Hüsten. Emotionen der Arnsberger, ein kämpfender Egbert Neuhaus und Suche nach einem Käufer machen das Insolvenzverfahren bei Wesco aus.
Fünf Wochen nach dem Antrag auf ein Insolvenzverfahren vermeldet das Hüstener Unternehmen Wesco (M. Westermann & Co. GmbH) erste Erfolge. „In den vergangenen drei Wochen haben wir den Geschäftsbetrieb stabilisiert“, lässt Wesco auf Nachfrage über den Kommunikationsberater Thomas Feldmann mitteilen. Konkretisiert wird dabei auch noch einmal das Ziel des Verfahrens: „Der Verkaufsprozess läuft, um einen Käufer zu finden, der in das Unternehmen investiert und das Geschäft weiterentwickeln will.“ Aktuell laufe die Produktion unverändert. „Kunden werden weiterhin wie gewohnt beliefert“, so Wesco. Die zuletzt 140 Mitarbeitenden in Arnsberg (rund 100 in Hüsten) und Schwarzenberg erhalten Insolvenzgeld der Agentur für Arbeit.
- Der Antrag auf die Insolvenz im Eigenverfahren
- Der Verkauf der Villa Wesco vor einem Jahr
- Die Hoffnung auf den Markt der Outdoorküchen
Die Nachricht darüber, dass Wesco soweit in Schieflage geraten war, dass das Insolvenzverfahren eingeleitet worden war, hatte in der Adventszeit für große Bestürzung in Arnsberg gesorgt. Dabei ging es nicht nur um die Arbeitsplätze und die zuletzt noch verbliebene Produktion, sondern immer auch um viel Nostalgie und Emotionen, die mit Wesco und seinen Produkten verbunden sind. Umgehend reagierte der Neheimer Sammler von lokalen Industrieprodukten, Klaus Fischer vom Werk Neheim, und stellte eine Bildergalerie von Produkten aus der Wesco-Geschichte ins Netz. „Hoffentlich übernimmt jemand die Firma und führt das Traditionsunternehmen fort“, so Klaus Fischer auf seiner Facebookseite.
„Das wäre mega schade, hoffe das Wesco dennoch die Kurve bekommt“, sagt Rasim Alpaslan in einem Facebook-Kommentar. Jörg Müller ergänzt: „Hoffentlich findet man einen Weg für die Mitarbeiter sowie für das gesamte Unternehmen und seine Produkte!“. Dass Wesco mehr ist, zeigen Aussagen wie „Wesco gehört einfach zu Hüsten“. Patrizia Deluca richtet den Blick auf Geschäftsführer Egbert Neuhaus. „Ich wünsche dem Unternehmer, dass es gut ausgeht“, sagt sie. Er sei „ein guter Mensch mit großem Herz“ und „einer der wenigen, der noch an seine Mitarbeiter denkt“.
Egbert Neuhaus bat schon früh im Gespräch mit unserer Zeitung nach dem Insolvenzantrag, sich nicht zu dem laufenden Verfahren äußern zu müssen. Er bestätigt aber, dass „es tatsächlich so ist, dass Arnsberg und speziell der Standort Hüsten für viele auch eine hohe Identität haben“. Ihm sei wichtig, dass der Erfolg des Eigenverwaltungsverfahrens nicht gefährdet werde. Spürbar war aber, wie schwer diese Lage für den inzwischen 70-Jährigen auch persönlich ist.
Aktuell - zwischen den Jahren - ist Inventur bei Wesco. „Danach geht es mit voller Kraft hoffentlich in ein gutes Jahr 2024“, sagt Neuhaus. Der Geschäftsführer betont, dass er im Sanierungsprozess fest eingebunden sei. Das wundert nicht: Immerhin ist Wesco - trotz deutlich längerer Geschichte - ein Stück weit sein Lebenswerk. Seit 1980 ist der Diplom-Ökonom in dem 1867 gegründeten Familienunternehmen tätig und übernahm dort im Jahr 1990 die Geschäftsführung. 1996 wurde er geschäftsführender Gesellschafter von Wesco sowie von einer 1992 gegründeten Tochterfirma in Schwarzenberg im Erzgebirge. Schon im vergangenen Jahr hatte er sich in seiner Rolle als Präsident des Unternehmensverbandes Westfalen-Mitte pessimistisch geäußert und wegen immer schwerer werdender Rahmenbedingungen in Deutschland vor einer „Deindustrialisierung Deutschlands“ gewarnt. Dabei sprach er nie über sein Unternehmen, jedoch klang immer durch, dass es auch Wesco nicht mehr rosig ging.
Spätestens der Verkauf des Tafelsilbers - der Villa Wesco mitsamt Areal - machte deutlich, dass das Unternehmen Liquidität brauchte und sich keinen unnötigen Luxus mehr leisten konnte und wollte. Die Villa war ein Kostenfaktor. „Damit haben wir kein Geld verdient“, sagte Egbert Neuhaus zum Verkauf vor einem Jahr, „das war eine reine Marketingmaßnahme.“ Zwar sei die Villa, die 1920 gebaut worden war, für die Firma Wesco ein Traditionsgebäude gewesen. „Tradition ist für eine Firma aber nur gut, wenn es im Geschäftsleben Sinn macht“, so Egbert Neuhaus damals, „jetzt ist die Zeit, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.“ Neuhaus machte deutlich, dass er das Unternehmen trotz seines fortschreitenden Alters durch schwere Fahrwasser navigieren wolle.
Im Frühjahr 2022 hatte Wesco noch erklärt, insbesondere mit seinen Outdoor-Küchen, die am Standort Hüsten ihren letzten Schliff erhalten, auf Expansionskurs zu sein. Die Outddorküchen eroberten auch den Markt auf der Mittelmeerinsel Mallorca. Die Tochtergesellschaften Villa Wesco, S.L.U. (Spanien/Mallorca) sowie Wesco International BV (Niederlande) sind wohl auch daher aktuell nicht vom Eigenverwaltungsverfahren betroffen.
Der Verkauf von Wesco-Produkten geht aber auch hier unverändert weiter. Das Unternehmen ist in der Herstellung und dem Vertrieb von Metallhaushaltwaren, Einbauprodukten und Aluminium-Möbeln tätig. Unter der Marke „Wesco“ vertreibt das Unternehmen über 60 verschiedene Design-Produkte aus dem Bereich Küchenaccessoires und Abfallsammler. Neben den Wesco-Design-Küchenaccessoires wie Brotkästen, Vorratsdosen, Gewürzmühlen und Tabletts runden die typischen Wesco-Mülleimer, Kosmetikeimer und Trennmülleimer für die Küche sowie die Outdoorküchen das Produktportfolio ab. Am Standort Hüsten geht es um die Montage, Entwicklung und den Outdoor-Küchenbau.
Das sauerländer Unternehmer-Urgestein Egbert Neuhaus wird bei der Restrukturierungsaufgabe von Rechtsanwalt Prof. Dr. Dirk Andres aus der Kanzlei Andres-Partner unterstützt. Zusammen mit seinem Team hat der Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht in den vergangenen Jahren eine Vielzahl von Unternehmen erfolgreich bei ihren Sanierungsverfahren begleitet. Bei seinem Vorhaben wird das Unternehmen auch durch den gerichtlich bestellten vorläufigen Sachwalter, dem sanierungserfahrenen Rechtsanwalt Dr. Jan Janßen, begleitet. Seine Aufgabe ist es, die M. Westermann & Co. GmbH im gesamten Verfahren zu überwachen und die Interessen aller Gläubiger zu wahren.