Brilon/Arnsberg. Eine Frau wird auf dem Eggergelände in Brilon von einem Gabelstapler tödlich verletzt. Am letzten Prozesstag wendet sich das Bild auf das Unglück

Der Berufungsprozess vor der 3. Kleinen Strafkammer beim Landgericht Arnsberg wegen fahrlässiger Tötung auf dem Gelände von Egger in Brilon ging am Freitag nach dem zweiten Verhandlungstag zu Ende. Der dritte Prozesstag, der für den 29. September anberaumt war, wurde nicht mehr benötigt, weil nach dem Gutachten des Sachverständigen die Schuldfrage deutlich wurde.

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Die Staatsanwaltschaft hatte einen heute 53-jährigen Mann aus Bestwig angeklagt, Mitte Dezember 2019 durch Fahrlässigkeit den Tod einer damals 29-jährigen Frau verursacht zu haben. Der Angeklagte sollte sie demnach mit einem schweren Gabelstabler an- und überfahren haben, was zu ihrem Tod an der Unfallstelle in einer Werkshalle der Firma Egger führte.

Amtsgericht verurteilt Fahrer wegen fahrlässiger Tötung

Das Amtsgericht Brilon hatte den 53-Jährigen wegen fahrlässiger Tötung zu einer einjährigen Freiheitsstrafe zur Bewährung verurteilt. Es war davon ausgegangen, dass der Stapler-Fahrer die an seinem Fahrzeug montierte Kamera ausgeschaltet hatte und deshalb die Frau, die die Fahrbahn überquerte, nicht gesehen habe. Dem widersprach der Angeklagte und legte gegen das Urteil Berufung ein. Deshalb musste das Verfahren jetzt vor der Berufungskammer des Landgerichtes neu verhandelt werden.

Ortstermin bring in der Berufungsverhandlung Klarheit

Nach dem ersten Verhandlungstag hatten sich die beteiligten Parteien bei einem Ortstermin ein Bild von den Umständen in der Werkshalle und dem Gabelstapler gemacht, um zu einem gerechten Urteil zu kommen. Dabei halfen ihnen am zweiten Prozesstag auch die Vernehmungen von sechs Zeugen und speziell die Ausführungen eines Sachverständigen. Dieser hatte gutachterlich festgestellt, dass es nicht von Bedeutung gewesen sei, ob die Kamera ein- oder ausgeschaltet gewesen war, weil man bei der Tätigkeit des Fahrers nicht dauerhaft auf den Monitor der Kamera blicken könne. Durch die Ladung mit Spanplatten auf der Gabel sei eine Sicht nach vorn nicht gegeben gewesen. Er habe lediglich links und rechts an der Ladung vorbeischauen können. Die Frau befand sich jedoch bei dem Anprall im verdeckten Sichtbereich mittig vor dem Stapler. Auch bei einer eingeschalteten Kamera habe der Fahrer die Frau nicht in jeder Position sehen können.

Zeugenvernehmungen beseitigen letzte Zweifel

Des Weiteren stellte sich bei den Zeugenvernehmungen heraus, dass die Frau, eine Reinigungskraft, den Weg hätte nicht nehmen dürfen. Sie war mehrfach schon darauf hingewiesen worden, nicht durch die Halle, sondern außen herum zu ihrem Arbeitsplatz zu gehen. Zudem trug sie zur Unfallzeit eine Kapuze, die ihre Sicht einschränkte und soll gleichzeitig Ohrstöpsel getragen haben. Ein Blickkontakt zwischen einem Fußgänger und einem Stapler-Fahrer, wie er nach den Verhaltensvorschriften des Werkes vorgegeben ist, hatte nicht stattgefunden.

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Durch das Gutachten des Sachverständigen wurde der Angeklagte eindeutig entlastet. Das führte dazu, dass die Staatsanwältin von einem Antrag auf Bestrafung absah. Der Verteidiger des Angeklagten, Rechtsanwalt Otto Entrup, vermerkte , man solle bedenken, dass sein Mandant ohne Vorstrafen sei, selbst unter den Umständen des Unfalles schwer gelitten habe und noch heute leide, psychische immer noch angeschlagen sei, und er auch nicht fahrlässig gehandelt habe. „Durch den Sachverständigen ist klar geworden, dass die Frau nicht unschuldig an der Verursachung des tragischen Unfalles war. Die zu dem Unfall geführten Umstände hat mein Mandant nicht zu vertreten“, argumentierte Otto Entrup.

Die Berufungskammer kam zu demselben Ergebnis und beschloss, mit Zustimmung der Staatsanwältin und des Angeschuldigten, das Verfahren ohne Auflagen einzustellen.