Arnsberg. Genossenschaften haben ein verstaubtes Image. Doch wie ist es wirklich, in einer Genossenschaftswohnung zu leben? Ein Besuch.

Johanna Stübbecke (74) wohnt seit 1968 in einer Wohnung der Arnsberger Wohnungsbaugesellschaft. Als sie mit ihrem Mann Peter damals einzog, war sie gerade 18 Jahre jung, frisch verheiratet und hatte ein Baby.

„Wir bezogen in der zweiten Etage eine 42-Quadratmeter große Wohnung und zahlten eine Miete von 83,44 Deutsche Mark“, erinnert sie sich. Hinzu kam die sogenannte „Einlage“ von 412 Mark. Das sei ausdrücklich nicht mit einer Mietkaution zu verwechseln, betont die Rentnerin. Das Geld sei eher eine Investition in das Objekt. „Man ist damit quasi ein Stück weit Miteigentümer“, erklärt Johanna Stübbecke.

Die Einlage von 412 D-Mark sichert das lebenslange Wohnrecht.
Die Einlage von 412 D-Mark sichert das lebenslange Wohnrecht. © WP | Anja Jungvogel

Sie kennt sich mit Genossenschaften gut aus und würde aus der Arnsberger niemals freiwillig ausziehen. „Und wenn es doch mal so sein sollte, würde ich meine Einlage ruhen lassen und hätte somit jederzeit einen Anspruch auf eine Genossenschaftswohnung.“ Lebenslanges Wohnrecht sei eine gute Option.

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Doch zurück zu den Anfängen: Nach Tochter Patricia kam ein Jahr später Söhnchen Guido zur Welt. Da wurde es für die Familie zu eng in der 42-Quadratmeter-Wohnung. „Zum Glück zog der Nachbar gerade aus und wir konnten seine Wohnung auch noch beziehen.“ Eine Wand musste raus und so standen ihnen 84 Quadratmeter zur Verfügung. Damit zahlten die Stübbeckes nun 167 D-Mark im Monat. „Pro Person kam noch 2,15 Mark Wassergeld hinzu“, ergänzt die 74-Jährige.

Eine Zentralheizung im Haus gab es zu dieser Zeit nicht. In der Küche und im Bad standen Kohleöfen, die befeuert werden mussten. „Der Ofen in der Küche diente zudem als Herd“, erinnert sich Johanna. Heutzutage könne man sich das gar nicht mehr vorstellen. „Mittlerweile verfügt fast jeder Haushalt über eine moderne Küche und wenn man warmes Wasser haben will, dreht man den Hahn auf.“

In den 70er-Jahren legte sich die Familie ein Auto zu und so wurde noch eine Garage gebraucht. „Alles kein Problem“, erinnert sich Johanna. Ein Anruf in der Verwaltung der Genossenschaft und man kümmerte sich.

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Spätestens in zehn Jahren soll das Haus, in dem Johanna seit mehr als 50 Jahren lebt, abgerissen werden. Die rüstige Rentnerin hat bereits einen Plan dazu in der Tasche. „2026 werde ich höchstwahrscheinlich in eines der neugebauten Häuser auf dem Müggenberg einziehen.“ Bei netten Nachbarn habe sie sich bereits umgeschaut, welche Wohnraumgröße dabei für sie in Frage käme. „Für mich alleine reichen 48 Quadratmeter“, meint sie. Dabei müsste sie sich natürlich einschränken und könnte dort nicht all ihre Möbel und Erinnerungsstücke mitnehmen. „So ist halt der Lauf des Lebens“, seufzt sie. Sie bereitet sich so langsam auf den Umzug vor und will einen Teil ihres Hausrates bei eBay verkaufen. Ihre Kinder helfen ihr dabei.

Die Häuser am Müggenberg sollen abgerissen und durch neue ersetzt werden.
Die Häuser am Müggenberg sollen abgerissen und durch neue ersetzt werden. © WP | AWG

Ansonsten hat Johanna Stübbecke auch jede Menge Freunde und Bekannte in der Nachbarschaft, die ihr beim Umzug tatkräftig zur Seite stehen werden. „Es sind zudem viele neue Familien hier eingezogen“, sagt sie. Das sogenannte „Quartier“ sei ein guter Treffpunkt im Zentrum der Siedlung, um Kontakte zu knüpfen. Regelmäßig wird dort beispielsweise zum Bingo-Abend eingeladen. „Letztes Jahr gab es ein geselliges Grünkohl-Essen und man trifft sich oft zum Kaffee und Kuchen.“

Johanna Stübbecke lebt gerne in der Genossenschaftswohnung auf dem Müggenberg. „Ich bin wirklich sehr zufrieden. Ein Rundum-Wohlfühl-Paket.“