Arnsberg. Jochem Ottersbach sieht großes touristisches Potenzial in dieser Wiege der frühen Industrialisierung Arnsbergs.

Beim ersten Blick macht es einen heruntergekommenen Eindruck, beim zweiten Blick übt es eine spannende Faszination aus: das Arnsberger Mühlenviertel zwischen Mühlenstraße und Ruhr.

Dieser Faszination ist auch Heimatfreund Jochem Ottersbach erlegen. Und Ottersbach hat konkrete Vorstellungen entwickelt, wie man das weitgehend der Vergessenheit ausgelieferte kleine Areal zu neuer Bedeutung führen könnte - durch Umwandlung in eine „Museumsinsel“.

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„Das Mühlenviertel ist die Wiege der frühen Industrialisierung Arnsbergs“

Im Vordergrund das vVerfall bedrohte Hasenclever-Geburtshaus, links daneben das noch aktive Kraftwerk.
Im Vordergrund das vVerfall bedrohte Hasenclever-Geburtshaus, links daneben das noch aktive Kraftwerk. © Jochem Ottersbach | Jochem Ottersbach

Christoph Hasenclever gründete 1925 eine Lohmühle

Einige Fakten zum Mühlenviertel:

1825 gründete der Lohgerber Johann Christoph Hasenclever im Süden der „Insel“ an der Stelle einer bereits vorhandenen Perlgraupenmühle eine Lohmühle zum Mahlen von Lohe für das Gerben von Häuten.

Kurz vor der Jägerbrücke verstecken sich, romantisch zugewachsen, die Ruinen einer dreigeschossigen, um 1840 errichteten Knochenmühle.

Als diese später in den Besitz der Familie Schennen kam, wurde sie ebenfalls zur Lohmühle.

Die Familie Schennen übrigens betrieb direkt gegenüber an der heutigen Mühlenstraße auch eine Gerberei.

Dieses Gerberei-Gebäude, inzwischen originalgetreu restauriert, beherbergt heute die Gaststätte „Mühlenbräu“.

„Denn dieses Areal hat mich sofort angepackt, als ich es im Rahmen einer Stadtführung erstmals bewusst wahrgenommen habe,“ erklärt Ottersbach diese Liebe auf den zweiten Blick. Denn die Bedeutung, die dieser kleine, aber historisch wichtige Teil Arnsbergs besitzt, ist für Ottersbach unumstritten.

„Schließlich ist das Mühlenviertel,“ haben seine akribischen Recherchen ergeben, „die Wiege der frühen Industrialisierung Arnsbergs. Was aber vielen Menschen völlig unbekannt ist.“ Und ganz nebenbei steht dort auch das dem Verfall preisgegebene Geburtshaus Wilhelm Hasenclevers, Mitbegründer der SPD und einst streitbarer Abgeordneter im Reichstag.

Jochem Ottersbach: „Allein der Name Mühlenviertel macht neugierig“

Das Hasenclever-Geburtshaus scheint zunehmend zu verfallen.
Das Hasenclever-Geburtshaus scheint zunehmend zu verfallen. © Wolfgang Becker | Wolfgang Becker

Um sich selbst einmal einen genauen Überblick über das Mühlenviertel zu verschaffen, hat sich der aus Köln stammende und inzwischen seit langer Zeit in Arnsberg fest verwurzelte Jochem Ottersbach zunächst darangesetzt, die Strukturen dieses Areal zu erfassen.

„Weil schon allein der Name Mühlenviertel, das durch den vor deutlich über 300 Jahren angelegten Mühlengraben praktisch zu einer Insel wurde, sehr neugierig macht.“

Und das Ergebnis der Recherchen unterstreicht ganz klar die große Bedeutung dieses Viertels für die industrielle Entwicklung Arnsbergs. Zunächst angetrieben durch die Wasserkraft des Mühlengrabens, die auch die 1882 gegründete Cosacksche Papierfabrik an der Hüstener Straße kräftig am Laufen hielt. Und später dann – ab Ende des 19. Jahrhunderts – vollzog sich auch auf der Mühleninsel der Wandel weg von der direkten Nutzung der Wasserkraft hin zur Produktion von Strom durch wassergetriebene Turbinen.

Die Ressourcen für eine Museumsinsel sind vorhanden

„Heute sind ein noch in Betrieb befindliches Kraftwerk, das Hasenclever-Haus und der Backsteinbau der Schennen-Mühle die trostlosen Relikte eines immer mehr in Vergessenheit geratenen handwerklichen und frühindustriellen Fleißes im Mühlenviertel. Dieses wichtige Potenzial mit ,reger Vielfalt’ könnte zum Beispiel in musealer Form wiederbelebt und als ,Arnsberger Museumsinsel’ ein zusätzlicher touristischer Anziehungspunkt der Stadt werden.“

Die Ressourcen dafür jedenfalls, sagt Jochem Ottersbach, seien vorhanden, aber vor allem „ein Denkmalschutz für diese Relikte wäre dabei sehr hilfreich“.

Das Hasenclever-Haus als vielseitiges Museum?

Die alte Schennen-Mühle direkt am Mühlengraben.
Die alte Schennen-Mühle direkt am Mühlengraben. © Jochem Ottersbach | Jochem Ottersbach

Ottersbach hat für die museale Aufarbeitung auch klare Vorstellungen:

Das Hasenclever-Haus könnte als museale Einrichtung die Geschichte der frühen Arnsberger Industriellen-Familien, des bekannten Politikers Wilhelm Hasenclever und die gesamte Geschichte des Mühlenviertels aufzeigen. „Material dafür gibt es genug.“ Immerhin trage das Viertel diesen Namen auch zurecht, seien hier doch im Verlauf der Geschichte viele verschiedene Mühlen betrieben worden.

„Und wenn man weiter träumt, könnte man das unbedingt erhaltenswerte Schennen-Haus restaurieren und dort ein Kommunikationsmuseum mit der Computer-Sammlung Schmidtke und dem enormen Fotofundus des verstorbenen Arnsbergers Karl-Jochem Schulte einrichten.“ Versehen auch mit einem Ausstellungsraum für Fotografen und für das Vorführen der beliebten Heimatbund-„Filmschätzchen“.

„Ein Café oder Biergarten nach dem Vorbild des R-Cafés in Neheim wäre möglich“

Das Arnsberger Mühlenviertel.
Das Arnsberger Mühlenviertel. © Ines Tomas | Ines Tomas

Zudem bestehe sicher auch die Möglichkeit, dort - vielleicht in Zusammenarbeit mit dem unmittelbar benachbarten „Arnsberger Mühlenbräu“ - ein Café oder Biergarten einzurichten.

„Zum Beispiel nach Vorbild des Neheimer R-Cafés als Anziehungspunkt auch für die Nutzer des Ruhrtalradwegs, der unmittelbar an der Mühleninsel verläuft.“

Mit der Schaffung einer solchen Museumsinsel, ist Heimatforscher Jochem Ottersbach überzeugt, würde zugleich das „vierte Blatt eines Kleeblattes aus Klosterviertel, Preußenviertel und Altstadt entstehen. Ein ausgezeichnetes Potenzial zur touristischen Vermarktung. Man muss es nur angehen.“ Und das Viertel wachküssen. Wie einst Dornröschen.

Die Stadt sieht keine Chance für eine Eintragung des Hasenclever-Hauses als Denkmal

Allerdings befinde sich das Areals nahezu komplett in Privatbesitz, was entsprechendes Entgegenkommen beziehungsweise eine Lösungsfindung erfordern würde. Dazu zählt auch das Hasenclever-Geburtshaus, das laut Stadt nicht als Denkmal eingetragen ist. „Entsprechend hat die Stadt keine rechtliche Handhabe,“ erklärt Verwaltungssprecherin Ramona Eifert, „beim Eigentümer laut Denkmalrecht eine Sanierung einfordern zu können.“

Die Erfolgsaussicht für die Aufnahme des Gebäudes in die Denkmalliste schätzt die Stadt Arnsberg langfristig als eher gering ein. „Mögliche Entwicklungen des Gebäudes liegen daher aktuell allein in der Verantwortung des Eigentümers.“