Sundern. Das Weihnachtsfest löst bei vielen, die geliebte Menschen verloren haben, Trauer aus. Was die Trauerbegleiterin Iris Willecke aus Sundern rät.
Dreizehn. Ein Alter, in dem man sich mit Freunden trifft, sich durch Instagram-Feeds oder auch Tik Tok-Videos scrollt, sich in Hobbys austestet – und manchmal eben auch ein Alter, in dem man sich mit etwas auseinandersetzen muss, das eigentlich erst in weiter Ferne relevant werden sollte: Dem Tod. Wenn ein Elternteil stirbt, zieht es einem den Boden unter den Füßen weg. Man erstarrt förmlich. Nimmt den Alltag nur noch nebenbei, wie einen Film, wahr.
Erst nach und nach lichtet sich die Trauer; beginnt der Alltag wieder zu fluppen – und manchmal scheint es auch nur so. Trauern ist menschlich. Während die Einen sich in Einsamkeit wägen, suchen die Anderen die Nähe von Freunden, Verwandten und Bekannten. Während die Trauer die Einen im Bett hält, suchen die Anderen Ablenkung im Job oder im Hobby.
Trauern ist individuell – mal offensichtlich, mal geheim, mal kurzweilig, mal länger. Und dennoch gibt es sie – die Momente, in denen sich die Trauer fast bei jeder oder jedem, die oder der einen geliebten Menschen verloren hat, durchsetzt. Zu Anlässen wie Geburtstagen, Hochzeitstagen – oder eben auch das bevorstehende Weihnachtsfest.
Trauriges Weihnachten
Plötzlich erstrahlt alles im Licht. Weihnachtliche Dekorationen erschlagen einen vielerorts. Die Glühwein-Ära beginnt – „o du fröhliche“ erklingt. Überall steht das familiäre und freundschaftliche Miteinander im Mittelpunkt. Und inmitten dieser weihnachtlichen Stimmung steht man als trauernde Person vor der großen Frage: Muss ich nun mitmischen? Meine Laune künstlich beschwingen? Die Trauer beiseitelegen?
Im Gespräch mit der Trauerbegleiterin Iris Willeke aus Sundern wird eines klar: Nein. Genau das ist es nicht, was Trauernden pauschal in dieser Zeit hilft. Denn, wie eingangs erwähnt, ist Trauer menschlich und individuell. „Trauer ist Liebe“, sagt sie, „und auch an Weihnachten darf und sollte man trauern, wenn es sich richtig anfühlt.“
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Es sei lieb gemeint, wenn Verwandte die trauernde Person dann in die Mitte nehmen und sie an Heiligabend nicht allein lassen wollten. Doch all das helfe nicht, wenn Verwandte diese dann zu überreden versuchten, weil sie es selbst so für richtig halten. „Als Verwandte sollte ich Verständnis mitbringen und die betroffene Person fragen, was sie möchte“, so Iris Willeke. „Und dann muss ich es auch akzeptieren, wenn dieser trauernde Mensch an Heiligabend lieber allein sein will – bestenfalls bin ich offen für Planänderungen, denn vielleicht entscheidet er sich an Heiligabend anders und möchte doch noch zur Feier kommen.“
Ratschläge, die Trauernde nicht hören wollen
Spontanität, Verständnis und ein offenes Angebot, für oder gegen das sich Trauernde entscheiden können, das sei wichtig. In diesem Zusammenhang erzählt Iris Willeke auch von ihrem veröffentlichten Trauer-Bullshit-Bingo. Dabei handelt es sich um Phrasen, die ebenso gut gemeint sind, Trauernden jedoch eher wie ein Schlag in die Magengrube vorkommen. „Das Leben geht weiter“ ist eine solche Phrase, oder auch „Geh mal wieder unter Leute“.
„Das sind Ratschläge, die Trauernde in dem Moment nicht hören wollen“, sagt sie. Iris Willeke selbst hat Trauer erlebt und kann sie daher, wie sie selbst sagt, auch entsprechend besser nachvollziehen. Seit über 10 Jahren ist sie freiberufliche Trauerbegleiterin, nebenberuflich. Schon immer sei sie mit dem Tod und trauernden Menschen konfrontiert gewesen. Sowohl in ihrem ersten Beruf als Krankenschwester als auch danach als Krankenschwester im Hospiz.
Trauernde liegen ihr am Herzen
Die Thematik, vor allem aber die Unterstützung der jeweiligen trauernden Menschen, zog sie in ihren Bann. Sie bildete sich fort – und verarbeitete während dieser Seminare auch ihre eigenen Trauererfahrungen. Eine Ausbildung zur Heilpraktikerin und Psychotherapeutin schlossen sich an. „Ich habe aber nie in diesem Bereich gearbeitet, weil mich die Trauerbegleitung am meisten interessierte“, sagt sie, „da sehe ich meine Berufung.“ Trauernde Menschen lägen ihr am Herzen.
Und damit eben auch die Sensibilisierung der Gesellschaft, mit mehr Verständnis auf trauernde Menschen einzugehen. „Was sich für mich als unbetroffene Person richtig anfühlt, muss für die trauernde Person bei Weitem nicht richtig sein“, so Iris Willeke. Gerade die Weihnachtszeit sei eine Zeit, die immer wieder dazu führe, dass trauernde Menschen besonders litten. Daher hält sie es für besonders wichtig, dass sich zunächst einmal die betroffene Person selbst Gedanken darüber macht. „Was will ich eigentlich? Möchte ich Heiligabend ein Gedeck für meinen verstorbenen Partner auf den Tisch stellen? Dann mache ich das. Möchte ich Weihnachten verschlafen? Dann tue ich das.“, macht sie klar.
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„Viele Menschen, das weiß ich, führen gewisse Rituale durch, um auch an Weihnachten zu trauern.“ Eines dieser Rituale ist beispielsweise als Bonhoeffer-Ritual bekannt. Dabei wird ein Zweig vom Tannenbaum abgeschnitten – mit Licht und Lametta. Dieser Weihnachtszweig wird dann auf das Grab der oder des Verstorbenen gelegt. „Es hilft vielen Menschen, ihre verlorenen Liebsten an Weihnachten auf dem Friedhof zu besuchen und sie mit dem Weihnachtszweig am familiären Weihnachtsfest teilhaben zu lassen“, sagt Iris Willeke.
5 Tipps zum Trauern an Weihnachten
Gerade auch trauernden Kinder, beispielsweise beim Verlust eines Elternteils, könnten auf diese Art und Weise besser mit ihrer Trauer umgehen – insbesondere an diesem besonderen Anlass. „Es ist aber auch wichtig, dass das verbleibende Elternteil die Kinder und Jugendlichen in die Planungen des Weihnachtsfestes einbinden“, so die Trauerbegleiterin, „insbesondere dann, wenn es das erste Weihnachtsfest ohne den geliebten Vater oder die geliebte Mutter ist.“
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Denn junge Menschen fühlten sich ausgegrenzt, wenn man ihnen schlichtweg irgendeine Vorgehensweise oder ein Ritual vorlege. „Sie möchten in Entscheidungen einbezogen werden.“ Nun, 14 Tage vor Weihnachten, sind auch für Iris Willeke die Belastungen der trauernden Menschen wieder bewusst – denn sie arbeitet mit ihnen, steht ihnen zur Seite und gibt vor allem aber auch gute Tipps. Sie geht auf die trauernden Menschen ein, versteht sie und setzt sich letztendlich auch für das Thema der Trauer im Allgemeinen ein. Sie möchte das Thema in die Mitte der Gesellschaft rücken. Einige ihrer Tipps haben wir im folgenden Text für Sie zusammengefasst.
Die Trauerbegleiterin Iris Willecke sagt ganz klar: „Wer trauert, der trauert - und das auch an Weihnachten.“ Daher gibt sie Trauernden wie auch deren Angehörigen unter anderem folgende Tipps:
Trauern Sie - auch Weihnachten
Nehmen Sie die Trauer an. Auch wenn gerade Weihnachten ist, müssen Sie nicht in Festtagsstimmung sein. Sie müssen keine gute Laune vorspielen und auch nicht auf jeden Feierzug aufspringen.
Lösen Sie Verpflichtungen
Lassen Sie sich auf keine Verpflichtungen ein. Behalten Sie sich Plan B und sagen Sie auch mal „Nein“ zu Weihnachten.
Planen Sie die Feiertage
Wenn Sie lieber zuhause im Bett bleiben wollen, dann tun Sie das. Wenn Sie lieber unter Menschen sein möchten, planen Sie ihre Feiertage gut durch. Aber: Lassen Sie sich nicht in Verpflichtungen ziehen.
Gewohnte und neue Rituale
Wenn es Sie in Ihrer Trauer unterstützt, bewahren Sie sich alte Weihnachtsrituale. Auch neue Rituale können helfen, wie zum Beispiel der Besuch auf dem Friedhof inklusive geschmücktem Weihnachtszweig vom Weihnachtsbaum.
Nehmen Sie Hilfe an
Sie haben das Gefühl, alleine nicht stark genug zu sein? Dann nehmen Sie Hilfe an.