Neheim. Werner Schlinkert blickt zurück auf seine Vorstandsarbeit in der Arnsberger Wohnungsgenossenschaftr – ganz fertig ist er noch nicht

Man könnte meinen, der Mann ist in seiner Rolle immer ganz weit weg: Ein Vorstand und Architekt einer Wohnungsbaugenossenschaft mit rund 1300 vermieteten Wohneinheiten, in der rund 3200 Menschen leben, könnte den Blick auf die Basis schnell verlieren. Das aber ist und war nie Werner Schlinkerts Ding. „Mit war immer klar, dass es in meinem Job nicht nur um den Umgang mit Steinen, sondern vor allem mit Seelen geht“, sagt er. Am Freitag wird er nach mehr als 40 Jahren bei der Arnsberger Wohnungsgenossenschaft AWG – davon 22 Jahre als Vorstand – offiziell in den Ruhestand verabschiedet.

So wurde das Projekt in 2020 vorgestellt>>>

Ganz? Nein. „Hier bin ich noch nicht ganz fertig“, sagt Schlinkert. Zum Gespräch mit unserer Zeitung sitzt er in der Bäckerei im Neubau der AWG am Müggenberg. Dort, wo der Wandel des Genossenschaftswesens so gut abzulesen ist, wie an keiner anderen Stelle der Stadt. „Im Projekt Wohnen und Leben am Müggenberg haben wir alle guten Ideen früherer Projekte vereint“, erzählt der 68-jährige Mescheder. Nahversorgung, Gruppenräume als Treffpunkte, Nachbarschaftsinitiativen, Kinderbetreuung im Quartier und Alten-Wohngemeinschaften mit Pflegebegleitung. „Jetzt fehlt eigentlich nur noch ein Raum, dass die Menschen hier auch arbeiten können“, so Schlinkert. Es sei immer sein „Steckenpferd gewesen, mehr zu schaffen als nur Wohnraum“.

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Für den studierten Architekten ist das Projekt am Müggenberg eine Art krönendes Finale seiner beruflichen Laufbahn. Einst waren hier rund 240 Wohnungen in rund 20 Gebäuden, die nicht mehr sinnvoll zu sanieren waren. Die AWG entschied sich für Abriss und Neubau. 114 Wohnungen sind bereits fertig, 43 weitere sind im Bau. Am Ende sollen es 300 Wohneinheiten sein. Werner Schlinkert wird als Projektbegleiter weiter bei der AWG tätig bleiben.

Mieter müssen Genossen sein

Werner Schlinkert hat drei Kinder und vier Enkelkinder und lebt in Meschede.

Sein Nachfolger im Vorstand ist bereits berufen: Sebastian Eickel aus Herdringen tritt mit an die Spitze der Arnsberger Wohnungsgenossenschaft.

Mieter bei der AWG müssen Mitglieder sein. Wer eine Wohnung mieten will, muss mindestens zwei Genossenschaftsanteile a 410 Euro einlegen.

45 Prozent der AWG-Wohnflächen sind aus öffentlich geförderten Wohnungsbau mit Mietpreisdeckelung. Aktuell ist in Neheim der Nachfragedruck am größten. Bei den Neubauten herrscht Vollvermietung bei der AWG. Insgesamt stehen 3 Prozent der Wohnungen gewollt für Sanierungen leer.

Was am Müggenberg entsteht, spiegelt die berufliche Philosophie des langjährigen AWG-Vorstandsmitglied wider. „Wer bei uns wohnt ist nicht nur Mieter, sondern Mitglied der Genossenschaft“, erklärt er. Ihn habe immer gereizt, dass „man bei allen Maßnahmen Fingerspitzengefühl haben muss, um die Leute mitzunehmen“. Und er wiederholt immer wieder: „Nicht nur Mauern und ein Dach über dem Kopf braucht der Mensch. Neben meinen technischen Aufgaben lagen mir immer die Bewohner besonders am Herzen.“

Das Arbeiten in einer Genossenschaft – ein Modell, das zwischenzeitlich unter einem Imageverlust litt und mit vielen Leerständen zu kämpfen hatte – war dafür der perfekte Ort. „In einer Genossenschaft geht es nicht darum, Geld zu verdienen“, sagt er, „diese Idee muss man leben“, betont Werner Schlinkert. Renditen werden in einer Genossenschaft nicht erwirtschaftet, alles fließe zurück in die Immobilien. Pro vermietetem Quadratmeter werden pro Jahr 14 Euro als Investitionsrücklage für Sanierungen, Verbesserungen und Reperaturen zur Seite gelegt.

Werner Schlinkert erlebte das gesamte Auf und Ab der Arnsberger Wohnungsgenossenschaft, seit er 1981 nach seinem Fachhochschulabschluss Architektur in Hagen und mehreren Tätigkeiten bei Architekten bei der AWG gelandet war. Er erlebte „schmerzliche Zeiten“, als große Wohnungsbestände in Arnsberg-Gierskämpen und Sundern veräußert werden mussten. Er erlebte die Beschränkung auf eine Vermietungsgenossenschaft, ehe sich ab 2007 wieder mit Neubautätigkeiten befasst werden konnte. Und er stemmte große Projekte wie die Modernisierung des Wohnquartiers in Hüsten, die Gründung erster Wohngemeinschaften für Menschen mit Hilfebedarf in Arnsberg, die sogar international für Aufmerksamkeit sorgten, initiierte Tagespflegeeinrichtungen, betreutes Wohnen für psychisch labile Menschen und Kindertagespflege-Räume.

Wohnen ist wie das Leben. Werner Schlinkert schuf dafür immer den nötigen Raum...