Hochsauerlandkreis. Kriminalhauptkommissar Oliver Milhoff ist im HSK im Opferschutz tätig. Er erzählt, wie er Menschen auf dem Weg aus der Opferrolle begleitet.
Oft stehen die Täter im Fokus, wenn Straftaten begangen und Verbrechen aufgeklärt werden. Doch auch der Opferschutz ist fester Bestandteile polizeilicher Arbeit. Kriminalhauptkommissar Oliver Milhoff ist als Opferschutzbeauftragter für den Bereich Kriminalität zuständig. Im HSK gab es im vergangenen Jahr insgesamt 315 Fälle, die in seinen Aufgabenbereich fallen. Der größte Anteil betrifft den Bereich der Häuslichen Gewalt, gefolgt von Sexualdelikten. Auch bei Straftaten gegenüber älteren Mitbürgern (Trickbetrug, Enkeltrick etc.) wird der Opferschutzbeauftragte tätig. Wir haben Oliver Milhoff zu seiner Arbeit befragt.
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Hilfe bei Gewaltdelikten
Wann werden Sie als Opferschutzbeauftragter der Polizei aktiv?
Ich werde sowohl von einschreitenden Kolleginnen und Kollegen vor Ort, als auch durch zuständige Sachbearbeiter/innen oder letztendlich Geschädigte selbst informiert. Insbesondere bei Häuslicher Gewalt und Körperverletzungsdelikten mit schwer verletzten Personen werde ich von mir aus tätig und suche den Kontakt. In laufenden Einsätzen mit hohem Personalansatz wie beispielsweise Vermisstensachen oder Gewaltdelikten können die Kolleginnen und Kollegen vor Ort durch den Opferschutz unterstützt werden.
Wie wichtig ist es für Opfer, bei der Polizei einen Ansprechpartner zu haben?
Neben der Aufklärung der Straftat als Aufgabe und Pflicht des Rechtsstaats, ist es wichtig, den Opfern von Straftaten bestmögliche Hilfestellung zu geben und sie auf ihrem Weg aus der Opferrolle hinaus zu begleiten. Jedes Opfer soll schnelle, unkomplizierte und verlässliche Hilfe und Unterstützung erfahren.
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Wichtig: Zuhören
Wer Opfer einer Straftat, eines Unfalls oder eines sonstigen Unglücks geworden ist, fühlt sich oft hilflos und allein gelassen. Doch es gibt zahlreiche rechtliche Möglichkeiten, Menschen zu helfen, die Opfer geworden sind. Wie können Sie den Betroffenen helfen?
Für den oder die Betroffene bin ich erst einmal da und höre zu. Und so banal wie das klingt: Es ist jemand da, der zuhört und sich für einen interessiert. Für viele Menschen ist das mittlerweile ein Luxus, den sie im oft hektischen Alltag kaum noch erfahren. Ich versuche mir möglichst persönlich einen Eindruck zu verschaffen, was der oder die Betreffende benötigt. Oft weiß der Personenkreis gar nicht, welche Möglichkeiten ihm zusteht oder was er konkret in seiner Situation benötigt. Dann vermittele ich zeitnah an die entsprechende Hilfsorganisation bis hin zur Traumaversorgung. Des weiteren unterstützen wir bei Anträgen nach dem Opferentschädigungsgesetz, dem Gewaltschutzgesetz bis hin zur kostenlosen Einbruchschutzberatung.
HSK Opferschutz mit zwei Schwerpunkt-Bereichen
Der Opferschutz ist bei der Kreispolizeibehörde in zwei Bereiche aufgeteilt: Verkehr und Kriminalität.
Im Bereich Kriminalität gab es 2019 insgesamt 600 Fälle, 2020 waren es 470 Fälle und 2022 wurden 315 Fälle registriert. Für 2023 erwartet die Polizei eine Steigerung gegenüber 2022.
Im Bereich Verkehr wurden 2022 insgesamt 294 Fälle registriert. In diesem Jahr wurden bisher schon 373 Fälle bekannt. Dabei geht es insbesondere um Verkehrsunfälle mit schwer verletzten oder getöteten Personen. Auch Ersthelfer, Zeugen, Familienangehörige werden betreut. Außerdem kommt es zu Einsätzen bei Verkehrsunfällen mit leicht verletzten Personen, z. B. dann, wenn Senioren oder Kinder betroffen sind.
Manche Opfer lehnen Unterstützung ab
Unter welchen Folgen leiden diese Menschen am meisten?
Dies kann man nicht pauschal sagen, da wir mit Menschen zu tun haben, die sich teils in einer nie dagewesenen Ausnahmesituation befinden. Dies kann geprägt sein von finanziellen Sorgen, Zukunftsängsten, familiären Auseinandersetzungen, anstehenden Gerichtsterminen und leider auch körperlichen Beeinträchtigungen.
Wann stoßen Sie als Polizei mit Ihrer Hilfe an Grenzen?
An Grenzen stoßen wir, wenn augenscheinlich Unterstützung notwendig erscheint, angebotene Hilfe jedoch aus Scham oder Unkenntnis beziehungsweise etwaigen Vorbehalten von vornherein vehement abgelehnt wird. Das Legalitätsprinzip verpflichtet die Strafverfolgungsbehörden, der Strafverfolgung nachzukommen und grundsätzlich jeden Anfangsverdacht durch weitere Ermittlungen zu verfolgen. So unterliegen wir mit unserer beratenden Tätigkeit ebenfalls dem Strafverfolgungszwang.
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Schwierige Aufgabe: Eine Todesnachricht überbringen
Gibt es Fälle, die Ihnen persönlich besonders nahe gehen?
Dies möchte ich gar nicht an der eigentlichen Straftat an sich festmachen, sondern an den Umständen, wie die erfolgte Straftat das Opfer oder dessen Umfeld, wie zum Beispiel leidtragende Kinder beeinträchtigt. Die sensible Aufgabe der Todesbenachrichtigung von Angehörigen ist meines Erachtens eine der schwierigsten Aufgaben der Polizei, und ein Teil meiner Tätigkeit. Aber auch Sachverhalte, die bereits schutzbedürftige Personengruppen betreffen, gehen schon nahe. Beispielsweise Menschen mit Handicap oder einsame ältere Herrschaften als Zielgruppe perfider, agierender Betrüger und Co. - das ist wirklich herausfordernd.
Wie gelingt es Ihnen, sich vom Schicksal der Menschen nicht zu sehr mitreißen zu lassen und immer eine professionelle Distanz zu wahren?
Der gesunde Ausgleich, die Balance ist wichtig. Die eigene Familie als Anker, Freizeitverhalten aber auch dienstliche Fortbildungs- und Dienstsportangebote sorgen für die professionelle aber angemessene Distanz – ohne den Verlust der Menschlichkeit. Darüber hinaus zehre ich persönlich selbstverständlich von positiven Rückmeldungen Angehöriger, Vorgesetzten, Kolleginnen und Kollegen sowie letztendlich Beteiligten. Erfolgsgeschichten Geschädigter bestätigen mich zusätzlich in meiner anspruchsvollen Arbeit.