Arnsberg. Die aktuelle Krisensituation bereitet den heimischen Betrieben große Probleme. Und der Dehoga-Präsident fordert die Politik zum Handeln auf.

„Wenn jetzt nicht bald etwas passiert, dann kommt eine gewaltige Schärfe in die Sache und einige Betriebe werden das nicht überleben.“

Denn die Gastronomie taumele derzeit unverschuldet von einer großen Krise in die nächste: „Erst Corona und nun die unsägliche Energiekrise.“ Deshalb fordert der Arnsberger Gastronom Dietmar Wosberg, zugleich Präsident des Hotel- und Gaststättenverbandes Westfalen, „dass die Politik endlich aus dem Anzug kommt und entsprechend reagiert. Die Lage der Gastronomie war seit Kriegsende noch nie so dramatisch“.

Dietmar Wosberg: „Wir wollen keine Almosen, sondern Gerechtigkeit“

„Wir wollen keine Almosen, sondern Gerechtigkeit,“ bringt es Wosberg auf den Punkt. Und die Gerechtigkeit müsse damit beginnen, dass zum Beispiel für die Endabrechnung der Energiekosten nicht etwa die Vergleichszahlen der Energieverbräuche aus 2021 zugrunde gelegt würden, „sondern die aus 2019, also noch vor der Corona-Krise, als die Gastronomie noch keine pandemiebedingten Schließungen hat hinnehmen müssen. Nur auf dieser Basis lässt sich eine für uns faire Endabrechnung erstellen.“

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Hintergrund: Bei bei der Gaspreisbremsen soll das Grundkontingent bei 80 Prozent des bisherigen Verbrauchs liegen - das wohl bezogen auf den Verbrauch des Jahres 2021.

„Vom Gewinn sind wir Gastronomen leider weit, weit entfernt“

Nicht die einzige Forderung, die der erfahrene Gastronom in Richtung Politik erhebt: Sie müsse verstärkt in den Ausbau nachhaltiger Energie investieren, das Arbeitszeitengesetz entschärfen und der Situation anpassen sowie zur Beseitigung des Fachkräftemangels den Zuzug ausländischer Personen beschleunigen. „Und das alles völlig unbürokratisch, denn Tempo ist jetzt sehr wichtig für uns, um die vielen Schwierigkeiten wuppen zu können.“

Zwar laufe aktuell das Weihnachtsgeschäft recht gut, was den Umsatz der Gastro-Betriebe betreffe, aber Umsatz sei schließlich nicht gleich Gewinn, sagt Dietmar Wosberg. „Und vom Gewinn sind wir Gastronomen leider weit, weit entfernt.“

Das Problem: Die geldlichen Reserven der Gastronomie sind seit Corona verbraucht

Aber auch die Banken müssten sich bewegen. Um Investitionen der Gastronomie zu unterstützen - zum Beispiel in energetische Sanierungen -, könnten sich die Geldinstitute Wosbergs Ansicht nach bei der Vergabe von Krediten durchaus flexibler und entgegenkommender zeigen, damit es bis zum Inkrafttreten der Gaspreisbremse nicht zu Liquiditätsengpässen komme.

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„Weil die Gastronomie schon zur Bewältigung der Corona-Krise teils hohe Darlehen aufnehmen musste, sind nun alle geldlichen Reserven verbraucht. Und genau das ist das Problem.“

Dietmar Wosberg rät zur Überprüfung der gastronomischen Konzepte

Doch wie sollen sich Gastronomen verhalten, um all der Probleme Herr zu werden beziehungsweise diese zu mindern?

Der Hotel- und Gaststättenverband gibt da seinen Mitgliedern keine Empfehlung, doch als Privatperson rät Wosberg: „Geht in euch und prüft, ob ihr mit dem gegenwärtigen Konzept eures Betriebes noch klarkommt oder ob hier an Stellschrauben gedreht werden muss. Und nehmt Kontakt mit euren Energieversorgern auf, um manches im Gespräch zu regeln.“

Astrid Hoffmann: „Wir haben die Heizung etwas heruntergedreht“

Aber auch die Gastronomen sitzen nicht im stillen Kämmerlein und harren der Dinge, die da noch kommen mögen, sondern suchen aktiv nach Möglichkeiten, die Energieverbräuche einzudämmen, um die horrenden Kosten zu drücken. Wie im renommierten Landgasthof Hoffmann in Rumbeck.

„Wir haben die Heizung etwas heruntergedreht,“ sagt Chefin Astrid Hoffmann, „aber nur so weit, dass niemand frieren muss.“ Und steige die Raumtemperatur, weil viel zu tun sei, werde vorsichtig weiter gedrosselt. Zudem wurden Kühlschränke beziehungsweise deren Inhalte zusammengelegt und damit überflüssige Aggregate abgestellt.

Eine Reduzierung der Öffnungszeiten ist im Landgasthof Hoffmann kein Thema

Hinzu komme: Sohn Maximilian habe schon Anfang des Jahres die Krise heraufdämmern sehen und entsprechend reagiert. Durch frühzeitiges Bestellen von Brennholz und ständiger Beobachtung des Ölpreises, um günstig einkaufen zu können. „Maximilian hat die Entwicklung auf dem Energiesektor immer im Blick.“ Zudem habe man auch die Lagerbestände unverderblicher Waren erhöht.

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Was aber für Astrid Hoffmann ein absolutes Tabu ist: „Eine Reduzierung der Öffnungszeiten wird es bei uns nicht geben. Schließlich müssen die Räumlichkeiten ohnehin temperiert werden. Und bei einer Reduzierung heizen wir ohne jegliche Einnahme.“ Allerdings sei es möglich, dass man einmal kurzzeitig schließe, damit das Personal seinen Urlaub nehmen könne. „Denn angesichts des akuten Fachkräftemangels gibt es keinen Ersatz.“

Uwe Schmidtke muss schon das Zweieinhalbfache der üblichen Energiekosten aufbringen

Anders die Situation bei Uwe Schmidkte, dem Betreiber des kleinen Altstadtlokals „auffe Maua“: „Ich habe schon früh in der Krise die Öffnungszeiten auf die Kerntage Donnerstag bis Samstag reduziert und muss so nur noch drei Tage heizen.“ Ebenso umgestellt habe er die Speisekarte und die Beleuchtung umgerüstet auf sparsame LED.

Bislang, sagt Schmidtke, komme er so einigermaßen klar, weil er durch die Kegelbahn viele Stammgäste habe. „Aber wenn die Energiekosten weiter steigen, dann muss ich mir etwas Neues überlegen, das hoffentlich zur Kostensenkung beiträgt.“ Immerhin müsse er derzeit schon das Zweieinhalbfache der üblichen Energiekosten aufbringen.

Ein weiteres ärgerliches Problem: Tische werden reserviert - aber niemand kommt

Aber Uwe Schmidtke treibt noch ein weiteres, in der Gastronomie durchaus verbreitetes Problem um, das auch Dietmar Wosberg bestätigt. „Die Leute reservieren einen Tisch,“ schimpft Schmidtke, „und kommen dann nicht. Ohne sich abzumelden.“ Oder aus einer ursprünglich zwölfköpfigen Gruppe würden letztlich nur drei Personen.

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„Und dafür schicke ich andere Gäste nach Hause, um dann vor leeren Tischen zu stehen. Aber man kann doch wenigsten rechtzeitig absagen, das ist doch das Mindeste.“

Dieses Verhalten sei unglaublich traurig, so Uwe Schmidtke, „denn die Leute wissen doch, dass die Gastronomie schon unter Corona schwer zu tragen hatte“. So bereite man sich in der Küche oft völlig umsonst auf viele Gäste vor und heuere zudem angesichts der Reservierungen noch zusätzliches Aushilfspersonal an. „Dieses äußerst ärgerliche Verhalten hat sich, noch beschleunigt in der Corona-Krise, leider sehr stark ausgeweitet. Und die Kosten dafür tragen wir Gastronomen.“