Arnsberg. In „Unser Schlossberg – die Wiege der Stadt Arnsberg“ berichtet Dr. Jürgen Schulte-Hobein Historisches - Folge 1: Wie alles begann.
Auf dem Schlossberg inmitten der Ruhrschleife liegen die Wurzeln der Stadt Arnsberg mit ihren 15 Ortsteilen, auch wenn der Ortsteil Arnsberg erstmals bereits 793 in einem Güterverzeichnis des Klosters Werden bei Essen als „Arnesberge“ erwähnt wird und Hüsten 802 urkundlich nachgewiesen ist. Auch mehrere Ortsteile der heutigen Stadt Sundern wie die Freiheiten Hagen, Langscheid und Sundern haben ihren Ursprung auf dem Arnsberger Schlossberg und sind Gründungen der Arnsberger Grafen. Der Schlossberg war fast 700 Jahre Regierungssitz, zunächst der Grafen von Arnsberg und später der Erzbischöfe von Köln, die zugleich Kurfürsten des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation waren. Ohne diese lange Herrschaftsgeschichte gäbe es heute wohl kaum die Bezirksregierung Arnsberg und damit auch nicht die Regierungsstadt Arnsberg.
Viele Spuren erinnern bis heute an die Zeit der Arnsberger Grafen und Erzbischöfe von Köln. Bedeutende Zeugen sind die ehemaligen Klöster, die vielen katholischen Kirchen, einstige Adelssitze und andere Bauwerke wie das Hirschberger Tor. Die Grafen, Kurfürsten- und Clemens-August-Straße in Arnsberg oder die Graf-Gottfried und Annastraße in Neheim erinnern genauso hieran wie die vielen Orte im Sauerland, die den Adler der Grafen und/oder das schwarze Kreuz der Kölner Erzbischöfe im Wappen tragen. Ebenso weisen Traditionen und Brauchtumspflege, allen voran das Feiern der Schützenfeste und des Karnevals, auf diese Zeiten hin.
Bau einer Burg auf dem Römberg
Alles begann um 1060 mit dem Bau einer Burg auf dem Römberg oberhalb des Zusammenflusses von Ruhr und Walpkebach durch Graf Bernhard II. von Werl (um 1010-um 1070). Ursprünglicher Sitz der Werler Grafen war die Hünenburg bei Meschede, den sie jedoch am Ende des 9. Jahrhunderts durch den Erwerb umfangreichen Grundbesitzes im Hellwegraum nach Werl verlegten. Ihre nahe Verwandtschaft zum salischen Königshaus und ihr umfassender Herrschaftsbereich, der zeitweise bis zur Nordsee reichte, spricht dafür, dass die Werler Grafen zu den vornehmsten Familien des sächsischen Hochadels zählten. Nach dem Tod Graf Bernhards teilten seine Söhne Konrad II. (um 1040-1092) und Liupold die Grafschaft unter sich auf. Liupold erhielt als Graf von Werl die nordwestlichen und Graf Konrad mit dem Zentrum Arnsberg die südöstlichen Gebiete. Inmitten der Ruhrschleife erbaute er um 1080 auf dem Berg gegenüber der Rüdenburg eine zweite größere Burg, die strategisch vorteilhafter als die Werler Burg in der ungeschützten Hellwegebene lag.
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Die „Alte Burg“ ging auf die Edelherren von Rüdenberg über, einer Nebenlinie der Werler-Arnsberger Grafen. Im 14. Jahrhundert übertrugen die Rüdenberger die Burg an das Kloster Wedinghausen. Sie verfiel immer mehr und diente im 17. Jahrhundert als Steinbruch für den Bau des Ritterguts Obereimer. Die neue Burg wurde dagegen zur Keimzelle der späteren Stadt. Erste Siedler ließen sich auf dem Berg nieder und stellten sich unter den Schutz des Burgherren.
„Der Streitbare“ regiert
Graf Konrad II. fiel im Jahre 1092 zusammen mit seinem ältesten Sohn Hermann im Kampf gegen die Friesen. Die Regierung in Arnsberg übernahm der zweite Sohn Graf Friedrich (1075-1124), der schon bald den Beinamen „der Streitbare“ hielt. Der dritte Sohn Heinrich wurde mit der Grafschaft Rietberg abgefunden, die sich hierdurch von der Grafschaft Werl-Arnsberg abspaltete. Friedrich „der Streitbare“ nannte sich selbstbewusst Graf von Arnsberg und trug den Adler, den Namensgeber der Stadt, im Wappen. Seine Bemühungen, das Erbe der Familie wieder unter seiner Herrschaft zu vereinigen, scheiterten jedoch, weil sein unverheirateter Onkel Liupold 1102 das ihm zugefallene Erbe mit der Stadt und Burg Werl dem Kölner Erzbischof Friedrich I. von Schwarzenberg übertrug. Die Durchsetzung der Kölner Ansprüche führten zu längeren kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen dem Arnsberger Grafen und der Kölner Kirche. Graf Friedrich „der Streitbare“ spielte weit über den Bereich seiner Grafschaft hinaus eine beachtliche Rolle in der Politik des Reiches und übte einen beachtlichen Einfluss auf die mit ihm verwandten salischen deutschen Kaiser aus. In welch hoher Gunst die Arnsberger Grafen in dieser Zeit bei den Kaisern standen, zeigt sich auch darin, dass diese ihnen das Recht verliehen hatten, bei Feldzügen des Kaisers, Königs oder Herzogs von Westfalen zwischen Rhein und Weser das Reichsbanner voranzutragen und damit das Heer anzuführen. Alle übrigen Bannerherren hatten dem Grafen von Arnsberg zu folgen.
Mehrfach die Seiten gewechselt
Graf Friedrich „der Streitbare“ war in zahlreiche kriegerische Auseinandersetzungen verwickelt und hat dabei mehrfach je nach den jeweiligen Gegebenheiten der politischen Lage die Seiten gewechselt. Im Investiturstreit zwischen Kaiser und Papst, in dem es darum ging, wer die Äbte und Bischöfe einsetzen sollte, schlug sich der Arnsberger Graf auf die Seite des Kaisers. Im Konflikt zwischen Kaiser Heinrich IV. (1050-1106) und seinem Sohn, dem späteren Kaiser Heinrich V. (1086-1125), stand Friedrich im Gegensatz zu großen Teilen des Adels auf Seiten des Vaters. Im Jahre 1106 war er Anführer eines westfälischen Heeres, das dem bedrängten Heinrich IV. im Kampf gegen dessen Sohn erfolgreich am Niederrhein zur Hilfe kam. Später ergriff er Partei für den sächsischen Herzog Lothar von Supplinburg (1075-1137) in den sich lange hinziehenden Kämpfen mit Kaiser Heinrich V. Als er mit seinen Truppen den kaiserlichen Einheiten in den Rücken fiel, trug er entscheidend zu dessen Niederlage bei. In den Jahren danach schwenkte der Arnsberger Graf wieder auf die Seite Heinrichs V. und war ständig in Fehden mit den Bischöfen Westfalens verwickelt.
Graf Friedrich „der Streitbare“ blieb ohne männliche Nachkommen. Erbin der Grafschaft war seine Tochter Ida, die mit dem Grafen Gottfried II. von Cappenberg verheiratet war. Dieser entschloss sich jedoch, seinen weltlichen Besitz aufzugeben und mit dem Kloster Cappenberg das erste westfälische Prämonstratenserkloster zu gründen. Bis zuletzt hat Friedrich von Arnsberg versucht, seinen Schwiegersohn von diesem Ansinnen abzubringen, weil er hierdurch nicht nur die Weiterführung seiner Herrschaft, sondern auch seinen Plan durch die Vereinigung der beiden Grafschaften ein größeres Machtgebilde in Südwestfalen zu schaffen, verstellt sah.
Früher Tod
Schon bald nach dem Tod Friedrichs „des Streitbaren“ am 11. Februar 1124 traten Gottfried von Cappenberg und seine Frau Ida selber in den Orden ein. Allerdings war Gottfried nur eine kurze Lebensspanne beschieden. Nach seinem frühen Tod verließ Ida, die einzige Erbtochter Graf Friedrich „des Streitbaren“, das ihr aufgezwungene KIosterleben und kehrte ins weltliche Leben zurück. Sie heiratete in zweiter Ehe den holländischen Grafen Gottfried von Cuyk (um 1100-um 1167). Er trat das Erbe des Hauses der Grafen von Werl-Arnsberg an und wurde als Gottfried I. zum Stammvater der jüngeren Linie der Grafen von Arnsberg.