Sundern. Das Sunderland Hotel führt die Vier-Tage-Woche ein. Damit sollen Fachkräfte angeworben werden. Der Plan klingt fair, doch wird er funktionieren?

Im Sunderland Hotel startet eine Art Pilotprojekt für das hiesige Hotel- und Gastgewerbe: Im Laufe des Jahres – voraussichtlich im Spätsommer – führt die Halbersbacher Hotelgruppe für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter flächendeckend die Vier-Tage-Woche ein. Das erklärte Dominik Hübler, „Cluster Manager“ des Unternehmens, dieser Redaktion.

Mit dem neuen Arbeitsmodell will das Unternehmen den Fokus auf das Wohlbefinden der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter setzen, heißt es in einer Mitteilung dazu. Außerdem soll dadurch die Attraktivität des Berufsfeld in der Hotellerie gestärkt und neue Fachkräfte angeworben werden.

Konkret sieht es so aus: Künftig reduzieren alle Angestellten im Sunderland Hotel ihre Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich auf vier Tage pro Woche. Statt 40 Stunden sind sie künftig 36 Stunden wöchentlich im Schichtdienst tätig.

Kommentar zur Vier-Tage-Woche im Sunderland Hotel:Ambitioniert, aber alternativlos.

Das heißt: Die Arbeitsdauer pro Tag wird anteilig auf neun Stunden erhöht und parallel dazu erlässt das Unternehmen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zehn Prozent ihrer wöchentlichen Arbeitszeit und reduziert diese um insgesamt vier Stunden. Der Verdienst soll dabei unverändert bleiben. Daraus folgt dann ein zusätzlicher, dritter Wochentag, den die Angestellten zur freien Verfügung haben. Im Laufe des Jahrs soll dieses Modell in allen Abteilungen des Sunderland Hotels umgesetzt werden.

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Mit diesem Konzept möchte man ein Zeichen gegen den negativen Trend beim Fachkräftemangel im Hotel- und Gastgewerbe setzen, bekräftigt Dominik Hübler. Dem „Cluster Manager“ sei durchaus bewusst, dass die Arbeit in der Hotellerie ein anstrengender Job sei.

Dominik Hübler, Cluster Manager Sunderland Hotel, Halbersbacher Hotelgruppe.
Dominik Hübler, Cluster Manager Sunderland Hotel, Halbersbacher Hotelgruppe. © Public Cologne | Public Cologne

Mit der Einführung der Vier-Tage-Woche möchte man „Wertschätzung und Respekt für die Arbeit unserer Teams“ demonstrieren, erklärt er. Dabei sollen auch die Arbeitsbedingungen mit Blick auf eine angemessene Work-Life-Balance angepasst werden.

Vier-Tage-Woche im Sunderland Hotel: So reagiert die NGG auf den Plan

Kann das Modell als Vorbild für die gesamte Branche in der Region dienen? Isabell Mura, Geschäftsführerin der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) für die Region Südwestfalen, zeigt sich dem Konzept durchaus aufgeschlossen: „Mit Blick auf den versprochenen vollen Lohnausgleich ist das vom Grundgedanken her ein positiver Ansatz“, sagt sie auf Anfrage dieser Redaktion.

Isabell Mura, Geschäftsführerin der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) für die Region Südwestfalen.
Isabell Mura, Geschäftsführerin der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) für die Region Südwestfalen. © NGG Südwestfalen | NGG

Dennoch müsse man abwarten, ob die Ideen auch in der Praxis umsetzbar sind. Sorgen bereitet ihr unter anderem der drastische Personalmangel im Gastgewerbe. „Ich befürchte, dass es dann in der Realität doch zulasten der Beschäftigten geht“, betont sie. Für problematisch hält sie auch, dass der Anteil an Teilzeitbeschäftigten und Mini-Jobber im Hotel- und Gastgewerbe im Vergleich zu anderen Branchen sehr hoch sei.

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Derzeit arbeiten 13 Angestellte im Sunderland Hotel. Alle sollen – unabhängig von ihrem Beschäftigungsverhältnis – von der Vier-Tage-Woche profitieren, erklärt Dominik Hübler von der Halbersbacher Hotelgruppe. Die Arbeitsbelastung soll nicht erhöht werden, versichert er. Aus diesem Grund möchte man die jeweiligen Abteilungen personell aufstocken. Die Gesamtzahl können auf bis zu 20 Beschäftige insgesamt wachsen.

Fachkräftemangel im Hotel- und Gastgewerbe: Wertewandel angestrebt

Bis zum Start im Sommer sollen noch vier neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angestellt werden. Einen neuen Koch habe man bereits mit dem Anreiz einer Vier-Tage-Woche überzeugen können. „Die Kolleginnen und Kollegen blicken dem Start der neuen Regelung positiv entgegen“, so Dominik Hübler weiter. Er sei zuversichtlich, passendes Personal vor dem Start des neuen Arbeitsmodells zu finden. „Wir führen bereits einige Vorstellungsgespräche.“ Den Schritt zur Vier-Tage-Woche habe man lange vorbereitet. Schließlich sei die umfassende Umstrukturierung sämtlicher Schichtpläne hin zu einer komplett neuen Einsatzplanung ein aufwendiger Prozess, heißt es dazu von der Halbersbacher Hotelgruppe.

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Doch folgen dann „Überstunden durch die Hintertür“? Isabell Mura von der Gewerkschaft NGG sieht hier generell eine potenzielle Gefahr für die Angestellten in der Hotelbranche und Gastronomie. Vom Gesetzgeber her seien bis zu zehn Stunden Arbeitszeit zulässig, jedoch nur in Ausnahmefällen. Aufgrund des vollen Lohnausgleichs sei das geplante Arbeitsmodell von der Halbersbacher Hotelgruppe auch mit dem Tarifvertrag vereinbar. „Aber neun Stunden Arbeit pro Tag sind immer noch viel“, sagt sie.

Außerdem könne es immer sein, dass sich der Feierabend unerwartet hinauszögere. Blieben die Hotelgäste beispielsweise länger am Buffet sitzen, könne das Servicepersonal auch nicht einfach nach Hause.

Wie das Konzept in der Praxis umgesetzt wird, bleibt demnach abzuwarten. Für Dominik Hübler ist die Zielsetzung indes klar: Mit der Entscheidung für eine Vier-Tage-Woche möchte man das Wohlbefinden der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stärker in den Fokus rücken sowie einen Beitrag zur Fachkräftesicherung und dem aktuellen Wertewandel in der Branche leisten.