Willingen. In Willingen wird ein Geldautomat gesprengt. In einem Auto flüchten die Täter Richtung Brilon. Sprengstoffexperten finden einen wichtigen Beweis

Die Explosion riss Anwohner und Gäste der umliegenden Hotels aus dem Schlaf: Unbekannte haben am frühen Montagmorgen gegen 2.05 Uhr einen Geldautomaten einer Filiale der Volksbank Kassel-Göttingen in der Briloner Straße in Willingen gesprengt.

Zeugen, die den lauten Knall gehört hatten, verständigten sofort die Polizei. Durch die Explosion wurden der Vorraum der Bank sowie der Geldautomat erheblich beschädigt. Die Scherben der zerstörten Fenster und der Glastür wurden über die gesamte Straßenbreite geschleudert.

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Nach ersten Schätzungen der Polizei dürfte der Sachschaden im unteren sechsstelligen Bereich liegen. Ob die Täter Geld erbeutet haben, stand gestern noch nicht fest.

Aus dem Schlaf gerissene Zeugen beobachten die Automatensprenger

Zeugen sahen zwei männliche Personen flüchten, von denen bisher nur bekannt ist, dass sie schwarz gekleidet waren. Die unbekannten Täter flüchteten mit einem vermutlich hochmotorisierten Auto in Richtung Brilon, teilte die Polizei mit. Eine sofort eingeleitete Großfahndung verlief ohne Erfolg. Auch die Polizei im Hochsauerlandkreis war in die Fahndung nach den Automatensprengern eingebunden.

Die Spurensicherung bei der Arbeit.
Die Spurensicherung bei der Arbeit. © Lutz Benseler
Glassplitter werden durch die wuchtige Explosion verteilt.
Glassplitter werden durch die wuchtige Explosion verteilt. © Lutz Benseler

Die alarmierten Sprengstoffexperten des Hessischen Landeskriminalamtes haben gemeinsam mit dem Erkennungsdienst und der Kriminalpolizei die Ermittlungen am Tatort aufgenommen. Die 3-D-Scanner erfassen dabei Tatort und Beweisstücke. Mit Hilfe der so gesammelten digitalen Daten können die Ermittler später das Geschehen am Computer virtuell rekonstruieren und festhalten.

Beweisstück schlängelt sich über mehrere Meter vom Vorraum der Bank

Ein wichtiges Beweisstück schlängelt sich unscheinbar über mehrere Meter vom Vorraum der Bank über den Gehweg: Das dünne, weiße Kabel der elektrischen Sprengzündung. Die Täter müssen den Sprengstoff am Geldautomaten angebracht und ihn anschließend draußen, einige Meter seitlich vom Eingang entfernt um eine Kurve herum, gezündet haben. Vermutlich ist alles innerhalb weniger Minuten passiert.

Was über die Täter bislang alles bekannt ist

Im Rahmen der ersten Ermittlungen stellte die Polizei auch fest, dass die unbekannten Täter Sprengstoff verwendet hatten. Das Kabel für den elektrischen Sprengzünder war über mehrere Meter vom Vorraum bis auf den Gehweg gezogen. Während Täter früher Geldautomaten fast ausschließlich mit Gas sprengten, stellt die Polizei seit etwa vier Jahren vermehrt den Einsatz von Festsprengstoff fest. Diese Vorgehensweise der Täter ist darauf zurückzuführen, dass nun nahezu alle Geldautomaten gegen Gasangriffe gesichert sind, heißt es vom Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen, das Angriffe auf Geldautomaten als strategisches Schwerpunktthema festgelegt hat.

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Über die Täter ist nur wenig bekannt: Zeugen berichten von zwei schwarz gekleideten Personen. Laut BKA werden etwa zwei Drittel der Angriffe auf Geldautomaten durch niederländische Tätergruppierungen verübt. Die niederländische Polizei schätzt den Täterkreis auf rund 500 bis 700 Personen. Es handelt sich um ein professionell vorgehendes, arbeitsteiliges Netzwerk. Die Täter sind überwiegend männlich, zwischen 18 und 35 Jahre alt und passen sich schnell an polizeiliche Maßnahmen an. Nach der Tat flüchten die Kriminellen bevorzugt mit hochmotorisierten gestohlenen Fahrzeugen und zeigen ein extrem rücksichtsloses Fluchtverhalten. Ähnlich könnte es laut Polizei auch in Willingen passiert sein. wlz