Arnsberg/Menden. Land NRW bestätigt Vorhaben, die Planungen für A46-Lückenschluss-Projekt „46sieben“ zwischen Hemer und Neheim zu stoppen. Das sind die Reaktionen.
Das NRW-Verkehrsministerium bestätigt am Dienstagmorgen Berichte über den Willen die Planungen für das Autobahn-Lückenschluss-Projekt „46sieben“ zu stoppen. Neben Gründen des fehlenden Konsens in der Region über die Umweltverträglichkeit des Projekts spielen auch andere Faktoren bei der Überlegung eine Rolle. „Angesichts der unvermeidbaren Konzentration des knappen Personals auf Sanierung und Erhalt erscheint uns die Fortführung der Neubau-Planung angesichts der enormen Herausforderungen und Konflikte, die das Projekt mit sich bringt, aber auch aufgrund des fehlenden regionalen Konsens, sehr schwierig. Wir werden darüber mit dem Bund sprechen, wie mit dem Projekt unter diesen Rahmenbedingungen weiter verfahren werden soll“, teilt ein Sprecher des Verkehrsministeriums mit.
Das forderte der Arnsberger Ratsbeschluss>>>
Klar gemacht wird im Ministerium aber auch, dass das Land alleine nicht über einen Planungsstopp entscheiden könne. „Das Projekt A46/B7 ist ein Projekt des Bundes. Über die grundsätzliche Realisierung entscheidet auch ausschließlich der Bund“, so der Sprecher, „Straßen.NRW ist - gemeinsam mit der Autobahn GmbH - für die Planung verantwortlich“. Das Land agiere nur im Rahmen der sogenannten Auftragsverwaltung.
Nach Ratsbeschluss gingen Planungen zunächst weiter>>>
Die Überlegungen eines Lückenschlusses zwischen der A46 in Hemer und dem Anschluss im Bereich Neheim sind mehr als 50 Jahre alt. Zuletzt war eine Idee im Raum, die die Lückenschluss ab Menden als ausgebaute Bundesstraße 7n herstellen wollte.
Gegner machten Druck auf Politik>>>
Die 20 Kilometer lange Trasse, für die es bislang nur Planungskorridore aber noch keine konkrete Festlegung gab, sorgte in den Kommunen für Widerstand. Zuletzt entschied sich der Rat der Stadt Arnsberg gegen die Fortführung der Planung. Auch das benachbarte Ense sprach sich dagegen aus.
Verkehrsminister Oliver Krischer möchte die verfügbaren Gelder für die Planung und den Bau neuer Straßen daher stattdessen nun offenbar lieber in die Sanierung des maroden Straßennetzes stecken. Der Ministeriumssprecher sagte, es gehe auch darum aufgrund begrenzter Ressourcen auch in personeller Hinsicht „Prioritäten zu setzen“.
So diskutierten Arnsberger Parteien und Interessenvertreter>>>
Cronenberg: NRW ist an Verkehrswegeplan gebunden
Das letzte Wort über einen endgültigen Planungsstopp hat der Bund. Das betont auch der FDP-Bundestagsabgeordnete Carlo Cronenberg (FDP) aus Müschede. „Der Lückenschluss zwischen Neheim und Hemer steht im vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans. Das ist gut so und daran hat sich auch nichts geändert. Diese Beschlusslage des Bundestages ist 2016 mit überwältigender Mehrheit getroffen worden und bindet den Landesminister in seiner Arbeit“. NRW-Verkehrsminister Krischer handele aus Cronenbergs Sicht „nicht nur außerhalb seines Kompetenzbereichs, er setzt auch das völlig falsche Signal für die Zukunft unserer Region“. Wenn systematisch jedes Infrastrukturvorhaben durch vorgeschobene Klimaschutzgründe blockiert werde, dann schade dies den Beschäftigten und Betrieben vor Ort.
IHK sieht Rückschlag für die Industrieregion
Kritik gibt es auch von der IHK Hellweg-Sauerland. „Der vom NRW-Verkehrsministerium angestrebte Planungsstopp für den A46-Lückenschluss 46sieben zwischen Hemer und Neheim ist ein herber Rückschlag für die Industrieregion Südwestfalen“, sagt Hauptgeschäftsführer Jörg Nolte von der Industrie- und Handelskammer in Arnsberg. Er verweist auf Verkehrsprognosen, die zeigen würden, dass der Güterverkehr in den kommenden Jahren stark zunehmen werde. „Die zusätzlichen Güter können mangels Anbindung nicht vollständig auf die Schiene verlagert werden. Für die Spediteure und damit für die Betriebe in Südwestfalen würden die Fahrtzeiten und Kosten ohne Lückenschluss weiter ansteigen“, so Nolte. Es läge jetzt an der Bundesregierung, die auch überregionale Bedeutung des Projektes herauszustellen und dem Ersuchen der Landesregierung nicht nachzukommen. „Eine Neubewertung lässt sich auch nur über das etablierte Verfahren im Bundesverkehrswegeplan abbilden. Hier steht die 46sieben völlig zu Recht im vordringlichen Bedarf“, so der IHK-Verantwortliche.
„Historischer Tag“
Für die Lückenschluss-Gegner der GigA ist die Erklärung aus Düsseldorf ein „historischer Moment“. Sprecher Stefan Neuhaus spricht von „einem bedeutenden Sprung“. Im nächsten Schritt sei nun nur konsequent, wenn das Land NRW den Landesbetrieb Straßen.NRW aus allen Planungsprozessen abziehen würde. „Und auch der Bund muss nun das Projekt im Bundesverkehrswegeplan auf Eis legen“, so Stefan Neuhaus. Er richtet den Blick nach vorne: „Das Gespenst des A46-Lückenschlusses als Lösung aller Probleme der Region, muss endlich aus den Köpfen“, sagt er, „wir müssen das jetzt auch als Chance für eine zukunftsfähige Verkehrsplanung verstehen“.
Ähnlich argumentiert der BUND. „Für die Region bietet die Entscheidung des Landes NRW die Chance, sich endlich von einer Autobahnneubauplanung aus dem letzten Jahrhundert zu verabschieden und neu zu planen, was stattdessen wirklich an zukunftsfähiger und klimagerechter Verkehrsplanung und für den Erhalt der Infrastruktur gebraucht wird“ sagte BUND-Vorstand Klaus Brunsmeier. Die Autobahngegner kritisieren seit langem die massiven Eingriffe der 19,8 Kilometer langen Trasse in die Natur. Zudem sei das Projekt klimaschutzpolitisch nicht zu verantworten.
In Arnsberg hat Verena Verspohl (Bündnis 90/Grüne) mit ihrer Partei konsequent gegen das Lückenschluss-Projekt gekämpft und auch das „Nein“ zur Planung in der Verwaltungsvorlage vor dem Ratsbeschluss dazu unterstützt. „Uns fällt ein Stein vom Herzen“, sagt sie in einer ersten Stellungnahme. Für „diese klare Entscheidung“ hätten grüne Politikerinnen und Politiker Jahrzehnte gekämpft. „Jetzt können wir ernsthaft über Nachhaltigkeit sprechen - das wäre mit der Planung ad absurdum geführt worden“, so Verspohl. Sie dankte den Initiativen, der Arnsberger Ratsmehrheit und auch der Arnsberger Verwaltung für die Vorlage gegen das 46sieben-Projekt.
„Arnsberger Haltung bestätigt“
Arnsbergs Bürgermeister Ralf Paul Bittner (SPD) sieht mit der Erklärung des Verkehrsministeriums in NRW „unsere Haltung in Arnsberg bestätigt“. Die Politik sowie auch viele Bürgerinnen und Bürger hätten sich eindeutig gegen die Planungen ausgesprochen. Die Stadtverwaltung hätte dem Rat hierzu eine Vorlage vorgelegt, in der dem Projekt eine klare Absage erteilt wurde, und für die es mehrheitlich eine Zustimmung gab. „Der Eingriff in unsere Landschaft, unsere Natur und unsere Dörfer hätte ein Ausmaß gehabt, welches wir nicht hinnehmen möchten. Wir halten es zudem für richtig, den Erhalt der bestehenden Infrastruktur zu priorisieren. Insofern begrüße ich die Entscheidung des Verkehrsministers ausdrücklich“, so Ralf Bittner.
Jubel in Holzen
Als die Nachricht vom Befürworten eines Planungsstopps durch das NRW-Verkehrsministerium in Holzen bekannt wurde, brachen im Ort in den sozialen Netzwerken und Dorf-Chats Jubelstürme aus. Die Holzener befinden sich in einem der Planungskorridore. Hier hatte sich die Bürgerinitiative Stopp A46/B7n gegründet. „Hier ging es nicht nur um die Grundstücke einzelner Anlieger, sondern vor allem um die Zerschneidung des Ortsteils, den drohenden Verlust einer einzigartigen Naturlandschaft und die Zerstörung der Historischen Klosterlandschaft Oelinghausen, sondern vor allem um die Erreichung der Arnsberger Klimaziele“, erklärt der Holzener Bernhard Padberg. „Die zahlreichen Aktivitäten der Bürgerinitiative, die vielen Protestaktionen vor Sitzungen und Treffen der Autobahnplaner und die unzähligen Stunden, die die Mitglieder der Bürgerinitiative eingebracht haben, hätten sich nun auf jeden Fall gelohnt und etwas bewirkt“, freut sich Matthias Fischer als Sprecher der Bürgerinitiative, „so haben Holzen und die Oelinghauser Heide wieder einmal gezeigt, was ein kleines gallisches Dorf bewirken kann, wenn man zusammenhält und aktiv wird. Die Nachricht ist auf jeden Fall ein Grund zum Feiern“.