Arnsberg. Zwei Waschmaschinen auf der Arbeitsplatte - ein ungewöhnliches Bild. Und nur schwer mit dem Rollstuhl nutzbar. Das sagt die Stadt.

Update: Zur beschriebenen Problematik bezüglich der Barrierefreiheit innerhalb der Unterkunft „Mariannhillerweg“, in der die an den Rollstuhl gebundene Natalia (Name geändert) lebt, nimmt die Stadt Arnsberg noch einmal ausführlich Stellung:

Da das Haus ursprünglich nicht als Unterkunft für Geflüchtete konzipiert gewesen sei, hätten bei der Herrichtung Kompromisse eingegangen werden müssen, teilt Ramona Eifert, Pressesprecherin, mit. „So ist die Platzierung der beiden Waschmaschinen auf den Arbeitsflächen in der Küche keine optimale Lösung. Eine andere Lösung würde aber mit einem enormen Aufwand einhergehen, der nur in Frage käme, wenn es sich um eine dauerhaft und nicht um eine temporär genutzte Unterkunft handeln würde.“

Das Problem der elektrischen Einrichtung sei bekannt und solle kurzfristig behoben werden. Bei der Verwendung eines Verlängerungskabels handeltes sich um eine vorübergehende Problemlösung. Das Kabel sei zwischenzeitlich oberhalb der Türzarge hergeführt worden, so dass die mögliche Stolperfalle beseitigt worden sei.

„Des Weiteren waren die Duschen ursprünglich mit Bad- und Duschstühlen ausgestattet“, so Ramona Eifert weiter. „Wo diese verblieben sind, lässt sich von hier nicht beantworten. Eine Neubeschaffung ist bereits in die Wege geleitet worden.“

Kompromisslösung besser als die Nutzung von Sporthallen

Wie es in diesem Artikel richtig beschrieben worden sei, obliege es den Bewohnerinnen und Bewohnern selbst, die Gemeinschaftsflächen selbst zu reinigen. „Dies sollte in der Unterkunft auch kein Problem darstellen, da dort genügend Schutzsuchende aus der Ukraine leben, die keine Beeinträchtigung haben. So lebt z.B. die Bewohnerin, die zeitweise einen Rollstuhl benutzt, mit ihrem Ehemann zusammen, der die Reinigung vornehmen kann.“

Darüber hinaus könne auch im Rahmen der Leistungen der Pflegekasse eine Hauswirtschaftshilfe beauftragt werden. Seitens der Stadt werde die Unterkunft täglich von einem Hausmeister aufgesucht. Eine städtische Dolmetscherin, die auch als Alltagsbegleiterin fungiert, sei mindestens einmal wöchentlich für drei Stunden vor Ort. Dort hätten die Bewohnerinnen und Bewohner die Möglichkeit, ggfs. Probleme zu schildern, die durch die Dolmetscherin an die Zuständigen kommuniziert würden.

Natalia (Name geändert) passt nur knapp durch die Tür zum Gemeinschaftsraum der Flüchtlingsunterkunft für Menschen mit individuellen Bedürfnissen.
Natalia (Name geändert) passt nur knapp durch die Tür zum Gemeinschaftsraum der Flüchtlingsunterkunft für Menschen mit individuellen Bedürfnissen. © Thora Meißner

„Seitens der städtischen Fachabteilung besteht die Absicht, Unterbringung von Geflüchteten bestmöglich zu gestalten. Hier gibt es aber Rahmenbedingungen, wie z.B. die Gebäudebeschaffenheit oder Lage, die einer optimalen Lösung entgegenstehen können“, so die Pressesprecherin. „So musste die Stadt Arnsberg verschiedene Objekte mieten, um die Unterbringung von Schutzsuchenden aus der Ukraine und Geflüchteten aus anderen Drittstaaten im vorletzten und letzten Jahr sicherzustellen. Dabei mussten Kompromisse eingegangen werden. Aber unter dem Strich sind die Kompromisslösungen weitaus besser als die Nutzung von Sporthallen, wie es in vielen anderen Städten derzeit der Fall ist. Hier bitten wir weiterhin um Verständnis dafür, dass es sich nach wie vor um Notlösungen in einer andauernden Ausnahmesituation handelt.“

Einfaches Leben für Ukrainerin im Rollstuhl? Was vorher geschah

Natalia (Name geändert) schafft es so gerade eben, sich die Finger nicht zu klemmen. Denn ihr bleiben nur wenige Zentimeter zwischen Türrahmen und Rollstuhl. Normalerweise versucht sie, ihren Rollstuhl mit der wenigen Kraft, die ihr in einem Bein bleibt, fortzubewegen. Die Schutzsuchende aus der Ukraine kann sich nicht lange auf den Beinen halten - ist auf den Rollstuhl angewiesen.

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„Im Rahmen der Möglichkeiten werden bei der Unterbringung von Geflüchteten individuelle Bedürfnisse berücksichtigt“, teilt Ramona Eifert, Stadtsprecherin, mit. „So wird Barrierefreiheit dort ermöglicht, wo sie erforderlich ist. Für diesen Zweck steht explizit eine kleinere Unterkunft zur Verfügung.“

So viele Menschen kamen 2023

Der Stadt Arnsberg wurden im Jahr 2023 insgesamt 185 Asylbewerber und -bewerberinnen vom Land zugewiesen. Darüber hinaus haben sich 169 Schutzsuchende aus der Ukraine bis zum 29.10.2023 im Stadtgebiet angemeldet. Ob die im letzten Jahr zugewiesenen Asylbewerber:innen und Schutzsuchenden aus der Ukraine tatsächlich noch in Arnsberg wohnhaft sind, kann nicht beantwortet werden, da hierüber keine statistischen Daten erhoben werden. Dies wäre nur mit einem Einzelfallabgleich möglich. Darüber hinaus stehen die digitalen Systeme im Ausländerwesen aufgrund des Cyberangriffs noch nicht wieder vollumfänglich zur Verfügung.

Und in genau dieser Unterkunft lebt Natalia. Neben ihr ist noch eine weitere Person auf einen Rollstuhl angewiesen. Und mindestens drei Menschen, die ausschließlich mit einem Rollator mobil sind.

Zu eng, zu hoch, zu unsicher

Die Menschen leben hier laut Aussage einer Ehrenamtlerin, weil „es nicht eine einzige Flüchtlingsunterkunft in Arnsberg gibt, die barrierefrei bzw. rollstuhlgerecht ist“. Es gebe keine Unterkunft ohne Treppen. Aber auch hier wird die Mobilität mit Rollstuhl nicht unterstützt. Die 60-jährige Ukrainerin jedoch beschwert sich nicht - ganz im Gegenteil. „Die Heizung funktioniert, aus der Dusche kommt Wasser und ich habe ein Dach über dem Kopf“, sagt sie, „alles ist gut.“

Und das, obwohl die Breite der Tür, die sie jeden Tag mehrmals nutzen muss, gerade einmal 73 Zentimeter beträgt. Das DIN (Deutsches Institut für Normung) fordert für barrierefreie Türen innerhalb einer Wohnung eine lichte Breite von 80 Zentimetern - für eine uneingeschränkte Rollstuhlnutzung sogar 90 Zentimeter. Zudem sollten rollstuhlgerechte Türen einen seitlichen Türanfahrbereich von mindestens 50 cm neben dem Türgriff haben. Bei einem Zwischenkorridor mit 120 Zentimeter Breite ebenfalls nicht gegeben.

Die Heizung funktioniert, aus der Dusche kommt Wasser und ich habe ein Dach über dem Kopf, alles ist gut.
Natalia (Name geändert) - Bewohnerin

Auch die Gemeinschaftsküche zeigt eher ein weniger barrierefreies Bild. Sie ist groß und komplett eingerichtet. Auf einem Großteil der Arbeitsfläche jedoch stehen zwei Waschmaschinen, die vom Rollstuhl aus nur schwerlich zu bedienen sind. Natalia hat Glück, sie kann kurz stehen. Heißt, ihr ist es möglich, selbst die Wäschetrommel zu füllen. Das Befüllen des Waschmittelfachs (nach oben zeigend) stellt dann aber auch schon wieder eine Hürde dar.

Barrierefreiheit ist Luxus: Aber Strom sollte Standard sein

Natalia beschwert sich nicht, denn sie ist generell froh darüber, dass Deutschland ihr den Schutz und die Sicherheit gibt, den sie in der Ukraine nicht hatte. Sie kämpft sich durch ihren Alltag - mit all den Hürden. Ihre ehrenamtliche Unterstützerin jedoch sagt: „Die Türen kann man baulich nicht einfach so anpassen, das ist klar. Aber ansonsten könnte man dafür sorgen, dass die Menschen gut untergebracht sind.“ Sie spielt auf die weiteren „Mängel“ an, die die Gemeinschaftsunterkunft aufweist.

Denn als ein älterer Herr mit seinem Rollator den Gemeinschaftsraum betritt, „stolpert“ er leicht über ein Stromkabel, das quer durch den Zwischenkorridor gezogen ist. „Damit im Gemeinschaftsraum Licht ist, wird die Steckdose im Hauptflur genutzt“, so die Ehrenamtlerin. Grund ist der fehlende Strom im gesamten Raum. Weder Licht noch Steckdosen funktionieren. Ab dem späten Nachmittag ist es daher dunkel - oder aber durch das Licht in der direkt angrenzenden Küche etwas aufgehellt.

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Auch der dort vorhandene „Klima-Max“ funktioniert dementsprechend nicht. Dieser Mangel existiert augenscheinlich seit mindestens Mitte Dezember 2023. „Die Bewohnerinnen und Bewohner können sich noch nicht auf Deutsch ausdrücken“, sagt die Ehrenamtliche, „und dadurch auch keine Mängelanzeige aufgeben.“ Einmal davon abgesehen, dass sie teils gar nicht wissen, dass sie dies könnten.

Sauberkeit und Hygiene lassen zu wünschen übrig

Ebenfalls ins Auge fällt der Campingstuhl, der offensichtlich als Duschsitz genutzt wird. Zwar ist die Dusche ebenerdig und offen, jedoch entspricht der Bewegungsradius auch hier nicht der DIN. Ebenso wie die Rangierfläche vor dem WC (ohne Stützklappgriffe).

Ein ständig währendes Problem ist auch die Sauberkeit und Hygiene. In erster Linie sind selbstverständlich die Bewohnerinnen und Bewohner selbst für das Putzen und Reinigen zuständig. In diesem Fall jedoch, so sieht es die Ehrenamtlerin, sollte über eine regelmäßige Reinigung durch eine Fachkraft nachgedacht werden, da es den Menschen mit den vorhandenen Beeinträchtigungen doch recht schwer falle. Zwar käme manchmal eine Bewohnerin aus dem ersten Stock herunter, um zu unterstützen, aber eben nur manchmal. „Sie sind für ihr eigenes Stockwerk zuständig und dort ist es auch sauber, da kann man nicht erwarten, dass sie auch regelmäßig hier unten putzen.“

„Darüber hinaus kann die Unterbringung auch in einer von der Stadt für Unterbringungszwecke gemieteten Wohnung erfolgen oder die Geflüchteten mieten selbst mit städtischer Unterstützung eine den persönlichen Bedürfnissen entsprechende Wohnung an“, so Ramona Eifert. Unabhängig davon würden hilfsbedürftige Geflüchtete besonders durch das soziale Fallmanagement begleitet, was auch regelmäßige Besuche vor Ort einschließe.