Olsberg/Wulmeringhausen. Eigentlich hat sie schlaflose Nächte, dennoch traut sich die Olsbergerin Janina Rath und macht sich selbstständig. Sie sagt, wie sich das anfühlt
Janina Rath ist in ihrem Leben immer drei Umwege zum Ziel gegangen, das sagt sie selbst. Die 33-Jährige lacht zwar darüber, doch hinter ihr liegen nicht immer leichte Wege und Entscheidungen. Trotzdem hat sie all ihren Mut zusammengenommen und sich mit ihrem Traum selbstständig gemacht – trotz schlafloser Nächte.
Etwas abgelegen liegt es, Am Bach in Olsberg-Wulmeringhausen
Janina Rath sitzt in ihrem kleinen, neuen Beauty-Studio „JR Beauty“. Etwas abgelegen liegt es, Am Bach in Olsberg-Wulmeringhausen. Doch es ist hell, modern und gemütlich. Auf der Liege liegt eine Rose, auf dem Beistelltisch steht Wasser mit Zitrone und Limette. Als Janina Rath anfängt zu erzählen, kann sie nicht mehr aufhören. Als müssten all die Sorgen aus den letzten Jahren, die Zweifel und Ängste einmal raus.
Die Beziehung endet, sie kehrt zurück nach Bestwig – und ist bei null
Sie ist in Gevelinghausen groß geworden, doch wegen ihres Berufes und ihrem damaligen Freund entscheidet sie sich, nach Nürnberg zu ziehen. Viereinhalb Jahre lebt sie dort. Sie schüttelt den Kopf. „Ich bin sehr bodenständig aufgewachsen und habe irgendwann gemerkt, dass ich mich in Nürnberg nicht Zuhause fühlen kann.“ Die Beziehung endet, sie kehrt zurück nach Bestwig – und ist bei null. Kein Job, keine Beziehung, keine Perspektive, so sagt sie es. Sie findet einen Job im kaufmännischen Bereich in Unna. 40 Stunden die Woche. „Irgendwann hab ich eine alte Freundin wiedergetroffen, die ein Kosmetikstudio in Dortmund betreibt. Ich habe für sie bei Schulungen gemodelt und gemerkt, dass ist mein Traum. Ich wollte schon immer ein zweites Standbein und mir etwas aufbauen.“ Sie beginnt, zu sparen. Irgendwann kann sie sich das Equipment für Aquafacial, Wimpernlifting und Microneedling leisten. Die Miete für einen Laden ist nicht drin. „Mein Vater ist früh gestorben, er war sehr krank. Das war eine harte Zeit und dazu kommt, dass ich keine großartige finanzielle Hilfe von meiner Familie bekommen konnte. Sie waren für mich da, für mich sorgen musste ich aber allein.“
„Ich könnte eine Love Story darüber schreiben“
Für Janina Rath ändert sich alles, als sie einen alten Freund aus Schulzeiten wiedertrifft, nach 17 Jahren. Sie kennen sich noch aus der Schule. Es funkt. „Ich könnte eine Love Story darüber schreiben, wir sind wie siamesische Zwillinge. Wir haben uns getroffen und seit Tag eins wohne ich nun schon bei ihm, ich bin hier nicht mehr weggegangen“, sagt sie über ihren Partner. „Ich bin froh und dankbar.“ Ihre Schwiegermutter hat irgendwann eine Idee: „Sie bot mir an, mein Studio hier einzurichten, in ihrem Haus.“ Janina Rath sagt zu. Für sie beginnt eine harte Zeit. Sie arbeitet rund um die Uhr. Tagsüber fährt sie nach Unna, arbeitet als kaufmännische Angestellte. Am Abend behandelt sie ihre Kundinnen im Beauty-Studio. Nebenbei macht sie einen 450-Euro-Job im Sicherheitsdienst. „Ich habe viel Freizeit geopfert, um mich weiterzuentwickeln, um Geld zu verdienen und meine Investitionen abzubezahlen.“ Immer wieder ist da der Gedanke, ob das Risiko zu groß ist. Ob die Kunden wirklich kommen? Trotzdem wagt sie den nächsten Schritt, kauft sich einen Laser für die dauerhafte Haarentfernung.
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„Ich habe liebevolle Kunden, die mir immer wieder sagen, dass ich weitermachen soll“
„Ich habe sehr liebevolle Kunden, die mir immer wieder sagen, dass ich weitermachen soll. Die mir gut Zureden.“ Janina Rath wischt sich eine Träne aus den Augen. „Das bedeutet mir so viel.“ Gleichzeitig sagt sie, dass sie ohne ihren Mann schon oft aufgehört hätte. „Er ist sehr rational und ergänzt meine emotionale Seite. Er finanziert meinen Laden nicht, das mache ich allein. Aber er sagt mir immer, dass er für mich da ist und das ist er auch, er bedeutet mir alles!“
Wie groß ist der Traum vom eigenen Beauty-Studio?
Während der Corona-Pandemie legt sie ihren Traum vom eigenen Studio, dem zweiten Standbein, auf Eis. Sie ist in Kurzarbeit, viel Geld für Investitionen kann sie nicht ausgeben. „Ich konnte nichts machen. Keiner konnte zu Behandlungen kommen.“ Über ihren Instagram-Kanal jr__beauty__ hält sie Kontakt zu Kunden. Erst nach und nach geht es wieder los, als die Pandemie endet. Sie wechselt ihren Job, geht von Unna nach Olsberg. Die reine Selbstständigkeit traut sie sich damals noch nicht zu. Doch irgendwie ist der Job in Olsberg nicht das Richtige – und dann wird sie auch noch krank. „Ich war immer jemand, der Sachen für sich allein ausmachen wollte. Aber irgendwann habe ich verstanden, dass ich doch Hilfe brauche“, sagt sie. Sie nimmt sich die Zeit, wird langsam wieder gesund. Den Job in Olsberg tritt sie nicht mehr an. Ihr Mann sagt, das könne ein Zeichen sein, endlich eine Entscheidung zu treffen, doch Janina Rath zögert noch. Sie sucht nach Trends, stößt auf Abnehmen im Liegen. Sie findet das Konzept gut. Um diese Behandlung aber anbieten zu können, muss sie viel Geld in die Hand nehmen, Lizenzen erwerben, das Gerät kaufen. All das kostet mehrere Zehntausend Euro. Ist es das wert, das Risiko? Wie groß ist der Traum vom eigenen Beauty-Studio? „Ich hatte drei schlaflose Nächte. Bis ich irgendwann gedacht habe: Was, wenn es funktioniert?“
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Und mit jedem Schritt fühlt es sich mehr nach der richtigen Entscheidung an
Janina Rath sagt ja. Zur Selbstständigkeit. Und mit jedem Schritt fühlt es sich mehr nach der richtigen Entscheidung an. Jetzt ist alles da, das Gerät, ihr eigenes kleines Studio und die Kunden. Aus Dortmund, Winterberg, Arnsberg, Olsberg, Brilon. Sie wirbt auf Social Media für sich, auf der Olsberger Messe im Oktober ist sie auch.
Noch immer hat Janina Rath schlaflose Nächte. Ängste lassen sich nicht so schnell überwinden. Aber sie glaubt an sich selbst. „Ich glaube an mich und meine Kunden. Ich bin dankbar für alle, die mich zu diesem Schritt gepusht haben. Und die tollen Rückmeldungen berühren mich.“