Arnsberg. Der ehrenamtliche Treffpunkt „Wohlbefinden“ könnte schon bald Geschichte sein, denn die Mietkosten können nicht mehr aufgebracht werden.
„Wohlbefinden“. So heißt der Treffpunkt mit zwei großzügigen, freundlichen Räumen und einer kleinen Küche an der Rumbecker Straße in Arnsberg, im dem von sexualisierter Gewalt betroffenen Frauen, Angehörigen und Jugendlichen Hilfestellung gegeben wird, damit sie in ihrem Leben wieder klarkommen, nach diesen einschneidend negativen Erlebnissen zurück zu einem gewissen Wohlbefinden gelangen. Doch diese wichtige Unterstützung droht wegzubrechen. Denn Tatjana Michael, die den Treffpunkt überwiegend im Ehrenamt am Laufen hält, sieht sich außerstande, die Mietkosten weiterhin aufzubringen.
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„Schon seit Wochen stellt sich für mich die Frage,“ sagt die 44-jährige alleinerziehende Mutter zweier Töchter, „wie ich das noch länger finanzieren kann, um diese – auch aufgrund von eigener Betroffenheit – mir sehr am Herzen liegende Arbeit fortsetzen zu können.“ Eine große Sorge, mit der sie Tag für Tag konfrontiert werde und die sie oft nicht schlafen lasse. Zumal der Treffpunkt „Wohlbefinden“ beziehungsweise ihre Unterstützung und ihr Rat als freiberufliche Präventionsfachkraft für sexualisierte Gewalt, sie ist gerade erst von einer neuerlichen Fortbildung zurück, immer stärker nachgefragt werde.
Raum nicht länger finanzierbar
Inzwischen investiere sie so rund 20 ehrenamtliche Wochenstunden. „Aber mit dem zunehmenden Gefühl, dass mir das alles auch vor dem Hintergrund der offenen Finanzierung über den Kopf zu wachsen droht.“ Denn die Nöte und traumatischen Erlebnisse der von sexualisierter Gewalt betroffenen Personen, die den Weg zur ihr – viele über Mundpropaganda – gefunden haben und finden, kämen als eine weitere Belastung hinzu. „Schließlich schüttelt man diese oft tiefschürfenden Gespräche nicht einfach so ab und ich gehe auf jedes Gespräch ein. Weil ich weiß, wovon die Betroffenen sprechen, außerdem gehe ich nicht auf das Erlebte ein, sondern biete eine Möglichkeit oder Unterstützung, im Alltag einen Weg zu finden, wieder langsam Struktur aufzubauen oder zu erhalten.“ Dies in Gruppen oder Einzelangeboten. Für Traumatherapie sei sie dagegen nicht zuständig, dafür gebe es Psychologen und andere Fachstellen.
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Der Treffpunkt „Wohlbefinden“, erklärt Tatjana Michael, sei damit eine Einrichtung, die von sexualisierter Gewalt betroffene Frauen, Jugendliche und Angehörige auffange. „Dabei handelt es sich um Frauen, die ihre Therapie beendet, aber weiteren Gesprächsbedarf haben, und um Opfer, die gerade sexualisierte Gewalt erfahren haben und nicht wissen, an wen sie sich wenden sollen.“ Diesen Menschen stehe sie unter anderem beratend und als geduldige, vertrauensvolle Gesprächspartnerin zur Seite, leiste Aufklärung über die entsprechenden Hilfsangebote und vermittele sie weiter. „Zum Beispiel an die Arnsberger Frauenberatung.“
Interessant: In jüngster Zeit, sagt die 44-Jährige, würden sich auch vermehrt Schulen aus dem gesamten Hochsauerlandkreis bei ihr melden. „Um zu fragen, wie sie mit derartigen Fällen umgehen sollen bzw. welche Präventionsmöglichkeiten es gibt.“ Zudem werde sie immer häufiger von Schulen eingeladen, um vor Schülerinnen und Schülern über das Problemfeld „Sexuelle Gewalt“ aufzuklären.
„Dabei geht es um Sensibilisierung für das Thema und um Prävention, was dann auch später in das Präventionskonzept der Schulen und anderer Institutionen fließen kann. Da werden mitunter aus nur einer dafür vorgesehenen Schulstunde plötzlich drei. Und im Nachklang melden sich auch manchmal Opfer.“ Diese Gespräche seien für die Schüler sehr intensiv, „weil ich selbst sexualisierte Gewalt erfahren habe und daher weiß, wovon ich rede“.
Suche nach einer Alternative
Tatjana Michael betreut aber auch – in Zusammenarbeit unter anderem mit der AKIS und deren Soester Pendant KISS - entsprechende Selbsthilfegruppen in Arnsberg und in Soest. Gruppen für Betroffene und auch Angehörige. Die Begleitung von Jugendlichen sei allerdings nur möglich mit Einverständnis der Eltern. Und diese Arbeit würde Tatjana Michael, die auch eine Ausbildung zur psychologischen Beraterin absolviert hat, gerne fortsetzen. „Aber dafür muss ich bezahlbare und angemessene Räumlichkeiten finden.“
Und warum geht das nicht bei der AKIS im Bürgerzentrum Bahnhof Arnsberg oder im E-Zentrum in Hüsten? „Die Treffen finden immer abends statt, weil viele der Betroffenen berufstätig sind. Und in der Dunkelheit fühlen sich viele im Bahnhofsbereich und in Hüsten unwohl.“
Findet sich keine Lösung, den Treffpunkt „Wohlbefinden“ zu erhalten, dann müsse sie leider die Reißleine ziehen. „Eine andere Option bleibt da nicht, so schwer mir das auch fallen würde. Dann werde ich ehrenamtlich nur noch die Selbsthilfegruppen betreuen können.“
Die Gruppen und beratenden Angebote finden in Arnsberg auf der Rumbecker Straße statt. Kontakt: 0152-25482358. Info auf www.tatjana-michael.de