Arnsberg. Mangel an bezahlbarem Wohnraum und fehlende Mietangebote in Arnsberg bergen sozialen Sprengstoff. Hier die Antworten der Lokalpolitik.
Wohnungsnot in Arnsberg: Es fehlt an bezahlbarem Wohnraum, Mietangeboten für die verschiedensten Lebensmodelle und -phasen und Bauplätzen. Wohnungssuche sorgt für Frust, Verdrängungswettbewerb und eine gesellschaftliche Neiddebatte. Die Arnsberger Politik fordert Lösungen.
Auch Bürgermeister Ralf Bittner hat das auf dem Radar. Im vergangenen Jahr hatte die Verwaltung drei große moderierte Workshops mit Handelnden zum Thema „Wohnen in Arnsberg“ durchgeführt. „Mir war damals schon klar, dass uns dieses Thema auch in Arnsberg einholt“, so Bittner. Zu Beginn des Jahres gab es auch ein Fachgespräch mit Blick auf die soziale Tragweite des Themas.
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SPD setzt auf Gründung neuer Genossenschaft
„Für Gering- und Normalverdiener ist dort Wohnraum fast unerschwinglich“, so SPD-Stadtverbandsvorsitzender Markus Prachtel. Die SPD bekräftigt ihre Entschlossenheit, gegen diese Entwicklung anzugehen.
Kommentar: Großer sozialer Sprengstoff auf angespanntem Wohnungsmarkt>>>
Ein weiteres Problem aus Sicht der Arnsberger SPD ist der Rückgang an Sozialwohnungen in der Stadt in den letzten Jahren um fast die Hälfte. Um diesem Trend entgegenzuwirken, fordert die SPD, dass bei der Bebauung von städtischen Grundstücken mindestens 40 Prozent der neu gebauten Wohnungen öffentlich gefördert sein sollen. Dies erfordere eine aktive Baulandpolitik, die den Erwerb geeigneter Grundstücke für die Weiterentwicklung einschließt.
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„Wir brauchen in Arnsberg Wohnungen für Alleinerziehende, Seniorinnen und Senioren, für Menschen mit geistiger oder körperlicher Beeinträchtigung, für große Familien, für Menschen, die von Obdachlosigkeit betroffen oder bedroht sind, für Menschen mit Migrationshintergrund und für Menschen in materiellen Notlagen, aber auch Sozialwohnungen für Menschen mit nicht so hohem Einkommen“, so Ratsmitglied Gerd Stodollick. In diesen Zusammenhang gehöre auch die Einführung eines qualifizierten Mietspiegels. Er böte für Mieter und Vermieter zuverlässige Informationen über die ortsübliche Vergleichsmiete.
Da die private Bauwirtschaft allein nicht in der Lage ist bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, komme den Wohnungsbaugenossenschaften eine zentrale Rolle zu. „Die Arnsberger Wohnungsbaugenossenschaft spielt dabei für Arnsberg eine zentrale Rolle. Ein vorbildliches Projekt wird auf dem Müggenberg umgesetzt“, teilt der Stadtverband mit. Sie hatte seinerzeit angeregt, zu prüfen, ob es sinnvoll ist, dass die Stadt selbst eine Genossenschaft gründet. „Ich appelliere eindringlich an alle beteiligten Fraktionen, diesen wichtigen Schritt mit uns zu gehen,“ so Markus Prachtel. Weiter müsse durch Nachverdichtung auch in innerstädtischen Bereichen Wohnungsbau mit einer sozialen Komponente möglich werden. Moderne Konzepte wie Mehrgenerationenhäuser, Tiny-Houses und Co-Dörfer sollen sinnvoll in Arnsberg eingesetzt werden, um den veränderten Lebens- und Arbeitsstilen gerecht zu werden.
Wohnungsmarkt in Arnsberg polarisiert>>>
CDU: Bauland schaffen für die Profis
Die Arnsberger CDU sieht das Problem auch, hat aber einen anderen Ansatz: „Für die CDU ist klar, wir brauchen dringend neues Bauland und zwar bei Einfamilien- und Mehrfamilienhäusern und beim sozialen Wohnungsbau“, sagt Dr. Marcel Kaiser, Vorsitzender des Stadtverbandes. Nur mit mindestens 50.000 bis 100.000 Quadratmeter zusätzliches Bauland sei es zu schaffen, „den Druck aus dem Kessel zu bekommen und die Preise nicht weiter unkontrolliert steigen zu lassen“. Das fordere die CDU nun schon seit 2018. „Leider scheint das Thema beim Bürgermeister keine besonders hohe Priorität zu haben“, kritisiert Marc Kaiser. Ansonsten lasse es sich nicht erklären, „dass wir keinen Schritt weiter gekommen sind“. Eine zusätzliche städtische Wohnungsbaugesellschaft wird aus Sicht der CDU die Probleme nicht lösen. „Wir brauchen in der gesamten Stadt Baukräne für zusätzlichen Wohnraum“, so Kaiser. Investoren, finanzielle Mittel und eine große Nachfrage sei trotz der zahlreichen Krisen nach wie vor in Arnsberg vorhanden. Deshalb sollte Arnsberg alles daran setzen zusätzliche Flächen auszuweisen, die vorhandenen Flächen freizugeben und zu verdichten. „Das sollten aber die Bürgerinnen und Bürger oder Immobilienprofis machen und nicht die Stadt. Diese sollte aber klare Rahmenbedingungen und Anforderungen formulieren“, erklärt Marcel Kaiser.
FDP Arnsberg: „Als Stadt haben wir nur geringe Hebel“
„Viel liegt in Berlin, einiges in Arnsberg“, sagt FDP-Fraktionschef Daniel Wagner zur Arnsberger Wohnungsnot. Aktuelle Zinsen und Baukosten würden es für jeden Investor unattraktiv machen, neuen Mietraum zu schaffen. Den angespannten Wohnungsmarkt könne man aber nur über weiteren Wohnraum entlasten. Dazu müsse man auch darüber sprechen, ob man die geforderten Standards nicht wieder absenkt, um das Schaffen von Wohnraum wieder attraktiv zu machen. „Als Stadt haben wir da geringere Hebel: Genehmigungsverfahren schlank halten, neue Wohngebiete Ausweisen und prüfen, welche Anforderungen an Investoren eventuell abgesenkt werden können“, so Wagner. Als Beispiel nennt er Ablösesummen für Parkplätze, wenn mehr Wohnraum dadurch geschaffen werden könne.
AfD zeigt mit Finger auf Migranten
Die Arnsberger AfD macht radikale, aber weitestgehend keine lokal umsetzbaren Vorschläge: „Klimaideologische Besteuerung“ solle ebenso wie „überzogene Baustandards“ abgeschafft werden. AfD-Fraktionsvorsitzender Otto Strauß wünscht sich „eine Stadt der Eigentümer“ mit ersatzlos gestrichener Grundsteuer, abgeschaffter Grunderwerbssteuer und mehr Neubauten durch das Schließen von Baulücken und „Entrümpelung der Bauordnung“. Tatsächlich zeigt Otto Strauß (AfD) beim Thema Wohnungsnot auch wieder mit dem Finger auf Migranten und greift zu fremdenfeindlichen Parolen wie „Abschieben schafft Wohnraum“.