Hochsauerlandkreis. Im HSK können wegen des Hackerangriff keine Autos zugelassen werden. Autohäuser sind brechend voll. Eine Lösung könnte nun aber in Sicht sein.

Nichts geht mehr: Seit mittlerweile mehr als zwei Wochen stehen die Mühlenräder der Kreisverwaltung des Hochsauerlandkreises still. Ein Hackerangriff auf den Dienstleister Südwestfalen IT ließ das digitale Verwaltungsgebäude zusammenstürzen. Viele Dienste können aktuell nur eingeschränkt oder gar nicht erst angeboten werden. Zu letzterem gehört auch die Zulassungsstelle des Straßenverkehrsamts, bei dem sich die Anträge mittlerweile stapeln.

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Das stellt nicht nur die Autokäufer vor neue Herausforderungen, sondern auch die Autohäuser. Denn an der Zulassung der Autos hinge nicht nur die Zufriedenheit der Kunde, sondern auch diverse Zulassungsprämien der Autohersteller. Sollte das Problem weiterhin anhalten, könnte es auch Schwierigkeiten bei der E-Auto-Prämie geben.

Die Kunden reagieren meist mit Verständnis - noch

Aktuell können im Hochsauerlandkreis keine Autos zugelassen werden.
Aktuell können im Hochsauerlandkreis keine Autos zugelassen werden. © WP

Bei uns stehen aktuell 35 Fahrzeuge auf dem Hof, die noch zugelassen werden müssen
Verkaufsleiter beim Autohaus Witteler in Brilon

„Bei uns stehen aktuell 35 Fahrzeuge auf dem Hof, die noch zugelassen werden müssen“, teilt die Verkaufsleitung des Autohauses Witteler aus Brilon auf Anfrage der Westfalenpost mit. Beim Kollegen Jürgen Bornemann, Verkaufsleiter vom Autohaus Köchling, sieht die Situation ähnlich aus, wenn auch im kleineren Maßstab: „Wir haben aktuell sieben Fahrzeuge auf dem Hof stehen. Das ist zwar nicht ungewöhnlich für diese Jahreszeit, aber wenn der Zustand jetzt noch weiter anhält, dann stehen wir vor einem Problem“. Probleme, vor denen seine Kunden bereits ständen: „Manche haben ihr Auto ja vor dem Wechsel bereits abgegeben, die sind jetzt auf einen Leihwagen angewiesen“, sagt Bornemann. Bisher hätten die Kunden aber noch Verständnis für die Situation: „Das kann sich aber ganz schnell ändern“. Der Verkaufsleiter hofft deswegen auch auf eine schnelle Lösung: „Vielleicht könnten ja die Nachbarkreise, wie Paderborn, weiterhelfen?“ Möglich wäre das: Als die Zulassungsstelle in Holzminden im Jahr 2021 wegen eines Skandals um eine Schwarze Kasse und den Verkauf von alten Nummernschildern fast alle Mitarbeiter verlor, bat die Kreisverwaltung Holzminden das Straßenverkehrsamt des Kreises Höxter um Hilfe. Dieses übernahm dann die Zulassungsvorgänge aus Holzminden.

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PB statt HSK Kennzeichen? Durchaus möglich

„Wir befinden uns mittlerweile mit anderen Kommunen in Gesprächen“, bestätigt auch HSK-Sprecher Martin Reuther die Möglichkeit zur Nachbarschaftshilfe. „Wir erfahren von den nicht betroffenen Kreisen und Kommunen wirklich eine großartige Unterstützung“, lobt Reuther die interkommunale Zusammenarbeit.
Er rechne damit, dass es bereits Anfang nächster Woche Neuigkeiten geben könnte: „Wir schicken dann unsere eigenen Mitarbeiter an die Standorte der Nachbarkommunen, damit wir von dort die offenen Fälle bei den Nachbarkommunen bearbeiten können“, erklärt Reuther. Wie viele das sind, das könne er aktuell nur schätzen: „Ich gehe davon aus, dass wir aktuell mindestens 5000 Fälle vor uns herschieben, deswegen ist uns natürlich auch als Kreisverwaltung einiges daran gelegen, schnellstmöglich wieder handlungsfähig zu werden.“, so die Einschätzung von Reuther - auch im Hinblick auf die zu erwartenden Liquiditätsengpässe der Autohändler. Die Krux an der Sache: „Aktuell kann in Nachbarkreisen nicht festgestellt werden, ob ein HSK-Kennzeichen möglicherweise schon vergeben ist“. Die Konsequenz: Autofahrer aus dem HSK könnten in Zukunft auch mit Gummersbacher oder Paderborner auf den Straßen wiederfinden. Ein in Kürze erwarteter Erlass des Landes NRW könnte das jedoch noch kurzfristig ändern, so Reuther.

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Autohäuser bangen um ihre Prämien

Auch die Autohäuser stehen vor handfesten Herausforderungen: „Wenn wir bei den Herstellern die Autos bestellen, dann verhandeln wir oft auch eine Zulassungsprämie“, erklärt Bornemann. „Das heißt: Wir verpflichten uns gegenüber dem Hersteller, das Auto innerhalb einer bestimmten Frist zuzulassen, im Gegenzug zahlen uns die Hersteller eine Prämie“. Bornemann hofft nun, mit den Herstellern noch eine Nachfrist nachverhandeln zu können. Das Autohaus Hoffmann, welches auch in Winterberg einen Standort betreibt, hat viele Geschäftskunden, die auch Großbestellungen tätigen. „In Sundern konnten wir jetzt noch einen Pflegedienst mit neuen Autos ausstatten“, erzählt Hecht. „Aber jetzt steht die alte Fahrzeugflotte hier, und wir können sie nicht abmelden.“ Und solange die nicht abgemeldet seien, müsse der Pflegedienst auch weiter die Versicherung für die Fahrzeuge bezahlen, beschreibt Hecht das Dilemma. Das Autohaus hat auch eine Filiale in Hessen. Die Konsequenz: Während also in Hessen der Verkauf weitergehen kann und die Mitarbeitenden in Ausnahmefällen dorthin ausweichen könnten, stehe in den HSK-Niederlassungen das Geschäft nahezu still.

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E-Auto-Prämie steht auf dem Spiel

Auch Christine Merhof, Verkaufsleitung vom Renault Autohaus Karl Merhof & Sohn GmbH, stöhnt über den Ausfall: „Wir haben hier mittlerweile sechs Autos stehen, die auf ihre Zulassung warten“. Die Kunden seien zwar geduldig, aber auch das hätte irgendwann sein Ende: „Eben war ein Kunde hier, der wollte sein neues E-Auto zulassen. Wenn das jetzt nicht innerhalb der Frist passiert, dann gehen ihm möglicherweise die Prämien dafür flöten“, so das anschauliche Beispiel aus Marsberg. Denn nur noch bis zum 31. Dezember gibt es für neu zugelassene Elektrofahrzeuge eine höhere Prämie - ab dem 1. Januar 2024 wird die Förderung sinken. Zumindest für diesen Kunden wäre das ein äußerst schlechter Start ins neue Jahr.