Zum Neheimer „Spaziergang“ macht sich Redaktionsleiter Martin Haselhorst Gedanken. Mehrheit sieht er auf anderen Wegen - denen der Verantwortung.

Jetzt spazieren sie auch in Neheim. Wiederholt kamen montags Menschen zusammen, um mit einem „Spaziergang“ vom Markt aus eine Runde durch die Stadt zu drehen und so gegen Coronamaßnahmen zu protestieren. 270 Personen sollen es nach Polizei-Angaben zuletzt gewesen sein.

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Der Tross bewegt sich im rechtlich schwer greifbaren Raum. Die zuletzt nicht angemeldeten Proteste verkaufen sich eben nicht als zu Corona-Zeiten unter Auflagen stehende Versammlungen, sondern als „Spaziergang“ vieler Menschen. De facto aber ist es ein Demonstrationszug. Die Polizei begleitet, greift nicht ein, was die vermeintlichen Organisatoren in Liveübertragungen auf You-Tube- und Telegram-Kanälen in ihren Kommentaren zuweilen als Zustimmung interpretieren wollen. Eher wohl will die Polizei aber nichts eskalieren lassen, was ruhig verläuft. Die meisten Teilnehmer des „Spaziergangs“ tragen keine Maske. Muss man auch nicht beim „Spaziergang“. Dennoch ist das wohl ein bewusstes Zeichen der Ablehnung der Corona-Maßnahmen.

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Wir werden auch das ertragen müssen, weil wir Kritik an den Maßnahmen nicht ausblenden wollen. Erschreckend aber ist die Kommunikation, die in Querdenker- Blasen, Telegram-Kanälen und in einer sich selbst dazu erklärten „Freien Presse“ gesteuert wird. Hier wird nicht offen diskutiert, hier werden nicht Positionen zu Corona aufklärend gegenüber gestellt, sondern hier wird scharf manipuliert. Auf aggressives Auftreten soll bei den Spaziergängen verzichtet werden, so wird gesagt, weil die „bürgerliche Mitte“ mitgenommen werden soll. An anderer Stelle aber wird mit martialischen Videos und Stilmitteln der rechten Szene gegen Impfkampagnen und Coronamaßnahmen aufgestachelt, von Freiheit gefaselt und das Recht auf das bessere Wissen zum Virus beansprucht. Und immer wird erklärt, dass man ja das unterdrückte Sprachrohr der eigentlichen Mehrheit der Bürger sei.

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Ja, auch ich verzweifele an der Pandemie, bin oft von der Politik enttäuscht und wünschte mir, alles wäre vorbei. Dann müsste ich nicht täglich so viel nachdenken und Verantwortung übernehmen für das, was in der jeweiligen Lage das Richtige ist. Das nämlich ist doch das, was die Mehrheit in unserer Gesellschaft wirklich tut.

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Sie übernimmt solidarisch Verantwortung für die Gesundheit des Nächsten. Sie geht auf Nummer sicher, wenn Gefahr droht oder sich eine neue, noch nicht komplett absehbare anbahnt. Sie sieht in Testungen und Impfungen keine Nötigung, sondern trotz aller Rückschläge die Chance, gemeinsam die Pandemie zu bekämpfen. Und sie arbeitet im kritischen Dialog an Lösungen, wie – und mit welchen Maßnahmen und Regeln – wir mit dem Virus privat, in Freizeit und wirtschaftlich leben und verantwortbare Wege zurück in die Normalität finden können. Das ist die stille Mehrheit, das sind wir und das ist die Kraft, die die Corona-Krise in den Griff bekommen kann. Für einen gemeinsamen Spaziergang sind wir viel zu viele...