Brilon. Die Band „Stahlheim“ tritt mit „Weimar“ in Köln auf. Der Band wird Rechtsextremismus vorgeworfen. Der Marsberger Frontmann verteidigt das Event.
Die Briloner Band „Stahlheim“ ist aktuell in einer kontroversen Diskussion involviert. Am 4. Mai wollen die Sauerländer rund um den gebürtigen Briloner Frontmann Georg Rave-Loos, die bekannt sind für ihren provokativen Auftritt, in den Kölner Sartory-Sälen auftreten. Das Problem: Sie spielen gemeinsam mit der Band „Weimar“, der Nähe zu rechtsextremen Positionen vorgeworfen wird. In Köln sorgt das Konzert nun für eine Debatte. So distanziert sich schon der Verband Kölner Clubs und Veranstalter*innen e.V. „in aller Schärfe“ von dem geplanten Konzert der Band Weimar. „Wir fordern die Sartory-Säle Köln hiermit ausdrücklich dazu auf, das Konzert abzusagen“, schreibt die Klubkomm in einem Beitrag auf ihrer Instagram-Seite. Brigitta von Bülow, Bürgermeisterin der Stadt Köln und kulturpolitische Sprecherin der Grünen, sagte zu dem Online-Medium t-online: „Dass die Band Weimar in den Sartory-Sälen auftreten wird, halte ich für keine gute Entscheidung.“ Stahlheim bezieht nun Stellung zu dem umstrittenen Konzert.
Medien werfen der Band Weimar vor, rechtsextremistische Positionen zu vertreten
Zum Hintergrund: Verschiedene Medien werfen der Band Weimar aus Thüringen vor, rechtsextremistische Positionen zu vertreten. Eine offizielle Einstufung durch den Verfassungsschutz in Thüringen gibt es jedoch nicht. Im Jahr 2023 sorgte jedoch eine Spiegel-Reportage über die Band für großes Aufsehen. So berichtete die Wochenzeitung, dass zwei der vier Musiker, die bisher nur durch ihre schwarz-weißen Masken und Pseudonyme bekannt waren, in der Vergangenheit in der rechtsextremen Musikszene Thüringens aktiv waren. Einer dieser Männer sei Konstantin P., der in den 90er Jahren Mitglied der Neonazi-Band „Dragoner“ aus Thüringen war, die in ihren Liedtexten den Holocaust geleugnet haben soll. Ebenfalls sei Christian P. einst Teil des „Nationalen Widerstands Weimar“ gewesen sein, einer Gruppe, die dem verbotenen „Blood&Honour“-Netzwerk nahegestanden sein soll. Nach Bekanntwerden der Vorwürfe musste die Band zahlreiche Konzerte und Festivalauftritte absagen. Nicht immer aus eigenem Antrieb: „Wir sind zutiefst geschockt! Uns als Festival wurde von mehreren Seiten glaubwürdig versichert, dass Weimar eine Band ist, die zwar bewusst mit provokanten Texten spielt, sich jedoch von Rechtsextremismus aktiv distanziert und zivilgesellschaftlich engagiert. Wir wurden getäuscht!“, so die Veranstalter des Full Force Festivals als Reaktion auf den Bericht im Spiegel. Die Plattenfirma Universal reagierte ebenfalls drastisch und kündigte der Band den Plattenvertrag. Die bisher veröffentlichten Songs wurden von sämtlichen Streamingplattformen gelöscht.
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Zwei Bandmitglieder vor Jahren in der Szene
Auf Facebook bestätigten die beiden Bandmitglieder im letzten Jahr die Vorwürfe: „Es ist richtig, dass wir eine politisch rechtsmotivierte Vergangenheit haben. Diese Vorwürfe sind korrekt. Wir möchten nicht auf die Richtigkeit einzelner Vorwürfe eingehen. Wir möchten nichts relativieren. Das würde der Sache nicht gerecht werden. Konstantin war in seiner Jugend bis Ende der 1990er Jahre und Christian von ca. 1998 bis 2008 ein Teil der rechtsextremen Szene in Thüringen. Wir beide waren in diesen Zeiträumen zwischen 13 und 23 Jahre alt“, heißt es in dem Statement. Beide widersprechen jedoch dem Vorwurf, sie seien aktuell noch Teil dieser Szene: „Diesen Vorwurf weisen wir vehement zurück! Weder wir noch unser Umfeld sind in der rechten Szene aktiv!“ Und auch die gesamte Band äußert sich deutlich: „Die Mitglieder der Band Weimar distanzieren sich ausdrücklich von Gewalt, Extremismus jedweder Form, Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Homophobie und dem fatalen, sich bis heute zu wiederholen scheinenden Irrglauben der Geschichte, dass manche Menschen besser seien als andere“, so ein Teil des Statements auf Facebook.
Veranstalter stellt sich hinter die Band
Dennoch steht das Konzert in der Kritik. Während Klubkomm Köln die Sartory-Säle mit einer langen Stellungnahme auffordert, das Konzert abzusagen, kritisieren auch zunehmend Kölner Politiker das Konzert. Auf der Website der Sartory-Säle ist das Konzert weiterhin im Programm, dazu wird ein Zitat der Band Weimar gestellt: „Hier auf dieser Seite spielt keine Rolle woher Du kommst oder wer Du bist. Moslems, Christen, Juden und auch ALLE anderen sind hier gern gesehen, ob farbig oder nicht spielt keine Rolle. Wenn Dein Hirn aber Braun ist, bist du hier definitiv falsch, so wie alle anderen Formen von Extremismus und Rassismus.“
Frontmann aus Marsberg will allen zweite Chance zugestehen
Stahlheim-Frontmann Georg Rave-Loos sucht selbst die Presse vor dem Konzert am 4. Mai. „Wer Politik über Menschlichkeit stellt, hat die Kontrolle über sein Leben bereits verloren“, betont Rave-Loos. Daher bezieht er zu den derzeit kursierenden Vorwürfen gegenüber der Band „Weimar“ Stellung. „Grundsätzlich ist es wichtig, dass die Leute Medien oder Berichte bis zum Ende verfolgen und nicht bloß reißerische Schlagzeilen lesen. Zwei Bandmitglieder haben schon ein Statement abgebeben in dem sie sich dazu bekennen, Teil der rechten Szene gewesen zu sein - und zwar vor 25 Jahren. Das war noch vor der Gründung der Band und daher hat die Band als solches keine Verbindungen in die rechte Szene.“ Für Georg Rave-Loos ist ein gemeinsamer Auftritt daher kein Problem. Jeder Mensch habe doch eine zweite Chance verdient. „Wer anderen Chancen verwehrt, steht gleichzeitig für Chancenlosigkeit ein. Damals waren die Bandmitglieder Jugendliche. Viele Jugendliche rutschen zeitweise in unterschiedlichste Szenen ab, sollte man Ihnen das Recht auf Teilhabe im späteren Leben verwehren?“
Politik habe mit Stahlheims Musik nichts zu tun
Stahlheim beschäftige sich gerne mit gesellschaftlichen Themen, wolle anecken, wie Rave-Loos sagt. Das gehe aber verloren, wenn plötzlich Politik eine Rolle spielen sollte. „Wir wollen Politik aus unserem Projekt heraushalten. Wir sind nicht rechts, wir sind nicht links, wir sind Musiker und uns ist es egal ob das Publikum weiß, schwarz oder Lila-grün-gestreift ist. Wir agieren nicht politisch und wir wollen die Bühne nicht als Machtinstrument nutzen.“ Ihm ist es wichtig, das klarzustellen, denn die Vorwürfe, die auch aktuell in Köln die Runde machen, gehen nicht einfach an ihm vorbei. „Natürlich kann das Konzert ein schlechtes Licht auf uns werfen, deswegen suchen wir die Öffentlichkeit und wollen unseren Standpunkt vertreten. Wir provozieren gerne, dass steht außer Frage. Aber auch wir kennen und haben gewisse Grenzen.“ Trotz zahlreicher provozierender Texte und Videos, die die Band auch auf den Sozialen Netzwerken teilt, zieht Rave-Loos eine klare Grenze. „Bei menschenverachtendem oder degradierendem Verhalten ist Schluss.“ Doch auch hier sagt er: „Das meinen wir ohne den politischen Aspekt.“