebeinen auch die sterblichen Überreste des Klostergründers Graf Heinrich I. Endgültig Klarheit soll eine aufwändige DNA-Analyse bringen.