Arnsberg. Das Frauenhaus in Arnsberg zieht in ein neues Gebäude - doppelt so groß, moderner und sicherer. Larissa Braun erzählt, was geplant ist und mehr:
„Ich bin dankbar für diesen Job“, sagt Larissa Braun, Mitarbeiterin im Frauenhaus Arnsberg und Vorstandsmitglied im Verein Frauen helfen Frauen e.V., „kein anderer Beruf ist so politisch wie dieser.“ Sie spricht von ihrer Arbeit im Arnsberger Frauenhaus, das aktuell Platz für acht Frauen und ihre Kinder bietet - und derzeit auch voll belegt ist. Voraussichtlich für den 1. April 2023 ist nun der Umzug in ein neues, größeres und moderneres „Haus der Gemeinschaft“, wie Larissa Braun es nennt, im Stadtgebiet Arnsberg geplant.
Hierzu kooperiert das Frauenhaus sowohl mit dem Frauen helfen Frauen e.V. als auch mit der Arnsberger Wohnungsbaugenossenschaft eG. „Das ist auch wichtig, um den Frauen und Kindern mehr bieten zu können. Aktuell können wir immer nur eine Frau in unseren Verwaltungsräumen beraten“, sagt sie. Mit dem doppelt so großen neuen Gebäude seien auch mehr Verwaltungs- und Beratungsräume gegeben, so dass jede Sozialarbeiterin zeitgleich Beratungen durchführen kann.
Auch für pädagogische Angebote biete das neue Gebäude, dessen Anschrift natürlich weiterhin geheim bleibt, viel mehr Raum. „Wir bieten beispielsweise einmal in der Woche ein niederschwelliges Frühstück für die Frauen an“, erklärt Larissa Braun. Hier kämen die Frauen dann zusammen und verbrächten einfach Zeit miteinander. Auch spezielle Angebote, beispielsweise für die innere Balance, seien gegeben. „Es ist wichtig, den Frauen sowohl einen strukturierten Tag zu bieten, gleichzeitig aber auch im Bedarfsfall gezielter vorzugehen.“
Körperliche und psychische Gewalt an Frauen und Kindern
Larissa Braun ist mit einigen Schicksalen vertraut. Berichtet unter anderem von körperlicher Gewalt, die die Frauen erfahren. Aber auch von psychischer Gewalt mit den Kindern als Druckmittel. „Wenn man hört, dass dem Kind Gewalt angetan wird, um die Mutter damit unter Druck zu setzen, dann geht einem das schon nah“, sagt sie. „Oder wenn man von Vergewaltigungen hört, die im Beisein des Kindes vollzogen werden.“ Sie berichtet von Kindern, die bereits bei leicht erhöhter Stimme zusammenzucken.
Daher hält sie es für besonders wichtig, auch seine eigene innere Balance zu halten, seine eigene seelische Gesundheit zu fördern. Dafür nutzt sie Angebote wie die Supervision oder auch das Gespräch im Team mit Kolleginnen. „Ich lerne dabei auch unwahrscheinlich für mich selbst - denn schließlich geht es um Frauenrechte“, so Larissa Braun. „Wenn ich den Frauen helfe und mich stark für ihre Rechte mache, dann tue ich das auch in gewisser Weise für mich selbst.“
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Vorher habe sie in der Jugendhilfe gearbeitet und dort die Folgen von Gewalt in Familien gesehen. Was das mit den Kindern macht - und auch mit den Frauen. Daher sieht sie ihren Beruf im Grunde nicht als Job, sondern als Berufung. Allerdings, und das ist ihr ebenso wichtig, immer mit Blick auf die eigene Gesundheit - zur Vermeidung eines indirekten Traumas. Denn auch diese Gefahr bestünde, wenn man tagtäglich von diesen Schicksalen höre und die Folgen ebensolcher erlebe.
Dennoch liebt Larissa Braun ihr freies Arbeiten, die Mitgestaltungsmöglichkeiten und das Autonome. Sie arbeitet gerne im Frauenhaus und in ihrem Kollegium. Dennoch gibt es ein Thema, das ihr „Sorge“ bereitet. Denn das Frauenhaus Arnsberg ist durchweg auf Spenden angewiesen. „Die Erstausstattung des neuen Frauenhauses müssen wir als Verein selbst stemmen“, sagt sie. Und auch besondere Projekte, wie beispielsweise spontane Ausflüge mit den Kindern (in Parks etc.), müssten selbstverständlich aus der Vereinskasse bezahlt werden.
Frauenhaus Arnsberg: Nach wie vor auf Spenden angewiesen
Daher werden in den nächsten Tagen auch Plakate ausgehängt, die einen Spendenaufruf enthalten. Denn nur so kann das neue Frauenhaus adäquat eingerichtet werden. Erfreulich sei, dass die Stadt Arnsberg und auch der Hochsauerlandkreis das Frauenhaus weiterhin unterstützen und auch in diesem Jahr einstimmig der weiteren Förderung der laufenden Kosten für die nächsten Jahre zugestimmt hätten, dennoch liege natürlich auch eine große finanzielle Last auf den Schultern des Frauenhauses selbst.
„Mit einer Spende hilft jeder Einzelne, dass die betroffenen Frauen zur Ruhe kommen und mit unserer Begleitung neue Perspektiven für ein gewaltfreies Leben entwickeln können“, so Larissa Braun.
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Das modernere Gebäude ist in Wohneinheiten aufgeteilt - und jede von ihnen soll eine eigene Kochzeile bekommen, damit ein gewisses familiäres Leben ermöglicht werden kann. Ebenso wird es aber auch eine große Gemeinschaftsküche geben, in der die Frauen gemeinsam kochen und Zeit verbringen können. Die „Apartments“ sollen gemütlich, modern und funktional ausgestattet werden. Auch für die Kinder soll es tolle Spielräume geben. Auch im Garten könne man kreativ werden - da sei „locker Platz für ein Klettergerüst“.
Das Sicherheitskonzept wird aktuell erstellt, denn auch hier stellt sich für das Frauenhaus natürlich eine besondere Lage dar. Aktuell müsse beispielsweise immer das Fenster geöffnet werden, um zu schauen, wer vor der Tür stünde. Das sei nach 30 Jahren nicht mehr zeitgemäß. „Insgesamt wünschen wir uns eine hochwertige, stabile und langfristig haltbare Einrichtung“, so Larissa Braun, „daher sind wir dankbar für jede und jeden, der uns bei diesem Vorhaben unterstützen kann und möchte.“