Neheim. Der Burgmannshof Gransau ist seit Jahrhunderten ein Charakterbau Neheims. Jetzt wurde er vom LWL ganz genau untersucht – und geehrt.
Neue Untersuchungsergebnisse belegen, dass der Burgmannshof Gransau in Neheim älter und vielfältiger ist als bisher angenommen. Aufgrund der Ergebnisse der bauhistorischen Untersuchung erklärt der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) das Fachwerkgebäude zum Denkmal des Monats Juni.
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„In der Neheimer Ortsliteratur wurde bisher davon ausgegangen, dass der Kernbau der heutigen Gransau anstelle eines durch den Stadtbrand von 1673 zerstörten Baus errichtet wurde“, sagt LWL-Denkmalpflegerin Dr. Eva Dietrich. „Jetzt belegen Holzproben, dass das Gebäude älter ist: Die Hölzer des südwestlichen Bauteils stammen bereits aus der Zeit um 1650.“ Einen spektakulären Fund machten die Denkmal-Experten des LWL im Dachwerk der Gransau: Hier hat sich ein Schmuckgiebel dieser Zeit erhalten. „Er stammt aus der Phase, als der Burgmannshof im Besitz der Familie von Falkenberg war“, so Dietrich.
Geschichtsträchtiges Gemäuer
Doch die Geschichte der Gransau reicht weiter zurück. Im heutigen Keller lassen sich Reste von Vorgängerbauten nachweisen. „Die dendrochronologische Untersuchung, also Baumringdatierung, eines Türstocks im Keller ergab eine Datierung um 1518“, sagt Dietrich. Schwieriger ist es für die Fachleute, das Entstehungsdatum der Natursteinmauern im Hang zu ermitteln. „Vieles spricht dafür, dass hier tatsächlich Reste der Neheimer Stadtmauer erhalten sind“, so die LWL-Denkmalpflegerin.
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Die Stadtmauer entstand im Mittelalter, wurde nach dem Dreißigjährigen Krieg nicht wiederaufgebaut und im 19. Jahrhundert fast vollständig abgerissen. Der Blick vom Ruhrtal zeigt bis heute die strategisch geschickte Anlage der Gransau. „Womöglich diente ein Vorgängerbau der Verteidigung der Burg Neheim, die bis in das 13. Jahrhundert nachweisbar ist“, vermutet die Denkmalpflegerin.
Die Geschichte an Bauspuren nachvollziehen
Auch die Geschichte des heutigen Burgmannshofs können die Denkmal-Experten des LWL anhand zahlreicher Spuren nachvollziehen. So stellt das Jahr 1745 eine Zäsur in der Geschichte des Bauwerks dar. „Damals wurde die Gransau an die Familie Meininghaus verkauft. Sie ließ den Kernbau um 1748 nach Norden erweitern, wie eine Analyse der Bauhölzer zeigt. Auch im Inneren wurde das Gebäude den zeitgemäßen Bedürfnissen angepasst, wie ein Kamin mit der Jahreszahl 1749 belegt“, erläutert Dietrich die Befunde. Die Fachwerkfassade an der Hofseite, die heute als Charakteristikum der Gransau empfunden wird, entstand als Blendfachwerk erst nach 1945. Sie verdeckt das darunter vorhandene Fachwerk von 1650 und die ursprünglich zur Fassade hin sichtbaren über 370 Jahre alten Balkenköpfe.
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Seit Jahrhunderten in Familienbesitz
1763 ging der Besitz an die verwandte Familie Friedrich Georg Cosack über, die bis heute Eigentümerin der Gesamtanlage ist. Im südwestlichen Hang unterhalb der Gransau legte Theodor Cosack ab 1833 die metallverarbeitende Fabrik Tappe & Cosack an.
Sie expandierte schnell, so dass mehrere Gebäude unterhalb des Hangs entstanden. Die ehemaligen Wirtschaftsgebäude des Burgmannshofes wurden in die Nutzung integriert.
Die zahlreichen Befunde machen die Gransau für die Fachleute des LWL zu einer einzigartigen Quelle. Dietrich ist froh, dass der Burgmannshof auch in Zukunft erhalten werden kann: „Nach Wasserschäden und einem Eigentümerwechsel innerhalb der Familie kann jetzt, mithilfe der neuen Erkenntnisse, die Restaurierung geplant werden. Das ist vor allem dem denkmalaffinen Eigentümer zu verdanken, der die Gransau aus ihrem Dornröschenschlaf geweckt hat.“
Anfang des 20. Jahrhunderts große Veränderungen
Firmenerbe Adolf Cosack siedelte die Fabrik 1907 an die Lange Wende um und ließ einen Großteil der Fabrikanlagen abreißen. Um 1910 beantragte er den Neubau einer Villa nordöstlich des Burgmannshofs. „Damit wollte er zeitgenössischen Anforderungen an Repräsentation und Wohnkomfort nachkommen“, erklärt Dietrich. „Cosack ließ das Grundstück mit einer Umfassungsmauer und einem herrschaftlichen schmiedeeisernen Tor zur Burgstraße abgrenzen. Auf der Hangseite entstand ein einzigartiger terrassierter Garten, der Relikte der Industrieanlage integriert.“