Oeventrop. Die Folgen des Klimawandels stellen die Waldwirtschaft vor enorme und vielschichtige Probleme. Auch die Bürokratie ist oft zu kompliziert.

Der Klimawandel mit der Plage Borkenkäfer im Gepäck trifft auch die heimischen Waldbauern mit voller Wucht. Existenzen droht die Vernichtung, dem über Generationen angelegten nachhaltigen Wirtschaften im Wald das Aus.

Wie damit umgehen, ist doch der Wald, Bereich Holz, größter Arbeitgeber noch vor der Autoindustrie, bedeutender Wirtschaftsfaktor und Erholungsort zugleich?

Christoph Kraas: „Da bricht gerade etwas für Generationen weg“

Denn ungeschoren davon kommt niemand. „Fast alle kleinen und großen Waldbesitzer sind betroffen,“ bringt es der Oeventroper Forstwirtschaftsmeister Christoph Kraas auf den Punkt. „Da bricht gerade etwas für Generationen weg. Schließlich müssen die reinen Forstwirtschaftlichen Betriebe vom Wald leben.“ Und das sollten auch eigentlich die Nachkommen.

Doch um die Auswirkungen von Klimawandel und Borkenkäferplage zu überstehen, sagt Kraas, gehöre so manches dringend auf den Prüfstand. Wie manche Details aus den Richtlinien zur Wiederaufforstung. „Weil einiges die Pflege und die spätere Ernte der Bäume sehr schwierig macht.“

Deshalb ist es für ihn und seinen Vater Engelhardt zwingend erforderlich, die Entscheidung über das Wie des Neupflanzens den Waldbauern zu überlassen. „Denn wir haben da praktische Erfahrungen und außerdem haben wir nicht nur Fichten gepflanzt.“

Ein akuter Fachkräftemangel erschwert die Situation zusätzlich

Christoph und Engelhardt Kraas oberhalb des Oeventroper Forstweges - im Hintergrund Käferholz und Kahlschlag.
Christoph und Engelhardt Kraas oberhalb des Oeventroper Forstweges - im Hintergrund Käferholz und Kahlschlag. © Wolfgang Becker | Wolfgang Becker

Erschwert würde die aktuelle Situation zudem durch einen akuten Fachkräftemangel – „gerade für die Neuanpflanzungen“. So hätten es die Hersteller der Forstmaschinen versäumt, rechtzeitig bezahlbare und effektive Pflanzaggregate zu entwickeln.

„Und die fehlen jetzt und wir Waldbauern müssen mit Manpower dagegenhalten,“ sagt Engelhardt Kraas.

Manpower, das heißt für das Forstunternehmen „Engelhard Kraas und Sohn“: Der Vater, inzwischen 69 Jahre alt, und der Sohn stemmen den gesamten Betrieb allein mit mehreren Subunternehmern.

„Denn unsere zwei festangestellten Kräfte haben nicht mehr an den Wald als Arbeitsplatz geglaubt und sich leider anderweitig orientiert. Aber bislang haben wir auch dank der Erfahrung meines Vaters die Situation einigermaßen im Griff.“

Die für die Wiederaufforstung zugelassenen Baumarten sind kaum zu bekommen

Nicht die einzigen Probleme, die unentwegt auf die heimischen Waldbesitzer einprasseln würden. So sei es derzeit kaum möglich, die für die Wiederaufforstung der Borkenkäfer-Flächen erforderlichen behördlich zugelassenen Baumarten zubekommen. „Der Markt ist praktisch, wie in einigen Handwerkssparten, relativ leer gefegt.“

„Mehr als die Hälfte der neu gepflanzten Bäume ist schon wieder kaputt“

Das alteingesessene Oeventroper Forstunternehmen - das Fällen der kranken Bäume wird sich noch eine Weile hinziehen - hat übrigens bereits im Herbst 2020 und im Frühjahr 2021 mit ersten Wiederaufforstungen begonnen. Rund 60.000 Bäume der zugelassenen Arten wurde in die Erde gebracht.

Mit geringem Erfolg: „Mehr als die Hälfte ist schon wieder kaputt.“ Die Ursachen dafür: der noch immer deutlich zu trockene Waldboden, der Schädling Rüsselkäfer, der sich jetzt ebenfalls noch breit mache, und der mangelnde Sonnenschutz durch hohe Bäume und Gebüsch hätten vielen der angepflanzten Bäumchen den Garaus gemacht.

Weil keine Rückzugsräume mehr da sind, nimmt der Wildverbiss zu

Und hinzu komme: „Das Wild hat kaum noch Rückzugsräume und Nahrungsquellen und hält sich daher an die Jungpflanzen.“ Wer diesen Verbiss verhindern wolle, müsse aufwendig und kostenintensiv Gatter errichten und das Wild entsprechend bejagen. „So kämpfen wir Waldbauern im Grunde an allen Fronten.“

Aber Christoph Kraas verweist noch auf ein weiteres, in der Öffentlichkeit kaum diskutiertes Problem: Die Biker, die ohne Respekt und Rücksicht außerhalb der erlaubten Möglichkeiten ihre eigenen Trialstrecken quer durch die Waldflächen suchen würden.

Dies erzeuge eine weitere sogenannte Wildunruhe. „Es wäre schön, wenn hier zukünftig neue öffentliche Einrichtungen für diesen Freizeitspaß aufgesucht würden.“