Hüsten. Vereinsgründerin Olga Dyck ist traurig: Sie wollte Brücken zwischen Geflüchteten und Behörden schlagen. Doch nun muss sie zurückrudern.
Es ist die 76-jährige Seniorin, die gesundheitlich leidet und auf eine Gehhilfe angewiesen ist. Die Familie, die von ihrem Vermieter schikaniert wird. Die junge Frau, die aus der Behörde herausgeschmissen wird, weil sie keinen Termin hat - und ein zweites Mal, weil sie keinen Dolmetscher hat. Sie alle sind es, die Olga Dyck und ihrem ehrenamtlichen Team am ihrem Herzen liegen. Die bislang vom Navigationszentrum des Vereins „Der Weg ins Neue“ profitieren. Egal, welcher Herkunft oder Religion.
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Doch nun ist Schluss damit. Denn der Verein muss die ihm zur Verfügung gestellten Räumlichen verlassen. „Am vorigen Freitag haben wir zum letzten Mal die Türen aufgeschlossen“, sagt Olga Dyck, „das tat schon irgendwie weh.“
Nutzung des ursprünglichen Stadtbüros Hüsten nicht verlängert
Seit April 2023 durfte das „Navigationszentrum“ das Büro des Stadtbüros Hüsten nutzen. Nun endet der Mietvertrag - und obwohl das Stadtbüro auch weiterhin auf unbestimmte Zeit geschlossen bleibt, kann der Verein seine Nutzungsdauer nicht verlängern. „Wir haben es versucht“, sagt Olga Dyck, „aber …!“ Selbst wenn sie das Büro auf Zeit weiter nutzen könnten, sei doch die Dauer ungewiss.
Und natürlich die Finanzierung. Denn einerseits gibt es noch nicht genug Mitglieder im jungen Verein, andererseits können Olga Dyck und ihr Team auch nicht mehr komplett kostenlos agieren. „Es geht nicht darum, dass ich Geld verdienen möchte“, sagt sie, „aber meine beiden Stamm-Ehrenamtlichen, die Tag für Tag im Büro sind, zumindest etwas entlohnen.“
Personalkosten werden jedoch von keiner Stiftung oder sonstigem Förderer übernommen. „Wir können einzelne Aktionen fördern lassen - und das haben wir in der Vergangenheit ja auch getan.“ Gemeint ist beispielsweise die Leader-Förderung für unterschiedliche Projekte. „Aber Personalkosten eben nicht.“ Auch stünden noch Entscheidungen zu Förderungen aus. „Wir haben bis heute nichts mehr gehört.“ Eine ihrer Ehrenamtlichen habe zudem aufhören müssen, weil sie einen Deutschkurs belegt hat. Wieder eine andere kämpfe gerade um die Beglaubigung ihrer beruflichen Unterlagen, um sich weiterzubilden und dann in einen Job zu treten.
Ehrenamtliche rund um die Uhr aktiv in Arnsberg
Ein Teufelskreis, wenn man einmal bedenkt, dass diejenigen, die anderen geflüchteten Menschen helfen, letztlich auch selbst Unterstützung bräuchten. Und dennoch: Jede freie Sekunde sind die überwiegend ukrainischen Ehrenamtlichen aktiv. Aktiv, um Menschen zum Arzt zu begleiten. Aktiv, um sie an die richtigen Behörden und/oder Institutionen zu vermitteln. Eine Aufgabe, die in der Regel auch von Migrationsdiensten übernommen wird. Aber auch eine Aufgabe, die von diesen allein nicht gestemmt werden kann. „Wir sind alle aufs Ehrenamt angewiesen“, sagt Olga Dyck, „nur leider liegen diese Steine im Weg.“
Einer dieser Steine ist auch die eigene Gesundheit, wie sie anmerkt. „Ich merke, dass ich langsam ausgelaugt bin - nicht von dem Ehrenamt selbst, sondern von den ganzen bürokratischen Hürden drumherum.“ Fördergelder beantragen, Gespräche führen, erklären, schreiben - und auch die einzelnen Aktivitäten dokumentieren. Obwohl die Ressourcen doch viel besser dort eingesetzt werden könnten, wo sie gebraucht werden, meint sie: beim Menschen.
Olga Dyck zum Verein: „Das ist mein Herzensprojekt“
Den Verein „Der Weg ins Neue“ will sie auf keinen Fall aufgeben. „Das ist mein Herzensprojekt“, sagt sie. Aber die tägliche Verfügbarkeit im Navigationszentrum könne sie nicht mehr leisten. Vorwiegend natürlich, weil sie sich eine teure Büromiete nicht leisten könne, aber auch, weil sie kein Personal einstellen kann, das die Aktionen komplett kostenlos navigiere.
Die zahlreichen Projekte und Workshops werden weiter laufen - das Basteln, das Kochen, das Musizieren und vieles mehr. Im Zeitgeist in Hüsten oder auch im Mehrgenerationenhaus Arnsberg. Denn auch mit diesen Institutionen pflegt der Verein ein gutes Netzwerk und eine gute Zusammenarbeit. „Auch die Zusammenarbeit mit vielen weiteren Akteuren in Arnsberg war, ist und bleibt hoffentlich gut“, sagt Olga Dyck.
„Und wir werden sicher auch weiterhin unsere Unterstützung anbieten, wenn es um all die vermeintlich kleinen Dinge geht, die den Menschen das Ankommen in Arnsberg erleichtern.“ Aber eine Anlaufstelle, wie sie es im ursprünglichen Stadtbüro war, wird es vorerst nicht geben. Olga Dyck ist zwar traurig darüber, da die Menschen auf eben genau diese Unterstützung angewiesen seien, sieht aber auch der Realität ins Auge. „Wir hören immer wieder, wie toll unser Einsatz ist, welch wertvolle Arbeit wir leisten“, sagt sie, „aber finanzierbar ist es dann letztlich nicht.“