Arnsberg. Bei Schwangeren, die an Corona erkranken, steigt die Gefahr eines schweren Verlaufs. Arnsberger Arzt rät zur Impfung – auch ohne Empfehlung.

Schwangere, die über eine Schutzimpfung gegen das Coronavirus nachdenken, haben es aktuell nicht einfach: Eine offizielle Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) für Schwangere und stillende Mütter steht aufgrund der derzeitigen unzureichenden Datenlage noch aus.

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Nutzen und Risiken einer Impfung gegen Covid-19 abzuwägen, fällt den Schwangeren, aber auch den Fachärzten, nicht leicht. Bereits im Mai hat sich die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe gemeinsam mit anderen Fachgesellschaften für eine priorisierte Covid-19-Impfung von schwangeren Frauen mit einem mRNA-basierten Impfstoff ausgesprochen.

Schwanger in der Corona-Pandemie: Impfen oder nicht impfen lassen?

Doch eine Umfrage bei ausgewählten Gynäkologinnen aus Arnsberg und Umgebung, die sich nicht öffentlich äußern möchten, zeigt: Bis jetzt halten sie sich strikt an die Empfehlungen der Stiko. Sie wünschen sich aber eine klare Haltung für oder gegen eine generelle Impfung von Schwangeren. Bislang empfiehlt die Stiko Schwangeren mit einer Vorerkrankung eine Schutzimpfung gegen das Virus.

Öffentlich für eine Impfung in der Schwangerschaft appelliert Dr. Norbert Peters. Der Chefarzt des Klinikums Hochsauerland und Facharzt für Frauenheilkunde sagt im Gespräch mit dieser Redaktion: „Vor dem Hintergrund der fehlenden Stiko-Empfehlung sind die betreuenden Gynäkologen daher vor allem im ersten Schwangerschaftsdrittel noch sehr zurückhaltend.“

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Dr. Norbert Peters kann sich aber auch in die Situation der Fachärzte hineinversetzen: „Stellen sie sich vor, eine Patientin ist in der zehnten Woche schwanger und lässt sich impfen. Und in der elften Woche bekommt sie eine Fehlgeburt; in der Zeit sind Fehlgeburten noch sehr häufig. Natürlich führt die Patientin die Fehlgeburt dann auf die Impfung zurück“, sagt er. Sinnvoll sei eine Corona-Impfung erst nach Abschluss der ersten drei Schwangerschaftsmonate.

Dr. Norbert Peters, Chefarzt und Facharzt für Frauenheilkunde am Klinikum Hochsauerland. Er plädiert für eine generelle Empfehlung einer Impfung für Schwangere.
Dr. Norbert Peters, Chefarzt und Facharzt für Frauenheilkunde am Klinikum Hochsauerland. Er plädiert für eine generelle Empfehlung einer Impfung für Schwangere. © fotostudio arnsberg | studiorama photography | fotostudio arnsberg

Dr. Norbert Peters selbst nimmt im Klinikum Hochsauerland keine Impfungen vor, rät aber Schwangeren eindrücklich dazu – und warnt vor Risiken einer Corona-Infektion in der Schwangerschaft: „Die Schwangerschaft an sich – und nicht etwa etwaige Vorerkrankungen – scheint ein entscheidender Risikofaktor für einen schweren Verlauf bei einer Corona-Erkrankung zu sein.“ Im Vergleich zwischen schwangeren und nicht-schwangeren Corona-Infizierten „ist das Sterberisiko bei altersentsprechender niedriger Gesamtmortalität 26-fach höher“, so der Facharzt für Frauenheilkunde.

Dabei bezieht er sich auf das „Cronos-Register“ der Deutschen Gesellschaft für Perinatale Medizin (DGPM). Sie sammelt bundesweit Zahlen: 115 registrierte Kliniken meldeten der DGPM bis Ende August (Stand 31. August) insgesamt 2846 Patientinnen, die mit Corona erkrankt sind. Bei 106 davon wurden schwere Verläufe – „Intensivstation oder schlimmer“ – beobachtet.

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Das Risiko einer Infektion hält Dr. Norbert Peters höher als das einer Impfung. „Eine Infektion mit Covid-19 in der Schwangerschaft führt signifikant häufiger zu Schwangerschaftskomplikationen. Bei Frühgeburten und einer ‘Schwangerschaftsvergiftung’ liegt das Risiko bei plus 80 Prozent und auch die Rate an Totgeburten ist erhöht“, sagt er. Bei Impfungen komme es hingegen „nicht zu mehr schwangerschaftsspezifischen Komplikationen“, so der Chefarzt weiter.

Ob man sich impfen lässt oder nicht, bleibt aber weiterhin die Entscheidung der Schwangeren. Doch Ärzte dürfen sie im Einzelfall und nach ausführlicher Aufklärung dennoch bereits jetzt impfen.