Hochsauerlandkreis. Kfz-Zulassung, Führerscheinstellen und Sozialamt betroffen: Ein IT-Ausfall in Südwestfalen lähmt den Kreis und die Kommunen.

Die IT-Systeme in der Kreisverwaltung Hochsauerlandkreis sind seit heute Morgen, 30. Oktober, durch einen Ausfall bei der Südwestfalen-IT (SIT) gestört. „Die Südwestfalen-IT (SIT) ist Ziel eines Cyberangriffs mit Ransomware (sog. Erpressungstrojaner) geworden, der aktuell die Handlungsfähigkeit der kommunalen Verwaltungen beeinträchtigt“, heißt es dazu in einer Mitteilung des Anbieters.

Viele Dienstleistungen betroffen

Dadurch sind zahlreiche Dienstleistungen für die Bürgerinnen und Bürger nicht möglich, wie zum Beispiel die Kfz-Zulassung, die Führerscheinstellen, Elterngeld und das Ausländeramt. Auch die interne Kommunikation ist beeinträchtigt, da Mails nicht versendet und empfangen werden können und Homeoffice nicht möglich ist. Die SIT ist das Systemhaus für alle fünf südwestfälischen Kreise sowie der Städte und Gemeinden. Sie stellt unter anderem die IT-Infrastruktur, die Fachanwendungen und den Support für die Verwaltungen bereit. „Im Moment gehen wir davon aus, dass die Nachwirkungen noch bis zum Ende der Woche spürbar sein werden“, sagt Jürgen Uhl, Pressesprecher des HSK.

Einen abschließenden Überblick, über das Ausmaß der Auswirkungen, liegt noch nicht vor und sind Teil der Ermittlungen des zuständigen Polizeipräsidiums Dortmund. Die betroffenen Rechenzentren wurden zur Schadensbegrenzung heruntergefahren. Die bei der Staatsanwaltschaft Köln angesiedelte Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime (ZAC NRW) hat die Ermittlungen übernommen.

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Wie Dr. Christoph Hebbecker von der Staatsanwaltschaft Köln erklärte, zeichne sich ab, dass von dem Cyberangriff in der Nacht zu Montag ein zentraler IT-Dienstleister in Siegen betroffen sei. „Um weiteren Schaden zu vermeiden, wurde das Rechenzentrum dort runtergefahren. Wir haben noch keine abschließende Zahl der betroffenen Kommunen, aber es ist bisher eine größere zweistellige Zahl, im Bereich von 70 Kommunen. Es betrifft eher den Westen von NRW, möglicherweise auch andere Bundesländer“, sagte der Pressesprecher der ZAC NRW im Gespräch mit der WESTFALENPOST.

Langanhaltende Ermittlungen werden erwartet

Man versuche derzeit herauszufinden, wie sich der Schaden konkret darstelle, welche Dienste betroffen seien, welche Auswirkungen der Angriff habe, auch gehe es noch um die Frage, wer die Attacke ausgeführt habe und um welche Art des Angriffs es sich handele, erklärte Staatsanwalt Hebbecker. Aufgrund der Erfahrungen aus ähnlichen Verfahren rechne er mit „wahrscheinlich komplexen und langanhaltenden Ermittlungen“. Man werde den heutigen Tag brauchen, um sich einen Überblick zu verschaffen. Daten würden gesichert, um zu überprüfen, mit was man es zu tun habe. „Das ist klassische IT-Forensik“, sagte Hebbecker und erklärte: „.Die Lage ist dynamisch. Selbst im Vergleich mit unseren bisherigen Fällen hat der aktuelle ein ganz erhebliches Ausmaß.“

Das NRW-Innenministerium verwies auf die laufenden Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft und wollte keine eigenen Angaben machen. Eine Sprecherin teilte jedoch auf Anfrage der WESTFALENPOST mit, dass auch die Nora-App, mit der Notrufe abgesetzt werden können, vom Cyberangriff betroffen sei. Sie sollte jedoch auf eine andere Leitung verlegt werden, so dass sie wieder in Funktion gehen könne. Die Leitstellen der Rettungsdienste in Südwestfalen seien weiter erreichbar.

Kreisverwaltung ist nur telefonisch erreichbar

Die Kreisverwaltung ist aktuell wegen des IT-Ausfalls nur telefonisch erreichbar. Die Notrufnummer „112“ ist weiterhin erreichbar. Möglicherweise werden sich Auszahlungen verzögern, da auch die Anbindung zu den Geldinstituten unterbrochen ist. Hier wird derzeit nach einer Überbrückungslösung gesucht. Das Kreisgesundheitsamt teilt mit, dass die Termine der Schuleingangsuntersuchungen stattfinden können. Die im Vorfeld mit den Erziehungsberechtigten abgestimmten Termine können durchgeführt werden.

Cyberangriff auf Kommunen in Südwestfalen

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    Ursache ist noch nicht bekannt

    Die Ursache für den Ausfall ist noch nicht bekannt. Die SIT arbeitet mit Hochdruck an der Behebung des Problems. Die Kreisverwaltung Hochsauerlandkreis hat alle Leitungen zur SIT gekappt, um einen möglichen Datenverlust zu vermeiden.

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    „Wir sprechen von einem Komplettausfall, die Kreisverwaltung hat alle Leitungen zur SIT gekappt”, sagt Pressesprecher Martin Reuther. Er bittet alle Bürgerinnen und Bürger, die heute einen Termin in der Kreisverwaltung haben, zu Hause zu bleiben. Der Kreis bittet um Verständnis. Weitere Informationen folgen.

    Die Schuleignungsprüfungen können jedoch stattfinden, da das System der zuständigen Abteilung nicht durch den Ausfall betroffen sei, betont der Kreis.

    Städte sind ebenfalls betroffen

    Die IT-Systeme der Städte Meschede und Olsberg sowie der Gemeinde Bestwig sind seit heute Morgen ebenfalls gestört. Auch die Internetseiten der Stadt Brilon sind aktuell nicht zu erreichen. Grund dafür ist ein Ausfall bei der Südwestfalen-IT (SIT), dem Systemhaus für alle fünf südwestfälischen Kreise sowie der Städte und Gemeinden. Die Bürgerinnen und Bürger werden gebeten, ihre Termine in den Rathäusern zu verschieben.

    In Brilon werden die Besucher der Bürgerinformation wieder nach Hause geschickt: „Hier geht aktuell überhaupt nichts mehr“, berichtet eine betroffene Mitarbeiterin. Aktuell hielte man die Bürgerinformation noch in einer Notbesetzung offen: „Wir bekommen frühestens heute Nachmittag mitgeteilt, wie es weitergeht“, so die Stadtangestellte.

    Hallenberg schaltet Mobilfunknummer frei

    Auch in der Stadtverwaltung in Hallenberg geht aktuell wenig, bestätigt Bürgermeister Enrico Eppner auf WP-Anfrage. Dienstleistungen, die über den Server bei Südwestfalen-IT laufen, sind nicht möglich. Durch den Komplettausfall liegt auch die digitale Telefonie lahm. Die normalen Telefonnummern der Verwaltung funktionieren nicht. Deshalb habe man eine Mobilnummer freigeschaltet, über die sich die Hallenberger Bürger und Bürgerinnen informieren können, berichtet Eppner. Die Nummer lautet: 02984-303-100. „Das ist derzeit unsere einzige Kommunikationsmöglichkeit nach Außen“, sagt der Bürgermeister. Eine Kollegin würde sich dort um die Anliegen der Menschen kümmern. „Wir werden die Hallenberger über die Presse und über Social Media auf dem Laufenden halten. Wir hoffen, dass heute Nachmittag wieder alles funktioniert.“

    In Medebach ist die Telefonie noch analog

    Im Gegensatz zu Hallenberg profitiert Medebach aktuell davon, dass man die Telefonie in der Verwaltung noch nicht digital umgestellt hat. „Ich rate den Bürgern sich bei ihren Anliegen bei uns ganz normal telefonisch zu melden“, sagt Medebachs Bürgermeister Thomas Grosche. Die Telefonanlage sei stabil. Zwar könnten seine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen nicht auf Dienstleistungen zurückgreifen, die über Südwestfalen-IT liefen, dennoch gebe es aktuell genug zu tun. Zum Beispiel arbeiteten die Angestellten daran, analoge Akten zu digitalisieren.

    Bei der Stadtverwaltung Winterberg gehe ebenfalls nichts mehr, bestätigt die Pressesprecherin der Stadt, Rabea Kappen. Weder über E-Mails noch über Anrufe könne nach Außen kommuniziert werden. Man könne aktuell weder Personalausweise ausgeben noch Sterbefälle beurkunden. Auch die Auszahlung von Sozialleistungen seien nicht möglich. Für die Bürger wurde eine Notfallnummer eingerichtet: 02981-8000.

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    Wie die SIT mitteilte, ist die Ursache des Ausfalls noch nicht bekannt. Man arbeite mit Hochdruck an der Behebung des Problems. Die Störung betrifft alle Anwendungen, die von der SIT bereitgestellt werden, wie zum Beispiel das Einwohnermeldewesen, das Standesamt oder das Sozialamt. Auch der E-Mail-Verkehr ist unterbrochen. Die betroffenen Kommunen haben ihre Bürgerinnen und Bürger über ihre Websites und sozialen Medien informiert. Sie bitten alle, die heute einen Termin in einem der Rathäuser haben, zu Hause zu bleiben. Sie sollten sich in den nächsten Tagen um einen neuen Termin bemühen. Die Kommunen bitten um Verständnis für die Unannehmlichkeiten.

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