Hallenberg. Mit John Lennon ist er im Mercedes gefahren. Der gebürtige Hallenberger Elmar Welge hat ein Buch über seine Beatles-Erlebnisse geschrieben.
Die Geschichte klingt abenteuerlich: Der 18-jährige Elmar Welge hat einem Küchenjungen im Sonderzug von München nach Essen zehn Mark in die Hand gedrückt. Dafür hat dieser ihn in einen Waggon geschmuggelt. Zwischen Töpfen, Pfannen und Schürzen versteckt sich Welge in einem Küchenschrank. Der Zug ist ein besonderer: In ihm reisen die Beatles auf ihrer einzigen Deutschland-Tour von München über Essen nach Hamburg. Nach einer guten Stunde traut Welge sich heraus und läuft dem Beatle John Lennon geradewegs in die Arme…
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Hallenberg ist und bleibt für ihn Heimat
Nachzulesen ist das Ganze in dem Buch „Ein Leben in Bildern – wenn ein Traum in Erfüllung geht“. Geschrieben hat es der heute 75-jährige Fotograf und Journalist Elmar Welge, der im März 1948 in Hallenberg das Licht der Welt erblickte. Am Donnerstag, 7. Dezember, 19 Uhr, liest er daraus im Kump.
Eigentlich lebt seine Familie damals in Krefeld. „Wir hatten eine Kneipe. Aber die Zeiten nach dem Krieg waren schlecht. Und so verbrachte ich die ersten fünf Jahre meines Lebens bei meinem Opa Franz Pauly. Wir wohnten damals neben der Schule, in der jetzt das Rathaus untergebracht ist. Hallenberg – das wird für mich immer Heimat bleiben. Ich werde nie vergessen, wie ich meinem Großvater im Stall geholfen habe, wie ich mit ihm zur Kirche ging und danach in den Kump zum Frühschoppen.“
40 Jahre nach der legendären Zugreise - im Jahr 2006 - als der Kump nicht mehr Kneipe ist, sondern nach Umbau als Informations- und Begegnungszentrum neu eröffnet wird, kehrt Elmar Welge als bekannter Sohn der Stadt offiziell mit einer ganz besonderen Ausstellung dorthin zurück. Es ist die erste Kump-Ausstellung und sie zeigt die legendären Fotos von John Lennon und Yoko Ono, die 1969 in einem Amsterdamer Hotel beim legendären „Bed In“ für den Frieden in der Welt demonstrieren. Um zu verstehen, warum damals ausgerechnet Elmar Welge als einziger deutscher Fotograf dorthin eingeladen wird, gehen wir noch einmal ins Jahr 1966 in den Zug von München nach Essen.
Papst, Queen, Adenauer und die Beatles reisten in dem Zug
In diesem Sonderzug waren schon der Papst, die Queen und Konrad Adenauer unterwegs. 1966 sitzen die vier Pilzköpfe aus Liverpool darin, weil sie die BRAVO-Beatles-Blitztournee machen. „Ich hatte von meinen Eltern einhundert Mark bekommen, um zur Kameramann-Aufnahmeprüfung nach München zu fahren. In Gedanken war ich aber nur bei den Beatles“, erinnert sich Welge. Schon mit zehn Jahren hatte er mit der Kamera seines Vaters fotografiert, später die ersten Bilder von Musikgrößen wie Doldinger und Lindenberg im Krefelder Jazzkeller gemacht und an die Heimatzeitung verkauft. „Aber Jazz war nie mein Ding. Ich mochte Elvis und als ich die Musik der Beatles auf einem batteriebetriebenen Schallplattenspieler hörte, war es um mich geschehen.“ Er will wissen, warum diese Jungs ganze Scharen von Mädchen zum Kreischen bringen, wie sie ticken, was ihren Reiz ausmacht.
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Ohne Presse-Akkreditierung hätte man ihn damals fast aus dem Sonderzug geworfen, die ersten drei belichteten Filme mit jeder Menge Fotos von den Fab-Four werden ihm abgenommen. Was damit passiert ist? Niemand weiß es. Doch John Lennon spürt, dass dieser junge Mann für die Fotografie und die Musik der Beatles brennt. „Ich hatte damals eine Rolleiflex mit zwei Objektiven. So eine wolle er sich auch zulegen, sagte John im Zug zu mir. So kamen wir ins Gespräch und ich durfte bleiben.“ Und Fotos machen. „Eine Freundin sagte mir später: „Auf Deinen Bildern sieht Paul besser aus als im Original‘. Ich habe einige Abzüge gemacht und sie verkauft.“
In die Pressekonferenz geschmuggelt
Auch zur anschließenden Pressekonferenz in Essen schummelt er sich durch. Zwei Fotografen packen den jungen Kollegen und werfen ihn zu Boden. „Ich hatte wahnsinnige Angst, dass die Kamera Schaden nimmt“, berichtet Welge. Auch hier erweist sich John Lennon als Schutzengel. Er bekommt den Streit mit und sieht den jungen Reporter am Boden liegen. „Er hat laut ,Stop!’ gerufen und mich nach vorne gebeten. Als einziger durfte ich dann meine Bilder machen, und die Vier haben sich eigens für mich aufgestellt.” Niemand außer Welge hat die Fab-Four in voller Größe nebeneinander auf einem Bild in Essen abgelichtet.
Elmar Welge kann die Geschichten in den schillerndsten Farben ausschmücken. Dass er John Lennon später einige hundert Fotos von der Tour geschickt hat und nie ein Dankeschön bekam. Oder doch? Eigentlich war es das – wenn auch verspätete - schönste Geschenk, das man einem Journalisten damals machen kann. Als John Lennon und Yoko Ono in einem Amsterdamer Hotel für den Frieden in der Welt demonstrieren, wird Welge eingeladen, dort die legendären Fotos zu machen, die er in zahlreichen Ausstellungen gezeigt hat.
Dass John Lennon später höchstpersönlich Fotos davon bestellt hat, dass Welge sie ihm nach London gebracht und der Beatle ihn in seinem 170.000 Mark Mercedes 600 abgeholt hat, ist eine von vielen Anekdoten, die der gebürtige Hallenberger in einem Persil-Karton schlummern lassen könnte, die er aber nun in Buchform herausgebracht hat.
„Ein Leben in Bildern - wenn ein Traum in Erfüllung geht“ ist der Titel des Buches. Welge: „Mein Traum war es, mit Bildern Geschichten zu erzählen. Ich habe später noch viele Prominente wie Maffay, die Rolling Stones oder Helmut Schmidt fotografiert, war für Reisemagazine in Spanien und Italien unterwegs, habe mit Kunst gehandelt oder eine Werbeagentur gegründet.“ Aber keine Geschichte hat ihn und seine Arbeit so geprägt wie die Begegnung mit den Pilzköpfen, über die er am 7. Dezember, 19 Uhr, auf Einladung des Fördervereins Hallenberg berichten wird – und sein neues Buch hat er natürlich auch zum Verkauf im Reisegepäck. (Eintritt frei, keine Voranmeldungen notwendig; Bürger, Gäste und Interessierte sind herzlich eingeladen). Auf der Seite www.elmarwelge.de kann man das Buch auch direkt bestellen.