Arnsberg. Bericht über afghanische Familie auf Wohnungssuche sorgt für Diskussionen über immer schärferen Verdrängungswettbewerb auf dem Immobilienmarkt.

Der Bericht dieser Redaktion über eine afghanische Familie, die aktuell auf Wohnungssuche ist, erhitzte Gemüter und löste auf Facebook eine riesige Debatte aus. Die Geschichte, die als Teil der Serie „Mieten und Wohnen“ veröffentlicht wurde, beschreibt eine junge Familie, die aufgrund hoher Stromkosten eine energetisch „bessere“ Wohnung sucht - auch, um die Vorgaben des Jobcenters zu erfüllen.

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Die Reaktionen zeugen von einem harten Verdrängungswettbewerb auf dem heimischen Miet- und Wohnungsmarkt. Die Stadt Arnsberg kennt das Problem und arbeitet konkret an einem Wohnungsbaugenossenschaftsmodell, das langfristig Abhilfe schaffen könnte.

Zurück zum aktuellen Fall: Die Kommentare unter der Berichterstattung reichen von mentalem Zuspruch, hinweg über die differenzierte Einordnung des Sachverhalts bis hin zu menschenverachtenden Kommentaren. Eine Dynamik, die die offensichtliche gesellschaftliche Grätsche bis hin zur Entzweiung derselben spiegelt. „Ab in den Flieger“ oder auch „in ihrer Heimat gibt es sicherlich viele freie Wohnungen“, um einmal die eher harmlosen Kommentare zu zitieren. Aber auch differenzierte Meinungen folgten.

Differenzierte Meinungen zum Arnsberger Wohnungsmarkt

„Ja, die Wohnungssuche heutzutage ist wirklich eine Glückssache. Häufig gehen Wohnungen unter der Hand weg. Wohnungen werden in Anzeigen bewusst kleiner beworben als sie sind, damit sich ja keine Familie mit Kindern bewirbt. Bei Migrationshintergrund reicht auch ein Dasein als Akademiker manchmal nicht um die Wohnung zu bekommen. Will gar nicht wissen wie das ist, wenn man Leistungen beziehen muss (...)“, schreibt ein Leser.

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Und auch ein Vermieter meldet sich zu Wort: „Ich bin selbst Vermieter und habe Anfang 2022 eine Wohnung über Facebook angeboten. Ich tippe, ich hatte circa fünf Interessenten. Ein Jahr später waren es für dieselbe Wohnung circa 25 Interessenten. Ich habe dann die ersten fünf eingeladen, die Wohnung zu besichtigen. Vier wollten die Wohnung haben. Ich hätte sie allen gegeben, habe mich dann aufgrund persönlicher Bekanntschaft entschieden. Da kann ich mir gut vorstellen, dass es für die Familie sehr, sehr schwierig ist, etwas zu finden.“

Stadt Arnsberg plant Genossenschaft

Die Stadt Arnsberg bereitet derzeit das Konzept zur Gründung einer eigenen Wohnungsbaugenossenschaft vor. Entsprechende Ideen wurden kürzlich dem Planungsausschuss vorgestellt und sollen noch im Jahr 2023 mit einem „Grundsatzbeschluss zur Gründung einer Genossenschaft“ auf den Weg gebracht werden.

So sähe eine Genossenschaft aus

Zur Gründung einer Wohnungsgenossenschaft braucht es drei Hauptbeteiligte. Neben der Stadt Arnsberg wären denkbar Stadtwerke oder Wirtschaftsförderung als zweiter oder Sparkasse Arnsberg-Sundern und die Pyramis Immobilien Entwicklungs GmbH als dritter Partner.

Pyramis gilt als genossenschaftlich erprobter Partner, der als Generalplaner fungieren kann – von der Umsetzung auf Wunsch auch bis zur Verwaltung, Vermietung und Mieterkommunikation. Die Stadt behielte über die Einstimmigkeitserfordernis dauerhaft Einfluss.

Als Genossenschaftsanteil müsste die Stadt ein kommunales bebautes oder unbebautes Grundstück einbringen. „Die Wahl des Genossenschaftsmodells mit der Kommune als Gründungsmitglied bietet der Stadt Arnsberg die Möglichkeit, preisgedämpften Wohnraum zu schaffen“, heißt es in der Berichtsvorlage. Zugleich hätte die Stadt über die Ausgestaltung und Dauer des Projekts Einfluss und Steuerungsmöglichkeiten.

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Der Druck ist groß - das weiß auch die Stadt Arnsberg. „In der Stadt Arnsberg sind die Mietpreise zwar als moderat einzustufen, dennoch fehlt es für die verschiedensten Zielgruppen an adäquaten Wohnraum“, so heißt es in dem städtischen Bericht. Es käme zu einer vermehrten Nachfrage nach Wohnraum abseits der Einfamilienhäuser für junge Erwachsene, Fachkräfte, schutzsuchende Migranten oder ältere Menschen, die sich räumlich verkleinern wollten.