Arnsberg. „Es ist nicht mehr selbstverständlich, dass Kinder schwimmen lernen“, sagt Schwimmpatin Gaby Steinberg aus Arnsberg. So sieht die Realität aus:

„Yeah! Zweimal hintereinander“, schreit sich ein Drittklässler der Gemeinschaftsgrundschule Norbertusschule Arnsberg von der Seele. Er strahlt über beide Backen. Denn Sekunden vorher stand er noch zögernd am Beckenrand und traute sich nicht. Soll er jetzt einfach ins Wasser springen? Oder lieber doch nicht?

So wie ihm geht es noch drei weiteren Kindern dieser rund 20-köpfigen Grundschulklasse. Diese Vier können noch nicht schwimmen – während die anderen Schülerinnen und Schüler der Klasse bereits ihre Querbahnen im Lehrschwimmbecken an der Sauerstraße hinlegen.

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„Es ist leider nicht mehr selbstverständlich, dass Kinder richtig schwimmen lernen“, sagt Gaby Steinberg. Nicht immer hätten die Eltern die Möglichkeit, ihren Kindern die wichtigen Schwimmkenntnisse zu vermitteln – und auch die Eintrittspreise von Schwimmbädern ließen dieses nicht immer zu.

Erste Schwimmpatin in Arnsberg

Gaby Steinberg ist Schwimmpatin und begleitet die Schulklasse immer montags, um sich intensiv um die Nichtschwimmerinnen und Nichtschwimmer zu kümmern. Ihnen das Schwimmen beizubringen. „Es macht mir einfach Spaß.“

Wegen des aktuellen Mangels am Hubboden des Lehrschwimmbeckens an der Sauerstraße könne die Wassertiefe von derzeit 1,25 Metern nicht verringert oder erhöht werden. Demnach müsse immer eine Eins-zu-Eins-Betreuung im Wasser stattfinden. Gaby Steinberg unterstützt die begleitenden Lehrerinnen Saskia Schröder und Dorothea Baumeister daher. Als ehemalige aktive Schwimmerin hat sie Kindern schon des Öfteren das Schwimmen beigebracht, unter anderem auch ihrem eigenen Enkel.

Eins-zu-Eins-Betreuung ein Muss

Im Schwimmunterricht erhalten die Kinder nun unterschiedliche Aufträge. Lehrerin Saskia Schröder beobachtet und unterrichtet vom Beckenrand, während Gaby Steinberg und Lehrerin Dorothea Baumeister selbst im Wasser sind und sich passgenau, jedoch abwechselnd um die nichtschwimmenden Kinder kümmern.

Schwimmpatin Gaby Steinberg kümmert sich Eins zu Eins um einen nichtschwimmenden Drittklässler. Mit Freude.
Schwimmpatin Gaby Steinberg kümmert sich Eins zu Eins um einen nichtschwimmenden Drittklässler. Mit Freude. © Thora Meißner

Denn aufgrund der Eins-zu-Eins-Betreuung müssen immer zwei Kinder am Beckenrand sitzen und warten. Dabei auch die Integrationskraft Anja Rüther, die ebenfalls, wenn auch außerhalb des Wassers, ein Auge auf die Gruppe hat und motivierend einwirkt.

„Es ist so wichtig, dass die Kinder das Schwimmen lernen“, sagt sie. „Das Mädchen hatte anfangs extreme Angst, überhaupt ins Wasser zu gehen, verkrampfte total, und jetzt steht sie frei am Beckenrand.“ Sie zeigt auf ein Mädchen, dass gerade seine Armbewegung „kalt“ testet, sprich über der Wasserfläche. Doch nur Sekunden später geht es ans Eingemachte.

Schwimmen ist gesund

Jetzt wird sich zeigen, wie weit das Mädchen schon ist. Gaby Steinberg legt ihre Hand unter den Bauch des Mädchens. Unterstützend. „Arme strecken und lang zur Seite bewegen – wie eine Rakete, die nach vorne strömt“, sagt Dorothea Baumeister. Es klappt.

Mit Gaby Steinbergs unterstützender Hand unter dem Bauch traut sich das junge Mädchen. Auch der Junge, der anfangs noch schüchtern am Beckenrand stand, ist mittlerweile aufgelockert. „Ich bin ein Tintenfisch“, sagt er und lacht, während er Zentimeter für Zentimeter schwimmt. Seine Augen strahlen. Die vier Kinder haben sichtlich Freude am Schwimmenlernen.

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Es scheint sie auch nicht zu interessieren, was auf der anderen Seite des Beckens los ist. Denn dort üben die Schwimmer und Schwimmerinnen das Tauchen. „Einatmen, unter Wasser ausatmen und dann wieder hochkommen“, sagt Saskia Schröder. Konzentriert und dennoch mit viel Spaß folgen ihr die Kinder. „Schwimmen ist gelenkschonend, aktiviert jeden Muskel im Körper und hält fit“, sagt Saskia Schröder. „Und außerdem spielt auch das Gewicht im Wasser keine Rolle – jede und jeder kann sich bewegen.“

Nur 45 Minuten im Arnsberger Wasser

Nach gut 45 Minuten im Wasser ist Schluss. In den letzten zehn Minuten dürfen sich die Kinder noch einmal so richtig austoben. „Hier können die Kinder dann auch nochmal Energie loswerden“, sagt Saskia Schröder.

Verschiedene Materialien werden eingesetzt, um den Nichtschwimmerinnen und Nichtschwimmern das Schwimmen mit spielerischen Elementen beizubringen.
Verschiedene Materialien werden eingesetzt, um den Nichtschwimmerinnen und Nichtschwimmern das Schwimmen mit spielerischen Elementen beizubringen. © Thora Meißner

45 Minuten, mehr aktive Zeit im Wasser lässt der zweistündige Schwimmunterricht leider nicht zu. Denn die Kinder müssen sich noch duschen, umziehen und vor allem die Haare föhnen. Bereits während der ersten großen Pause gingen sie gemeinsam mit ihren Lehrkräften an der Norbertusschule los, um dann um 10 Uhr im Lehrschwimmbecken an der Sauerstraße zu sein. Umziehen, ab ins Wasser. Zur zweiten großen Pause müssen sie wieder in der Schule sein. Schwimmunterricht unter Zeitdruck.

Erschwerend komme die aktuelle Situation bezüglich der Schwimmbadkapazität in Arnsberg hinzu. In diesem Zusammenhang sei die Zukunft des Lehrschwimmbeckens ja auch noch nicht klar. „Wenn das Lehrschwimmbecken geschlossen wird, können wir keinen Schwimmunterricht mehr anbieten“, so Saskia Schröder. Bis dahin bringen diese 45 Minuten Nettoschwimmzeit auf jeden Fall Fortschritte und nehmen den Kindern die Angst vor dem Wasser. Vor allem aber lernen sie schwimmen, powern sich aus und haben auch noch Spaß dabei.