Neheim. Nach Investorenpleite war es lange ruhig um das einstige Vorzeige-Wohnprojekt. Inzwischen tut sich was - doch es bleiben Fragezeichen.

Tolle Lage, attraktive Optionen für den Innenraum: Wohnen im „Alten Amtsgericht“ in Neheim könnte noch immer ein Renner werden - doch derzeit gibt es nur spärliche Informationen zur Zukunft des denkmalgeschützten Gebäudes. Die Spur des ehemaligen Investors verliert sich im Paragrafen-Dschungel, die Stadt Arnsberg als Untere Denkmalbehörde gibt sich zurückhaltend. Immerhin scheint der zum Start des Wohnprojektes errichtete Anbau inzwischen bewohnt zu sein. Ergebnisse einer schwierigen Recherche.

Ja - es brennt wieder Licht im „Alten Amtsgericht“ an der Schwester-Aicharda-Straße ganz am Rande der Neheimer Fußgängerzone. Und ein Blick auf die Türsprechanlage am Nebeneingang verrät: Es wohnt inzwischen jemand im Gebäude. An vier Klingeln des Zugangs zum neu errichteten Anbau hängen Namensschilder. Momentaufnahme oder „Endstation“? Der denkmalgeschützte Haupttrakt jedenfalls wirkt noch immer unbewohnt und verlassen. Dabei gab es einst große Pläne für das attraktiv gelegene ehemalige Gerichtsgebäude.

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Blick zurück. Im Juni 2016 wird die Immobilie von der Stadt Arnsberg an „Tecto Rent“ veräußert. Investor Heinz-Gerd Schlootz will das Gebäude in einen ansprechenden Wohnkomplex umwandeln. Auf knapp 1400 Quadratmetern Fläche sollen elf Wohnungen entstehen. Die Vermarktung übernimmt die Firma mit Sitz in Viersen selbst. Nach holprigen Bemühungen kauft im Jahr 2017 ein mit Schlootz befreundetes Geschwisterpaar aus dem Rheinland alle elf Wohnungen – „als Kapitalanlage und mit der Absicht, diese zu vermieten“, so der Tecto Rent-Geschäftsführer damals auf Nachfrage. Doch die Fertig­stellung verzögert sich mehrfach, aus Ende 2018 wird Ende 2019 – dann Ende 2020.

Insolvenzverfahren mit bitteren Folgen

Der Paukenschlag folgt ein weiteres Jahr später. Ende 2021 ist „Tecto Rent“ pleite! „Durch Beschluss des Amtsgerichts Mönchengladbach vom 9. November 2021 ist über das Vermögen der Gesellschaft Tecto Rent GmbH, Tönisvorst, Gerberstraße 20, 41748 Viersen, das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Gesellschaft ist aufgelöst“. Und es kommt noch dicker: Bei der inzwischen als Geschäftsführerin fungierenden Tochter, Christine Schlootz aus Tönisvorst, ist „nichts zu holen“: Am 20. Januar 2022 zeigt der Insolvenzverwalter bei Gericht an, dass „Masseunzulänglichkeit“ vorliegt.

Was passiert bei Masseunzulänglichkeit

Heißt? Wenn der Insolvenzverwalter im Laufe des Insolvenzverfahrens feststellt, dass zwar die Verfahrenskosten in voller Höhe bezahlt werden können, nicht aber die übrigen Masseverbindlichkeiten, so muss er diese Masseunzulänglichkeit beim Insolvenzgericht anzeigen. Fachleute sprechen von einer „Insolvenz in der Insolvenz“. Nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit werden die Gläubiger in einer festgelegten Reihenfolge entschädigt. Schlimm für viele Beteiligte, denn: Der eigentliche Zweck des Insolvenzverfahrens – die gleichmäßige Befriedigung der Insolvenzgläubiger – kann dann nicht mehr erreicht werden.

Altes Amtsgericht Neheim: Der denkmalgeschützte Haupttrakt (rechts) wirkt noch immer unbewohnt und verlassen.
Altes Amtsgericht Neheim: Der denkmalgeschützte Haupttrakt (rechts) wirkt noch immer unbewohnt und verlassen. © WP | Torsten Koch

„Dicke Backen“ machten zahlreiche Beteiligte, denn „Tecto Rent“ hatte sich nicht nur in Neheim übernommen: Hitzfeldhof und Schloss Lüttingen am Niederrhein z.B. sind weitere historische Objekte, die Schlootz und Co. erwarben: Hitzfeldhof sollte zu einem Bio-, Wellness- und Gesundheitshotel umbebaut werden, im Schloss Lüttingen waren Eigentumswohnungen geplant, ebenso wie im ehemaligen Lyzeum in Oberhausen. Einige Objekte wurden zwangsversteigert, andere sollten in Eigenregie der Käufer zu Ende saniert werden.

Regelmäßige Ortsbesichtigungen durch die Stadt

Auch in Neheim scheint letztere Option zu greifen, jedoch waren keine Informationen über das Geschwisterpaar aus dem Rheinland zu bekommen, das schon beim Erwerb der Wohnungen vor Jahren anonym bleiben wollte. Fakt jedoch ist: „Mittlerweile wurde die Nutzung des Gebäudes zum Teil freigegeben“, teilt die Stadt Arnsberg - als Untere Denkmalbehörde hat sie das Gebäude weiterhin im Blick - auf Anfrage mit. Die Nutzungsänderung und der Umbau des Alten Amtsgerichts wurden bauaufsichtlich bereits 2016 genehmigt - und haben unverändert Gültigkeit. Zur abschließenden Fertigstellung könne seitens der Bauaufsicht keine Aussage getroffen werden. „Dies müsste beim Bauherren angefragt werden. Aus der Genehmigung und der Erlaubnis ergibt sich keine Verpflichtung, das Vorhaben zu einem bestimmten Zeitpunkt fertigzustellen“, so die Verwaltung weiter. Der einstige Investor pleite, der Bauherr auf Anonymität erpicht, wie es weitergeht, lässt sich wohl nur durch regelmäßige Beobachtung feststellen. Das sieht auch die Stadt Arnsberg so: „Die Bauaufsicht und die Denkmalbehörde führen regelmäßig Ortsbesichtigungen durch“, sagt Stadtsprecherin Ramona Eifert.