Oeventrop. Heute 41-Jähriger Oeventroper steht zehn Jahre nach vermeintlicher Tat vor Gericht. Kurioser Hintergrund einer verspäteten Ermittlung.
Gut zehn Jahre nach der von der Staatsanwaltschaft jetzt angeklagten Straftat musste sich ein heute 41-jähriger Mann aus Oeventrop vor dem Schöffengericht verantworten. Vorgeworfen wurden ihm sexueller Missbrauch eines Kindes und der Besitz kinderpornografischer Schriften. Beides sind Verbrechenstatbestände, die mit Freiheitsstrafen von nicht unter einem Jahr geahndet werden.
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Bekannt wurde der Vorgang in schon lange zurückliegender Tatzeit des vermeintlichen sexuellen Missbrauchs eines Kindes Anfang 2012 erst, weil im vergangenen Jahr von Unbekannten in Oeventrop Plakate an Bäumen angebracht worden waren, die den Angeklagten als Kinderschänder diffamierten: „Achtung, hier lebt ein Kinderschänder“ war darauf zu lesen. Zudem waren ein Foto von ihm und seine Personalien plus Telefonnummer angegeben.
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Über diese vermeintliche Verleumdung empört, erstattete der 41-Jährige Anzeige gegen Unbekannt. Im Zuge der polizeilichen Ermittlungen fand die Polizei auf seinem Handy aber mehrere Hundert gespeicherte Bilder und Videos mit kinderpornografischen Inhalt. Das ist erst seit kürzerer Zeit ein Verbrechenstatbestand. Die Gesetzesänderung dieses Verhaltens war eine Woche vor Auffinden des genannten Inhaltes von einem Vergehens- zu einem Verbrechenstatbestand geändert worden.
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In der gerichtlichen Beweisaufnahme ging es zunächst hauptsächlich um die Frage, ob die damals Geschädigte - eine heute 25-jährige Frau - zur Tatzeit 13 (also noch ein Kind) oder bereits 14 Jahre alt war (also eine Jugendliche)? Wäre sie zur Tatzeit 13 Jahre alt gewesen, hätte der Angeklagte mit einem hohem Strafmaß rechnen müssen. Hätte der damals 31-Jährige bei dem Übergriff erkennen können oder hatte er gewusst, dass es sich damals um ein Kind gehandelt habe, wäre der Tatbestand des sexuellen Missbrauchs erfüllt gewesen.
Der Angeklagte gab vor Gericht an, geglaubt zu haben, dass er es mit einer Jugendlichen zu tun gehabt habe. Die heute 25-Jährige gab als Zeugin an, man habe damals über ihr Alter nicht gesprochen. Die im Gerichtssaal vorgeführten Lichtbilder der Zeugin als 13-Jährige sprachen eher dafür, dass die Aussage des Angeklagten angenommen werden konnten. Da nach der Aussage der 25-Jährigen der Beischlaf einvernehmlich vorgenommen worden war, wurde der anfängliche Vorwurf der Staatsanwaltschaft hinsichtlich des Vorwurfes des sexuellen Missbrauchs eines Kindes fallengelassen.
Anders sah es allerdings für den Besitz der kinderpornografischen Bilder und Videos aus. Hier war der Beweis erbracht. Der Angeklagte hatte zu Beginn der polizeilichen Ermittlungen die beweiserbringenden Bilder versucht zu löschen. Da er aber sein Handy nicht sachgemäß bediente, landeten die Dateien im „Papierkorb“, von dem die Polizei sie wieder sichtbar machte.
„Hatte wie 14- oder 15-Jährige ausgesehen“
Für diesen Besitz beantragte die Staatsanwältin eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten zur Bewährung. Bewährung nur deshalb, weil der Angeklagte durchgehend in Arbeit war und ohne Vorstrafen sei. Diese Auffassung vertrat auch der Verteidiger, Michael Babilon: „Es bestehen starke Zweifel, dass mein Mandant das wahre Alter der heute 25-Jährigen hat erkennen können. Sie hat durchaus wie eine 14 oder auch 15-Jährige ausgesehen. Deshalb musste der Vorwurf des sexuellen Missbrauchs eines Kindes fallen gelassen werden.“
Dieser Meinung schloss sich das Schöffengericht an und kam dem Antrag der Staatsanwältin nach. Gegen den Angeklagten wurde eine Geldbuße von 3000 Euro verhängt, die an den Kinderschutzbund zu entrichten ist.