Hüsten. Aus Kostengründen müssen auch Kirchen verkauft werden. Doch das könnte für Sprengstoff in den Gemeinden sorgen

Es ist wahrlich keine einfach Zeit für Pfarrer Daniel Meiworm. Gemeinsam mit Verwaltungsleiter Andreas Picht und dem stellvertretenden Vorsitzenden des Kirchenvorstands, Norbert Hollmann, muss er derzeit einen Reformprozess im Pastoralen Raum St. Petri Hüsten vorantreiben. Dieser hat weniger inhaltliche Veränderungen im Fokus, sondern konzentriert sich auf die Immobiliensituation der Pfarre. In den Gemeinden vor Ort macht man sich Sorgen wegen des „Rückzugs“ der Kirche.

Vorgabe aus Paderborn

Wie bereits Anfang November angekündigt, ist St. Petri eine von drei Gemeinden im Erzbistum Paderborn, die die Reduzierung der Gebäudeflächen aktiv mitgestalten können und dabei vom Erzbistum begleitet werden. Zuletzt gab es eine erste Plenumsveranstaltung in der Schützenhalle Holzen, bei der den Gemeindemitgliedern erste Vorschläge zur Flächenreduzierung vorgestellt wurden. Erarbeitet hatten diese Vorschläge ein 15-köpfiges Gremium, bestehend aus den Gemeindeteams der angeschlossenen Pfarreien Bruchhausen, Holzen, Herdringen, Müschede, Heilig-Geist, Oelinghauser Heide, Kloster Oelinghausen und St. Petri sowie den drei Protagonisten Meiworm, Picht und Hollmann. „Die Gespräche in dem Gremium waren gut, aber natürlich brauchte es auch eine gewisse Zeit, bis sich der Blick aller Beteiligten für die Notwendigkeit der Maßnahme weitete“, erklärt Pfarrer Daniel Meiworm.

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Der grundsätzliche Plan hat sich seit November nicht verändert. Rund 20 bis 30 Prozent der Gemeindeflächen sollen reduziert werden. „Die Vorgabe aus Paderborn bleibt bestehen. Je mehr Flächen wir reduzieren, desto höhere Zuschüsse erhalten wir für Sanierungs- und Umbaumaßnahmen an den übrigen Gebäuden“, betont Andreas Picht.

Meiworm und Hollmann machen in der Debatte auch keinen Hehl daraus, dass das Thema Sicherheit eine große Rolle spielt. „Wir haben immer weniger Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren und uns dadurch auch Rückmeldung geben können, wenn Kirchengebäude beispielsweise von Sturmschäden betroffen sind. Wir müssten also ständig durch die Gegend fahren und uns ein Bild davon machen, ob irgendwo die Sicherheit gefährdet ist. Das macht die Arbeit deutlich schwieriger für uns. Schließlich sind wir voll verantwortlich, wenn etwas passieren sollte“, betont der stellvertretende Vorsitzende des Kirchenvorstands, Norbert Hollmann.

So könnte sich die Kirchenlandschaft verändern

Pfarrer Daniel Meiworm muss im Prozess Fingerspitzengefühl beweisen.
Pfarrer Daniel Meiworm muss im Prozess Fingerspitzengefühl beweisen. © Privat

Das Konzept der Arbeitsgruppe zur Flächenreduzierung sieht vor, dass es in einigen der betroffenen Gemeinden zu signifikanten Veränderungen kommen könnte. So laufen derzeit die Überlegungen, dass die Kirche Heilig Geist in Hüsten an einen Investor abgegeben wird, das Gemeindezentrum und das Pfarrhaus sollen komplett verkauft werden.

Drastisch wird es auch in den Orten Holzen und Oelinghauser Heide. Dort sollen die Kirchengebäude an einen Investor oder einen eingetragenen Verein abgegeben werden.

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In Müschede wiederum soll die Kirche zwar im Besitz bleiben, hier kann man sich aber den Umbau des Kirchenraums in einen multifunktionalen Raum vorstellen - nach dem Vorbild einer „Erlebniskirche“ so wie es aktuell noch in Heilig Geist abläuft. Auch in Müschede soll das Gemeindezentrum abgestoßen werden.

Bruchhausen wiederum soll sich zu einem Schwerpunkt für die Trauerarbeit entwickeln. Zwar sind auch hier Reduzierungen der Kirchenfläche angedacht, doch in der Kirche könnte beispielsweise ein Kolumbarium und Trauerpastoral entstehen. Außerdem denkt man über einen Raum zum Trauern und für Gespräche nach.

In Herdringen ist bereits das Pfarrhaus verkauft. In einem nächsten Schritt sucht man einer Lösung für das Gemeindezentrum. Möglich wäre an dieser Stelle die Einrichtung einer Tagespflege. „Wir wissen, dass es in Herdringen Bedarf dafür gibt. Deswegen steht hier zur Debatte, ob man vielleicht mit einem potenziellen Betreiber eine Lösung finden kann“, sagt Norbert Hollmann. In der Kirche soll durch eine Trennwand ein Sakral- und Gemeinschaftsraum entstehen.

Von Verkäufen völlig unberührt bleiben St. Petri in Hüsten mit den dazugehörigen Gebäuden sowie das Kloster Oelinghausen und das angrenzende Konvent.

Schwierige Entscheidung

„Uns ist durchaus bewusst, dass besonders in Holzen und Oelinghauser Heide eine schwerwiegende Entscheidung getroffen werden könnte. Und auch in Herdringen wie auch bei Heilig Geist wissen wir um die Bedeutung dieser Pläne. An den Orten hängen Emotionen für viele Menschen. Es ist ein Trauerprozess. Das schüttelt man nicht so einfach ab“, betont Pfarrer Daniel Meiworm. Er habe durchaus Verständnis für den Unmut der Menschen vor Ort. Diese „Sterbebegleitung“ sei nicht leicht. „Ich verspreche aber, dass wir uns nicht komplett aus den Orten zurückziehen. Wir suchen nach Lösungen. Beispielsweise könnten Räumlichkeiten angemietet werden, in denen man dann im kleineren Rahmen die christlichen Feste feiern kann.“ Deshalb suche man auch nach möglichen Kooperationspartnern, wie zum Beispiel der Evangelischen Kirche, den Schützen und Vereinen sowie Verbänden.

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Der Verkauf von Heilig Geist in Hüsten steht auch zur Diskussion.
Der Verkauf von Heilig Geist in Hüsten steht auch zur Diskussion. © Eric Claßen

„Wir müssen uns natürlich auch nichts vormachen. In den letzten Jahren hat die Zahl der Menschen, die an den Gottesdiensten teilnehmen, abgenommen. Auch im Hinblick auf die pastorale Entwicklung müssen wir uns entscheiden, worauf wir uns künftig fokussieren“, erklärt Meiworm.

Hauptgrund für die Flächenreduzierung bleibe jedoch der finanzielle Druck. „Der Anteil der Immobilienkosten am Haushaltsbudget liegt derzeit bei mehr als 50 Prozent. Mittelfristig werden die Immobilienkosten den größten Teil des Haushaltsbudgets binden. Dadurch entsteht ein strukturelles Defizit“, mahnt Verwaltungsleiter Andreas Picht. Und Pfarrer Daniel Meiworm ergänzt: „Der Anzug ist zu groß geworden!“

Seit der Plenumsveranstaltung wabert die Diskussion durch die betroffenen Orte. In Holzen erklärt der 1. Brudermeister der Schützenbruderschaft St. Johannes_Evangelist, Christian Müller: „In den letzten Jahren ist im Ort immer mehr geschlossen worden. Kneipen, Post, Bäckerei. Uns fehlen die Begegnungsorte. Aus Schützensicht machen wir uns natürlich auch unsere Gedanken. Unsere Grundsätze Glaube, Sitte; Heimat fußen auf den christlichen Werten. Da macht man sich schon Sorge, wie das dann auch mit dem Nachwuchs künftig weitergeht.“