Arnsberg/Sundern. Durch Corona hat sich der Hebammen-Beruf verändert. Mira Jostes von einer Arnsberger Praxis erklärt, auf was Schwangere nun achten müssen.

Der Laptop steht auf einem Tisch im leeren Kursraum der Hebammenpraxis am Neumarkt in Arnsberg. Aufnahmebereit. An der Vorderseite klemmt eine externe Kamera. Sie ist auf die weiße Wand im hinteren Teil des Raumes gerichtet. Doch bevor Mira Jostes beginnt, muss erst alles geprüft werden. Stimmt die Höhe der Kamera? Ist das Mikrofon via Bluetooth mit dem Laptop verbunden? Startklar.

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Rückblick ins Frühjahr 2020: Aus Sorge vor einer Infektion und die damit noch unklaren Folgen für das Baby, blieben viele Schwangere zu Hause, die Nachfrage nach Präsenzkursen sank und zwischenzeitlich war der Kursbetrieb in der Praxis aufgrund von weitreichenden Hygienemaßnahmen und Kontaktverbot sogar eingestellt – nur noch Hausbesuche und Einzeltermine waren möglich.

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„Wir mussten entscheiden: Lassen wir die Frauen alleine oder bieten wir auch Online-Kurse an? Jedoch verbunden mit mehr Arbeit und Aufwand“, so Mira Jostes, die die Hebammenpraxis in Arnsberg 2016 gemeinsam mit Anna Klöckener gegründet hat. „Unser Motto war immer: Nichts ist unmöglich“, betont sie. „Die Frauen ohne Vorbereitung und mit ihren Ängsten in die Geburt zu geben, war für uns keine Option.“

Mit dieser Entscheidung hat sich die Arbeit der Hebammen in der Praxis am Neumarkt in Arnsberg schlagartig digitalisiert. Statt Gymnastikbälle wurden nun Laptop und eine professionelle Kameraausrüstung gekauft. Kurse wie unter anderem Babyschwimmen oder Yoga wurden regelmäßig per Livestream ins Netz übertragen. Via Zoom ins Wochenbett, kann das funktionieren?

Hebammenpraxis in Arnsberg: Deutschlandweite Anmeldungen für Online-Kurse

Für Mira Jostes ist die Antwort eindeutig: Ja! „Wir bieten beispielsweise einen Erste-Hilfe-Kurs an, der sechs Stunden dauert. Da hatten wir auch erst Sorge, ob das nicht zu lang ist“, sagt die Hebamme. Doch die Resonanz war super und die Hebammenpraxis aus Arnsberg erweitere das Angebot.

Und ist damit voll im Trend: Denn nicht nur Schwangere und Mütter aus dem Sauerland kontaktieren die Praxis aus Arnsberg, sondern deutschlandweit. „Aus München, Rostock oder Hannover melden sich Frauen bei unseren Kursen an“, so Mira Jostes. „Obwohl wir hier in Arnsberg doch noch eher provinziell sind, wurde wohl nicht überall in Deutschland so ein Angebot auf die Beine gestellt.“ Ein Vorteil: Denn die Arnsberger Hebamme vermutet, dass auch künftig Schwangere Videotelefonie und Online-Kurse bei der Geburtsvorbereitung oder Rückbildung voraussetzen.

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Doch wie sich die Digitalisierung langfristig auf den Beruf der Hebamme auswirken wird, kann Mira Jostes nicht sagen. „Die Anforderungen an den Beruf haben sich verändert“, sagt sie. „Die Kommunikation untereinander fällt in dem Livestream komplett weg, als Hebamme ist man Alleinunterhalterin.“ Im Vordergrund stehe aber weiterhin der direkte Austausch mit den Schwangeren und neuen Müttern. Der leide in der Corona-Pandemie besonders. „Das Korrigieren an einer Person fällt sehr schwer“, sagt die Hebamme.

Um das Miteinander trotz der schwierigen Situation aufrechtzuerhalten, bietet die Hebammenpraxis weiterhin Hausbesuche und auch wieder Kurse vor Ort in kleinen Gruppen mit maximal sechs Personen an – alles unter den bekannten Hygieneauflagen in geschlossenen Räumen und mit den drei Gs: geimpft, getestet, genesen. „Wir merken, dass wir Hebammen teilweise der einzige Kontakt außerhalb der eigenen Familie sind und unser Besuch für viele das Highlight der Woche ist“, sagt Mira Jostes.

Hebammenpraxis aus Arnsberg expandiert nach Sundern

Und dennoch muss die Hebammenpraxis aus Arnsberg bewusst freie Plätze in den Geburts- und Rückbildungskursen regulieren. Die Nachfrage lasse nicht nach. „Wir schaffen uns ein Kontingent, über das wir nicht hinausgehen“, sagt Mira Jostes. Dabei wurde das Team der fünf selbstständigen Hebammen vor kurzem erweitert. Am 1. Mai eröffneten sie einen weiteren Standort in Sundern mit drei neuen Hebammen.

Dabei erhofft sich Mira Jostes noch intensiviere Arbeit mit den Schwangeren. Damit das klappt, empfiehlt die Hebamme, sich frühzeitig zu informieren: „Frauen, die sich bewusst eine Hebammenpraxis aussuchen wollen, sollten sich unmittelbar nach einem positiven Schwangerschaftstest anmelden“, sagt sie. Wer dann einen Platz in der Hebammenpraxis am Neumarkt in Arnsberg bekommt, erhält laut Mira Jostes „das Komplettpaket“: Von Präsenzkursen bis digitaler Hilfe.