Hüsten. Familie Mohammadi sucht seit zwei Jahren eine neue Wohnung in Neheim oder Moosfelde. Während um sich herum alle ausziehen, finden sie nichts.

„Nicht für uns - keine Chance“, sagt Mohammad Nasir Mohammadi, „wir finden seit zwei Jahren keine Wohnung.“ Der 26-Jährige kommt aus Afghanistan und lebt mit seiner 23-jährigen Ehefrau Fazale sowie seinen zwei Söhnen (ein und fünf Jahre jung) in einer 70-Quadratmeter großen Wohnung. Problem? „Als wir 2021 dort einzogen, hatten wir zwei Monate lang keine Heizung“, erklärt der Familienvater, „dann wurden Elektroheizungen eingebaut.“

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Vier Heizklötze an der Wand, im Wohnzimmer, im Kinderzimmer, im Schlafzimmer und in der Küche. Eine Kostenexplosion von mehr als 200 Prozent. Denn während die Familie anfangs mit rund 80 Euro Stromkosten leben konnte, erhöhten sich diese nach einer immensen Nachberechnung auf rund 240 Euro im Monat. „2900 Euro mussten wir nachzahlen - davon haben wir 700 und hat das Jobcenter 2200 Euro bezahlt.“ Mit der Folge, dass das Jobcenter natürlich jetzt erwarte, dass die Familie sich eine Wohnung suche, „in der sie energetisch besser da steht“.

Genau das wünscht sich Familie Mohammadi auch - ist aber gar nicht so einfach. Mohammed Nasir Mohammadi holt sein Handy heraus, scrollt sich durch etliche Zuschriften seinerseits auf Ebay-Kleinanzeigen und sagt: „Egal, was wir auch tun - wir finden einfach keine Wohnung. Die Vermieter sagen uns nein oder melden sich überhaupt nicht.“ Moosfelde, so sagt seine Ehefrau Fazale, sei ein guter Ort für eine Wohnung - denn dort gehe der fünfjährige Sohn in den Kindergarten. Aktuell müsse sie des Morgens bei Wind und Wetter schauen, wie sie ihn aus Hüsten dorthin bekomme. Aber auch Neheim oder wieder Hüsten seien gut. „Hauptsache, wir kommen hier raus und finden eine neue Wohnung“, sagt sie.

Treppe im Hüstener Haus hinunter gestürzt

Allein die Treppe zur aktuellen Wohnung im ersten Obergeschoss sei schon gefährlich. Vor rund einem Jahr sei sie mit ihrem Baby auf dem Arm die Treppe hinunter gestürzt. „Die Treppe ist sehr schmal und die Stufen sind teilweise kaputt“, erklärt Fazale Mohammadi, „ich bin dann auf der vierten Stufe weggeknickt und die gesamte Treppe runtergefallen. Ich habe mir den rechten Arm gebrochen. Ganz.“ Sie sei dann operiert worden - und habe mehrere Schrauben und Schienen eingesetzt bekommen. Ihr Baby habe ebenfalls eine Woche im Krankenhaus gelegen, weil es mit dem Kopf vor die Haustür geknallt sei. Im September dieses Jahres seien einige Schrauben herausgenommen worden, einige blieben drin. „Aber Schmerzen habe ich immer noch.“

Fazale Mohammadi stürzte auf der schmalen Treppe zur Wohnung und brach sich ihren rechten Arm. OPs folgten. 
Fazale Mohammadi stürzte auf der schmalen Treppe zur Wohnung und brach sich ihren rechten Arm. OPs folgten.  © Thora Meißner

Die Nachbarsfamilien, so erzählen es die Mohammadis, würden immer nur eine sehr kurze Zeit im Haus wohnen. „Schon nach wenigen Monaten ziehen sie wieder aus.“ Oft seien es ukrainische Familien, die ein- und schnell wieder auszögen. Warum er und seine kleine Familie dann keine Wohnung fänden, verstehe er nicht.

Erst vor rund einem Jahr wurden die Schrauben und Platten aus ihrem Arm entfernt. Schmerzen hat sie immer noch. 
Erst vor rund einem Jahr wurden die Schrauben und Platten aus ihrem Arm entfernt. Schmerzen hat sie immer noch.  © Thora Meißner

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„Ich bin Nichtraucher, wir sind nur zu viert und wir sind nicht laut, aber trotzdem haben wir keine Chance. Wir waren bei der Caritas, bei der Stadt - überall. Aber es gibt für uns keine Wohnung.“ Dabei sei er nicht einmal wählerisch. Das einzige, das er sich wünsche, sei, dass die Wohnung drei Zimmer habe. „Ein Schlafzimmer, ein Kinderzimmer und ein Wohnzimmer“, so sagt er, „wir haben schon so viele Wohnungen besichtigt - aber wir haben keine Chance.“

Kein Einzelfall auf dem Wohnungsmarkt in Arnsberg

Familie Mohammadi ist kein Einzelfall, insbesondere wenn sprachliche Hürden hinzukommen. Das bestätigt auch Lydia Janzen, die sich seit April letzten Jahres über das Kommunale Integrationszentrum des HSK als Dolmetscherin engagiert. „Ich bin selbst vor etwa 35 Jahren als deutsche Vertriebene, Heimkehrerin, mit vier Kindern aus Kirgisien (Zentralasien) nach Deutschland gekommen“, sagt sie, „und habe die Situation in Übergangsheimen und Übergangswohnungen sowie das Zurechtfinden in einem anderen Land hautnah kennengelernt.“

Auch sie durchsuche ständig neue Wohnungsangebote von privaten und gewerblichen Anbietern - und gebe diese dann an die Interessenten weiter. „Für Flüchtlinge gibt es gesetzliche und finanzielle Vorgaben, beispielsweise durch das Jobcenter. Dadurch ist das Wohnungsangebot zusätzlich stark begrenzt.“

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Ihre Erfahrungen im Umgang mit Vermietern? „Von einer positiven Unterstützung bei einer Anfrage bis zur absoluten Ablehnung.“ Das Hauptproblem seien oftmals die fehlenden Sprachkenntnisse. Hier wünscht sie sich eine bessere Unterstützung durch die Kommune bzw. den Kreis. Auch könnten Behördengänge deutlich weniger werden, wenn die fehlenden Informationen für die Wohnungssuchenden über Wohnungsgrößen und Preisgrenzen ausgemerzt würden.