Arnsberg. Bauprojekt hinter dem Neheimer Kolpinghaus steht für Vorgabe des Handlungskonzepts der Stadtplanung in der Stadt Arnsberg

Nachverdichtung ist aus Sicht der Stadtplaner der Stadt Arnsberg der zentrale Handlungsbegriff, um neuen Wohnraum in Innenstadtbereichen und in den Dörfern zu schaffen. „Innenentwicklung hat Vorrang vor Außenentwicklung“, erklärt Thomas Vielhaber, Planungs- und Baudezernent der Stadtverwaltung Arnsberg. Er verweist dabei auch auf das von der Kommunalpolitik mitgetragene und beschlossene Handlungskonzept „Zukunft Wohnen in Arnsberg“

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Innen- vor Außenentwicklung

Die Maxime „Innen- vor Außenentwicklung“ hat mehrere Gründe. So stößt zum Beispiel die starke Wohnbauland-Nachfrage in Neheim mittlerweile auf topografische Hindernisse. Es ist - mit Ausnahme des Areals am Dollberg - in den Außenzonen von Neheim kaum noch kompaktes Gelände vorhanden, das als Bauland ausgewiesen werden könnte. Schon allein aus diesem Mangelstatus heraus ergibt sich die Notwendigkeit, Wohnraum zu verdichten, indem freies Gelände zwischen bestehenden Wohngebäuden für den Neubau von Wohnungen genutzt oder bisherige gewerbliche Altbauten, die in Wohngebieten bestehen, für Wohnzwecke umzuwidmen oder nach einem Abriss durch neue Wohngebäude zu ersetzen.

Privater Bauherr aus Herdringen

Das vom Architekturbüro Tepe-Grützbach geplante Mehrfamilienhaus Kapellenstraße 8a (hinter dem Neheimer Kolpinghaus) ist voraussichtlich ab September 2020 bezugsfertig.

Es entstehen dort derzeit 18 Mietwohnungen mit Wohnungsgrößen von 36 bis 92 Quadratmetern zu 9,50 Euro pro Quadratmeter (kalt) und eine luxuriöse Penthouse-Wohnung mit 186 Quadratmetern Wohnfläche mit zwei großen überdachten Terrassen und zusätzlicher Freifläche.

Alle Wohnungen sind hochwertig ausgestattet, altersgerecht ohne Stufen und mit Aufzug im Haus.

Jede Wohnung hat einen Tiefgaragenstellplatz und Parkplätze im Außenbereich.

Der private Herdringer Bauherr hat den Neheimer Immobilienmakler Augustini für die Vermietung eingeschaltet.

Dies klingt in der Theorie allerdings viel leichter handhabbar als es tatsächlich in der Praxis ist. So stieß ein neuer Gebäudekomplex mit 19 Mietwohnungen, der derzeit hinter dem Neheimer Kolpinghaus errichtet wird, zunächst auf starken Protest der Nachbarn, die nun beim Blick aus ihren Hoffenstern direkt auf einen Neubau schauen. Mittlerweile hat sich der private Herdringer Bauherr zwar mit den Nachbarn geeinigt, er hat allerdings eine erhebliche Bauverzögerung hinnehmen müssen, nachdem die Stadt Arnsberg eine bereits erteilte Baugenehmigung wieder zurückgezogen hatte und ein neuer Bebauungsplan erstellt werden musste. Nachverdichtung in der Neheimer Innenstadt stieß hier also zunächst an rechtliche Grenzen.

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Widerstand von Anwohnern

Nachverdichtung ist aber auch woanders ein Problem. Das Vorhaben der Stadt, einen Teil des Bergheimer Sportplatzes mit mehrgeschossigen Mehrfamilienhäusern bebauen zu lassen, rief massiven Protest in einer Bürgerversammlung und das Sammeln von Unterschriften hervor. Mittlerweile sind sich besorgte Bürger und Stadtverwaltung aber in ihren Ansichten näher gekommen.

Auch der Plan der Verwaltung, im Bestand von alten Wohnsiedlungen benachbarte, große Gärten von Einfamilienhäusern zu neuem Wohnbauland zusammenzufassen, stößt auf Probleme. Wenn nur einer von mehreren privaten Grundstückseigentümern einem solchen Plan nicht zustimmt, platzt das Vorhaben. Auch hier hat die Stadtverwaltung noch manche harte Nüsse zu knacken.

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Überprüfenswerter Plan

So lässt sich im Endeffekt auch erklären, warum Planungsdezernent Thomas Vielhaber durchaus den Plan für überprüfenswert hält, das Neheimer Binnerfeld-Sportstadion oder einen Teil davon zu Wohnbauland zu machen und ein neues Stadion im Schwiedinghauser Feld zu errichten. Auch die alte Idee, aus dem Sportplatz des FC Erlenbruch an der Ackerstraße Wohnbauland zu machen, liegt immer noch in der Schublade und kann bei Bedarf zur Neuberatung rausgeholt werden.

So sieht der Neubau an der Kapellenstraße nach der Fertigstellung aus
So sieht der Neubau an der Kapellenstraße nach der Fertigstellung aus © Tepe + Grützbach | Tepe + Grützbach

Viele Wohnungen entstanden

Im Gespräch mit unserer Zeitung legte Thomas Vielhaber Wert auf die Tatsache, dass in den vergangenen fünf Jahren bereits zahlreiche neue Wohnungen im Arnsberger Stadtgebiet entstanden sind. Bettina Dräger-Möller, die bei der Stadtverwaltung unter anderem für Wohnungsmarktbeobachtung zuständig ist, kann hier mit beachtlichen Zahlen aufwarten. „In den Jahren 2015 bis 2019 sind insgesamt für 360 Wohnungen in Einfamilienhäusern und für rund 500 Wohnungen in Mehrfamilienhäusern - davon knapp die Hälfte in Neheim - Baugenehmigungen erteilt worden“, so Dräger-Möller. Für die Gesamtzahl der 860 Wohnungen war ein Flächenverbrauch von 292.000 Quadratmeter nötig, wovon 235.000 Quadratmeter auf Innenbereiche entfielen.

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Innenbereiche auch im Dorf

Mit Innenbereich hat Thomas Vielhaber nicht nur die Innenstädte von Neheim, Hüsten und Arnsberg im Blick. Er denkt dabei auch an die Dörfer. „Dort soll der so genannte ,Donut-Effekt’ vermieden werden“, sagt der Planungsdezernent. Unter Donut-Effekt verstehen Stadtplaner den Neubau von Einfamilienhäusern am Stadtrand (bzw. am Rand von Dörfern), während für ältere leerstehende Wohnhäuser oder deutlich minder genutzte große Wohnhäuser in Dorfzentren kein Käufer gefunden wird. „Deshalb ist Innenentwicklung auch für die Dörfer wichtig“, betont Stadtplaner Thomas Vielhaber.