Redaktionsleiter Martin Haselhorst macht sich Sorgen um die Folgen einer anhaltenden Wohnungsnot in Arnsberg.
Das Thema Wohnungssuche in Arnsberg zerrt an den Nerven. Nämlich an denen derer, die verzweifelt nach einer neuen Bleibe suchen. Weil sie neu in die Stadt kommen, ihre erste eigene Bude suchen, als junges Pärchen zusammenziehen wollen, als zugereiste Fachkräfte vorübergehend in Arnsberg leben wollen, als Senioren aus ihrem großen Haus raus wollen oder als geflüchtete Menschen nach einem Leben in Unterkünften „eigene vier Wände“ für ihre Familie suchen. Alle haben es schwer.
Wohnungsnot in Arnsberg polarisiert>>>
Nicht, dass Arnsberg mit seinen Mietpreisen maßlos überteuert wäre. Nein, es fehlt einfach an ausreichendem Wohnraum für genau diese Gruppen, die eben nicht mit einer Selbstverständlichkeit mal eben was eigenes kaufen oder bauen können oder ins geerbte Eigenheim einziehen können.
Wohnungsmarkt und Migranten in Arnsberg>>>
Insbesondere Neheim ist als Zuzugsort gefragt - das Angebot an Wohnraum aber ist sehr überschaubar. Ein Mitarbeiter unserer Redaktion suchte fast ein dreiviertel Jahr, bis er den Zustand des Pendelns beenden und wieder mit seiner Familie zusammenleben konnte. Eine Stadt, die attraktiv sein und Fachkräfte anziehen will, kann sich das nicht leisten.
Über die Arnsberger Wohnungsbaugenossenschaft>>>
Das Problem ist nicht neu - die Unterbringung von ukrainischen Kriegsflüchtlingen in Wohnungen und das aktuelle Drängen von Asylsuchenden auf den Wohnungsmarkt haben diese Knappheit nicht ausgelöst, aber massiv verschärft. Arnsbergs einstiger Stadtplaner Thomas Vielhaber hat schon vor vielen Jahren gewarnt, dass dringend Mietwohnungen für verschiedenste Zielgruppen geschaffen werden müssten. Zu lange wurde geglaubt, die Einwohnerzahl Arnsbergs würde drastisch sinken. Zu viel Energie wurde in den Bau von hochpreisigen Seniorenwohneinheiten gesteckt. Zu sehr vernachlässigt wurde der klassische soziale Wohnungsbau. Und auch bestehende Leerstandspotenziale in vermeintlichen unattraktiven Lagen wurden nicht rechtzeitig geweckt.
Frust wird erzeugt
Wenn nun eine Berichterstattung in unserer Zeitung über eine afghanische Familie, die fast chancenlos eine energiegünstigere Wohnung sucht, in den sozialen Medien für eine eskalierende und auch fremdenfeindliche Diskussion sorgt, zeigt das am Ende nur eins: Auf dem Wohnungsmarkt in Arnsberg herrscht ein verzweifelter Verdrängungswettbewerb, der bei den Suchenden viel Frust hinterlässt und die Gesellschaft spaltet. Die Argumente: „Die da“ aus dem Ausland nehmen uns die Wohnungen weg. „Die da“ mit Geld vom Amt kommen unter und wir, die doch arbeiten, finden nix.“ Jede Gruppe findet eine andere ungeliebte, der sie den begehrten Wohnraum nicht gönnt.
Dass am Ende alle das selbe Problem haben, erkennen alle, die sich einer differenzierten Betrachtung stellen. Das Bedarf nach einer bezahlbaren und angenehmen Mietwohnung sollte eigentlich ein gemeinsamer Nenner sein.
So etwas kann einer Stadt nicht egal sein. Und so kann es auf den ersten Blick ein guter Weg sein, dass sich die Stadt Arnsberg auf den Weg macht, nicht nur auf privaten Wohnungsbau und die bestehenden Wohnungsbaugenossenschaft zu setzen, sondern auch aktiv in den Wohnungsmarkt einzugreifen. Aber kann ein neues Genossenschaftsmodell mit starkem kommunalen Einfluss, zu dem die Politik bald einen Grundsatzbeschluss fassen soll, wirklich eine Lösung sein?
Ganz sicher nicht kurzfristig. Schnelle Entspannung im offenbar verbal immer härter geführten Konkurrenzkampf um knappe Mietwohnungen wird auch das nicht bringen. Für eine ohnehin aktuell wenig harmonische Gesellschaft ist das eine große Herausforderung.