Olsberg. Was haben eine Wetterfahne, ein Grubentelefon und ein Tiefengesenk gemeinsam? Sie sind alle Teil der spannenden Führung durch den Philippstollen.

Die Zeit des aktiven Bergbaus liegt schon 100 Jahre zurück. Bergarbeiter war auch sicher kein Traumjob, sondern harte, gefährliche Arbeit. Trotzdem ist ein Bergwerk etwas Faszinierendes. Den Philippstollen in Olsberg kann man seit 2001 besichtigen und in die Welt der Bergbauer eintauchen. Ausgerüstet mit roten Schutzhelmen und Mänteln wagen sich viele Besucher in den hohlen Berg.

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Hinein in die Kälte

Die Gruppe versammelt sich vor einem Hunt, einem Wagen, in dem die Bergarbeiter Erz und Werkzeuge aus dem Berg hinaus bzw. hinein befördert haben, bevor die Besucher, begleitet von Bergführer Siegfried Stahlmecke, sich in den dunklen Stollen begeben. Schon beim Betreten des Bergwerkes merkt man, wie die Temperatur schlagartig abnimmt. Am Eingang hängt eine rote Wetterfahne, deren Spitze zum Ausgang zeigt. „Wenn die Temperatur im Berg kälter ist als draußen, haben wir einziehendes Wetter“, erklärt der Führer. Im Bergarbeiterjargon wird nie von Luft, sondern immer von Wetter gesprochen. Die Temperatur im Stollen bleibt immer bei acht Grad. Wenn es im Winter draußen kälter ist, dreht sich die Wetterfahne.

Bei der Führung können die Besucher 710 Meter in den Berg hinein gehen.
Bei der Führung können die Besucher 710 Meter in den Berg hinein gehen. © WP | Maike Engelke

Je weiter man in den Stollen läuft, desto mehr merkt man den kalten Luftzug an den Augen und Wasser läuft von den Wänden. An einigen Stellen ist die Decke auch so niedrig, dass die Erwachsenen den Kopf einziehen und leicht in die Knie gehen müssen, um nicht mit dem Helm anzustoßen. Man kann hin und wieder Tropfsteine in den Wänden erkennen. „Wenn wir noch 10000 Jahre warten, dann haben wir eine Tropfsteinhöhle“, erzählt Siegfried Stahlmecke.

Technik aus früheren Zeiten

Im Bergwerk befinden sich drei Grubentelefone mit Wählscheibe. Besonders für die jüngeren Gäste etwas ganz Besonderes. Sie sind auch noch funktionstüchtig und mit dem Steigerhaus am Eingang verbunden. Die Kinder dürfen versuchen, die Leute über dem Stollen zu erreichen. Gar nicht so leicht, wenn man mit Handys aufgewachsen ist, auf denen man nicht mehrmals eine Zahl drücken musste, damit ein bestimmter Buchstabe erscheint, von einer Wählscheibe ganz zu schweigen. Diese Grubentelefone sind als Sicherheitsmaßnahme vom Bergamt vorgeschrieben und werden regelmäßig kontrolliert, um Hilfe holen zu können, da man so tief unter Tage keinen Handyempfang hat.

Für den Notfall gibt es drei funktionstüchtige Grubentelefone im Philippstollen.
Für den Notfall gibt es drei funktionstüchtige Grubentelefone im Philippstollen. © Maike Engelke/ WP | Maike Engelke

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An den Wänden führen viele Schächte nach oben. Diese Rolllöcher waren entweder dazu gedacht, Material in den Berg zu befördern oder, wenn Stufen hineingeschlagen wurden, als Einstieg für die Bergleute. Der Führer leuchtet mit seiner Taschenlampe in die Schächte. Man kann sich gar nicht vorstellen, wie die Bergarbeiter damals durch die engen Löcher geklettert sind und wie gefährlich es ohne die richtige Ausrüstung war.

Der Philippstollen ist nicht das einzige Bergwerk in Olsberg. Es gibt noch den Kirschbaumstollen, den Allerheiligenstollen und den Maxstollen, die jedoch nicht mehr zugänglich sind. Zwischen dem Maxstollen und dem Philippstollen gibt es auch bis heute noch eine Verbindung. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass früher alle Stollen miteinander verbunden waren. „Es sind leider nur noch wenige Aufzeichnungen über den Bergbau erhalten“, bedauert der Führer. Wann was gemacht wurde und wieso lässt sich heute oft nicht mehr nachvollziehen.

Es gibt mehrere Tiefgesenke im Stollen. Das Wasser ist ganz klar und ca. 6 Meter tief.
Es gibt mehrere Tiefgesenke im Stollen. Das Wasser ist ganz klar und ca. 6 Meter tief. © WP | Maike Engelke

Wasser gibt es im Stollen auch, die sogenannten Tiefengesenke. Die ersten Gewässer, an denen die Führung vorbei geht, sind sehr trüb und grünlich. „Das liegt daran, dass es keinen natürlichen Zulauf gibt“, erklärt Siegfried Stahlmecke. Etwas weiter im Inneren des Stollens ist eine Quelle mit natürlichem Zulauf ausgeleuchtet. Das Wasser ist ganz klar und hat eine hellblaue Farbe, die an das Wasser im Urlaub am Meer erinnert. Es ist circa sechs Meter tief und man hört ein lautes Plätschern, sodass der Führer etwas lauter sprechen muss, damit die Besucher alles verstehen können. Was nun so schön und beeindruckend aussieht, war für die Bergarbeiter in früheren Zeiten hinderlich. Es musste mit dem Hunt aus dem Bergwerk befördert werden.

Süßigkeiten und Schnaps

In einer großen Höhle legt die Gruppe einen längeren Stopp ein. Dort steht eine Figur der Heiligen Barbara, der Schutzpatronin der Bergleute. Die Arbeiter haben sich bei ihr jedes Mal bedankt, wenn sie sicher aus dem Bergwerk herauskamen, denn Bergmann war einer der gefährlichsten Berufe seinerzeit. Die Arbeiter hatten noch keine Helme, nicht viel Licht, wurden nass und waren schwerer körperlicher Anstrengung ausgesetzt, denn sowohl das Graben nach Erz als auch das Schieben des Huntes erforderte viel Kraft.

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Auch die Besuchergruppe führt die Tradition fort und feiert die Heilige Barbara. In einer Ecke steht eine geheimnisvolle große Kiste. Für alle Erwachsenen gibt es darin eine kleine Flasche mit Kräuterlikör, die Kinder dürfen sich eine kleine Tüte Haribo aussuchen. An der Wand hängt eine kleine Halterung mit einer Kerze; ein sogenannter Frosch, das einzige Licht, das die Bergleute hatten. Damit sich die Besucher die Dunkelheit vorstellen können, schaltet Siegfried Stahlmecke das Licht aus. Alles ist pechschwarz und man kann nicht mal die Person neben sich erkennen. Die kleine Kerze spendet nur sehr wenig Licht. Die Besuchergruppe kann noch das Licht in den Gängen erkennen, was die Arbeiter natürlich auch nicht hatten.

Im Stollen steht eine Gedenkstätte zu Ehren der Heiligen Barbara, die Schutzpatronin der Bergleute.
Im Stollen steht eine Gedenkstätte zu Ehren der Heiligen Barbara, die Schutzpatronin der Bergleute. © WP | Maike Engelke

Fledermäuse

Als sie die Höhle wieder verlassen, fliegt ihnen eine Fledermaus entgegen. Sieben verschiedene Arten überwintern im Stollen. Bei der letzten Zählung wurden 720 Fledermäuse gesichtet, man kann jedoch nur etwa ein Fünftel sehen, da sich die meisten in Löchern verstecken. Sie gehen Menschen meist aus dem Weg, es kann jedoch vorkommen, dass eines der Flugtiere sich auf die Jacke setzt, wenn sie einem Menschen entgegengeflogen kommt. Dann sollte man sie auf keinen Fall mit der Hand verscheuchen, denn nicht umsonst verwandeln sich Vampire in Fledermäuse. Die kleinen Tiere können beißen, wenn man nicht aufpasst. Wenn man sie in Ruhe lässt, sind sie aber sehr friedlich.

Im Stollen wurden 7 verschiedene Arten Fledermäuse gesichtet.
Im Stollen wurden 7 verschiedene Arten Fledermäuse gesichtet. © WP | Maike Engelke

Die Gummibärchen und das Grubentelefon bleiben nicht die einzigen Highlights für die Kinder. Neben den erhaltenen Grubenwerkzeugen, die im Stollen ausgestellt sind, steht noch ein kleiner Werkzeugkasten mit kleinen Hämmern und Meißeln, mit denen die Kinder selbst einmal austesten können, wie die Bergleute damals gearbeitet haben.

Kinder können sich bei der Führung wie echte Bergleute fühlen und mit Hammer und Meißel an der Wand klopfen.
Kinder können sich bei der Führung wie echte Bergleute fühlen und mit Hammer und Meißel an der Wand klopfen. © WP | Maike Engelke

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Als die Gruppe den Stollen wieder verlässt, kommt ihnen die lauwarme Herbstluft entgegen, die sich nach dem langen Aufenthalt im kalten Stollen anfühlt wie im Hochsommer. Auch das Tageslicht weiß man wieder viel mehr zu schätzen.

„Als Rentner muss man auch eine Tätigkeit haben“

Die Bergführer arbeiten alle ehrenamtlich. Viele sind Rentner, damit auch tagsüber Kinder den Stollen besichtigen können. Siegfried Stahlmecke ist nun schon seit sechs Jahren dabei. „Als Rentner muss man auch eine Tätigkeit haben“, ist sein Motto. Den ganzen Tag zu Hause im Schaukelstuhl zu sitzen und nichts zu tun zu haben, ist für ihn undenkbar. Er hat sich schon immer für den Bergbau interessiert und während der Führung merkt man, wie viel Freude es ihm macht, sein Wissen an die jüngere Generation weiter zu geben. Es ist ihm wichtig, dass es für die Kinder kein langweiliger Museumsrundgang ist, sondern sie etwas Spannendes erleben.