Arnsberg. Immer mehr Menschen im HSK kaufen online ein. Die Corona-Pandemie war ein „Digitalisierungstreiber“. Dabei gibt es Gewinner und Verlierer.
Nicht einmal zwei Jahre ist es her, dass Sonia Leesberg noch hauptberuflich als Krankenpflegerin in Dortmund gearbeitet hat. Sie stellte Medikamente für die Patienten zusammen, versorgte Wunden oder überprüfte Blutdruck und Puls. Heute hat sich ihr Arbeitsalltag komplett gewandelt.
In diesen Tagen steht sie täglich im Kleidungsgeschäft „GL – Die Mode“ in der Neheimer Apothekerstraße und prüft, ob neue Bestellungen im Onlineshop eingegangen sind. Sie unterstützt dabei ihren Mann Volker Leesberg, der das Familiengeschäft mit 30 Jahre alter Tradition als Inhaber führt. „Der Onlineshop ist sehr zeitaufwendig, und man kann sich ja nicht aufteilen“, sagt sie im Gespräch.
„GL – Die Mode“ ist eines von vielen inhabergeführten Geschäften in Arnsberg und Sundern, das mit Beginn der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 einen eigenen Onlineshop aufgebaut hat. Politische Maßnahmen wie 2G-Regeln, teilweise Zugangsbeschränkungen oder sogar die komplette Schließung der Geschäftsräume können rückblickend als „Digitalisierungsantreiber“ für den Einzelhandel bewertet werden.
Nach anfänglichen Systemherausforderungen, das analoge und digitale Warenwirtschaftssystem miteinander zu verknüpfen, starteten Volker und Sonia Leesberg im Mai 2020 schließlich den Onlineshop für das Neheimer Modegeschäft. Mittlerweile haben sie mehr als 1600 Positionen (Kleidungstücke und Schuhe für Damen und Herren) ins Netz gestellt. Damit erzielen sie etwa zehn Prozent des Umsatzes.
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Dass ein digitaler Vertrieb für lokale Geschäfte immer wichtiger wird, verdeutlicht eine Auswertung der IHK Arnsberg, Hellweg-Sauerland zur durchschnittlichen Einzelhandelsrelevanten Kaufkraft der Bürgerinnen und Bürger aus dem Hochsauerlandkreis und dem Kreis Soest. Die Daten, die von der „Michael Bauer Research GmbH“ für das Jahr 2021 erhoben wurden und auf Informationen des Statistisches Bundesamtes basieren, geben an, wie viel Geld die Menschen im Schnitt pro Kopf für den Einzelhandel ausgegeben haben. Von den 6651 Euro Kaufkraft für den Einzelhandel, wurden nach Angaben von MB Research 16,4 Prozent im Onlinehandel ausgegeben. Tendenz steigend.
Das Dilemma dabei ist jedoch: Die Kaufkraft in der Region ist hoch, aber durch den Onlinehandel fließt viel Geld davon auch aus den Kommunen heraus, beispielsweise für die Angebote des Internetriesen Amazon. „Der Online-Anteil an der Einzelhandelsrelevanten Kaufkraft ist schon hoch und wird weiter steigen“, erklärt Stephan Britten, Handelsreferent der IHK Arnsberg, Hellweg-Sauerland, im Gespräch mit dieser Redaktion. „Die Frage muss nun lauten: Wie viel von dem gesamten Kuchenstück können wir in der Region halten?“
IHK Arnsberg: Online-Anteil bei der Einzelhandelsrelevanten Kaufkraft wächst
Ein Blick auf einzelne Branchen zeigt eine deutliche Entwicklung (siehe Grafik). Im Bereich Damenmode hat fast jede zweite Person (47,7 Prozent) aus der Umgebung nach Angaben der IHK und dem MB Research in diesem Jahr online eingekauft. Bei Herrenmode liegt der Wert bei rund 39,2 Prozent. Wenig überraschend aber besonders deutlich wird es im Bereich „Bild- und Tonträger“. Hier liegt der Online-Anteil bei 84,7 Prozent. Streaming-Dienste können hier ihre Vormachtstellung unterstreichen.
„Wir dürfen uns nichts vormachen“, sagt Stephan Britten, „lokale Läden müssen verstärkt online sichtbar werden“. Branchen wie Mode, Elektronik oder Spielwaren haben bereits jetzt schon einen hohen Anteil an Onlinehandel. Fahrradgeschäfte oder Anbieter von „Do-it-yourself“-Produkten haben von der Corona-Pandemie profitiert. Die „Königsdisziplin“ sei es, vor allem die Stammkunden digital zu erreichen und sie mit Angeboten wie „Click und Collect“ in das Geschäft zu locken.
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Ähnlich sieht es auch Sonia Leesberg vom Modegeschäft „GL“ in Neheim: „Der Onlineshop funktioniert bei uns auch wie ein digitales Schaufenster. Die Kunden gucken vorher im Sortiment im Internet, kommen dann gezielt in den Laden und wollen das Hemd oder die Hose anprobieren.“
Onlinehandel im Sauerland: Einige Branchen zögern noch
Laut der jüngsten Konjunkturbefragung der IHK Arnsberg, Hellweg-Sauerland haben bereits etwa ein Drittel der 100 befragten Unternehmen einen eigenen Onlineshop oder nutzten digitale Vertriebswege. Nicht darunter ist das Neheimer Geschäft „Humpert – Grün erleben“ (Grünes Warenhaus). Junior-Chef Ulrich Schulte bestätigt im Gespräch, dass er aufgrund fehlender Erfolgsbeispiele bei Gartencentern mit einem Onlineshop zunächst auf einen digitalen Vertriebsweg verzichten möchte.
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Ihm sei der Aufwand bislang einfach zu hoch, und es sei schwierig, organische Ware wie Pflanzen und Blumen online zu verkaufen. „Ein Bekannter von mir hat sich vor ein paar Jahren mal einen Weihnachtsbaum online gekauft“, erzählt Ulrich Schulte eine private Anekdote, „der hatte Weihnachten keine Nadeln mehr.“
Er hofft indes auf lokale oder branchenspezifische Bündnisse und Plattformen, in denen man sich zusammenschließen und austauschen kann – auch, um nicht zu sehr in die Abhängigkeit von großen Anbietern zu rutschen. Denn um langfristig den stationären Einzelhandel in den Innenstädten abzusichern, müssen die lokalen Geschäfte vor Ort auch online verstärkt sichtbar werden.