Brilon/Marsberg. Die NRW-Landesregierung will einen zweiten Nationalpark: Im Fokus der Nationalpark Egge. Doch es verdichten sich Anzeichen, dass er scheitert.

Der Nationalpark Egge, der auch auf Marsberger Gebiet liegt, könnte bald der Vergangenheit angehören. Zumindest im Nachbarkreis Höxter wurde ein möglicher Vorentscheid getroffen. Der Kreistag Höxter hat am 5. Oktober mit deutlicher Mehrheit gegen einen möglichen Nationalpark Egge gestimmt. Eine Resolution, die von der FDP beantragt und von der CDU, der AfD, der UWG und den Freien Wählern unterstützt wurde, dokumentiert diese Entscheidung. Lediglich 17 von 45 Kreisräten stimmten für einen Antrag der Grünen, der eine weitere Offenhaltung der Entscheidung zum Nationalpark forderte.

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Die Regierungsparteien CDU und Grüne haben in ihrem Koalitionsvertrag festgelegt, dass sie einen zweiten Nationalpark in Nordrhein-Westfalen errichten wollen. Dieses Vorhaben wird von verschiedenen Natur- und Umweltschutzverbänden unterstützt, die betonen, dass der Nationalpark Egge „oberste Priorität haben“ sollte. Sie weisen darauf hin, dass die Egge fachlich für einen Nationalpark qualifiziert ist. Behörden zufolge muss ein Nationalpark eine Mindestgröße von 10.000 Hektar haben. Das geplante Gebiet des Nationalparks Egge würde ca. 12.000 Hektar umfassen.

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Obwohl sich grundsätzlich jede Region bewerben kann, hat die Regierung bereits sechs Gebiete als besonders geeignet aufgeführt: Den Reichswald am Niederrhein, das Eggegebirge in Ostwestfalen, den Arnsberger Wald sowie das Ebbegebirge im Sauerland, den Rothaarkamm im Kreis Siegen-Wittgenstein und den Hürtgenwald südlich von Aachen und Düren. In Nordrhein-Westfalen gibt es bereits einen Nationalpark in der Eifel, der 2004 mit einer Fläche von 110 Quadratkilometern gegründet wurde.

Befürworter kritisieren Entscheidung

Die Resolution des Kreises Höxter fordert das Land NRW auf, die Nationalparkplanungen zu stoppen und stattdessen den bestehenden Naturpark Teutoburger Wald/Eggegebirge weiterzuentwickeln. Die Befürworter eines Nationalparks Egge argumentieren hingegen mit den ökologischen und touristischen Chancen, die ein solches Großschutzgebiet bieten würde. Sie kritisieren, dass der Kreistag Höxter die Informations- und Bewerbungsphase der Landesregierung torpediert hat, ohne sich ausreichend mit dem Thema auseinanderzusetzen.

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Dies stößt auch bei den Naturschutzvereinigungen, die in der Bezirkskonferenz Naturschutz OWL vertreten sind, auf Unverständnis. Karsten Otte, Sprecher der Bezirkskonferenz, fragt: „Wie kann man über so ein wichtiges Leuchtturmprojekt für die Region entscheiden, bevor alle Informationen und Argumente auf dem Tisch liegen? Haben einige Parteien und Interessengruppen berechtigte Furcht vor einem Fakten-Check, nachdem über Wochen demagogische Falschinformationen von Nationalparkgegnern verbreitet wurden?“ Während der Hochsauerlandkreis erst im November im Kreistag berät, könnte bereits am 18. Oktober in Paderborn eine weitere Entscheidung fallen. Der größte Teil des möglichen Nationalparks Egge liegt im Gebiet des Kreises Paderborn, daher wird die Entscheidung mit großer Spannung erwartet.

Ministerpräsident Wüst: „Wir drücken nicht von oben einen Nationalpark rein“

Aber auch dort müssen die Nationalparkbefürworter vermutlich mit einer Niederlage rechnen. Die CDU im Kreis Paderborn steht dem Projekt schon länger skeptisch gegenüber, hat sich aber noch nicht endgültig auf ein Vorgehen festgelegt. Zusammen mit der FDP im Kreistag, die das Nationalpark-Projekt ablehnt, verfügen beide Parteien über eine ausreichende Mehrheit, um das Projekt zumindest vorerst zu stoppen.

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Zwar besteht theoretisch weiterhin die Möglichkeit, dass sich die betroffenen Kreise in einem offenen Verfahren für einen Nationalpark entscheiden könnten, jedoch macht Ministerpräsident Hendrik Wüst deutlich: „Wir drücken nicht von oben aus Düsseldorf einen Nationalpark rein“, so Wüst am vergangenen Dienstag. Die Skepsis ist auch im Hochsauerlandkreis vorherrschend. Karl Schneider, Landrat des Hochsauerland-Kreises, warnt: „Wir müssen aufpassen, dass wir uns nicht selbst lahmlegen.“ Er kann die Skepsis der Industrie angesichts zu erwartender weiterer Auflagen, die ein Nationalpark mit sich bringt, verstehen. Und auch in Marsberg gibt es Widerstand: „Nein, wir wollen ihn nicht“, sagt zum Beispiel der Meerhofer Ortsbürgermeister Hans-Josef Dülme. „Nicht nur die Forst- oder Landwirte sind dagegen, sondern die ganze Dorfbevölkerung.“ Der Ortsbürgermeister wohnt direkt am Waldrand. Die Meerhofer seien mit ihrer „grünen guten Stube direkt vor der Haustür“ tief verwurzelt. Seit Jahrhunderten lebten sie mit, von und durch den Wald.