Brilon/Düsseldorf. Egger wollte in Brilon 30 Millionen Euro investieren. Doch jetzt fließt das Geld nach Würzburg. Der NRW-Regierung wird die Verantwortung gegeben.

Verhinderte das Umweltministerium in NRW eine Investition in Höhe von 30 Millionen Euro in Brilon? Mehrere Quellen berichten übereinstimmend, dass durch einen neuen Erlass des Umweltministeriums unter Minister Oliver Krischer (Bündnis 90/Die Grünen) vom Oktober 2022 eine bereits konkret geplante Modernisierung einer Holzrecyclinganlage in Brilon so lange verzögert wurde, dass sich der österreichische Konzern Egger nun für eine Investition in Bayern entschieden hat.

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NRW-Umweltministerium weist Vorwurf zurück

Das Umweltministerium in Nordrhein-Westfalen weist den Vorwurf zurück, dass dieser Erlass des Ministeriums zu einem Investitionsstopp in Brilon geführt habe.

Egger jedenfalls baut die Anlage nun in der Nähe von Würzburg, wo der Konzern durch Übernahme gerade einen neuen Standort erworben hat.

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Die Firma Egger ist ein Hersteller von Holzwerkstoffen mit Stammsitz in St. Johann in Tirol, Österreich. Sie produziert rohe und beschichtete Span- und Faserplatten, die in Möbeln, im Innenausbau, für Fußböden und im konstruktiven Holzbau verwendet werden. Das Unternehmen hat 22 Werke in elf Ländern, darunter auch den Standort in Brilon, und befindet sich in Familienbesitz.

Egger betreibt Werk in Brilon seit 1989

Das Egger-Werk in Brilon.
Das Egger-Werk in Brilon. © Franz Köster

Das Werk in Brilon besteht seit 1989. Es war die erste große Investition der Firma Egger im Ausland. Mittlerweile ist die Mitarbeiterzahl von 200 auf über 1200 Mitarbeiter angewachsen: „Wir haben in den vergangenen Jahren insgesamt 730 Millionen Euro investiert. Auch für dieses und nächstes Jahr sind hier weitere Investitionen geplant, so zum Beispiel in eine Ausbildungswerkstatt“, können die Egger-Geschäftsführer Martin Ansorge und Paul Lingemann berichten. Ziel sei eine Ausbildungsquote von zehn Prozent.

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Das Recyceln von Holz trägt zu einer ganzheitlichen Nutzung des natürlichen Rohstoffes bei. Eine Holzrecyclinganlage sammelt Altholz aus verschiedenen Quellen wie dem Bau- und Abbruchgewerbe, der Möbelindustrie und privaten Haushalten. Das gesammelte Altholz wird sortiert, zerkleinert, gereinigt und aufbereitet, um es für eine weitere Verwertung vorzubereiten. Ein Teil des Holzes kann zum Beispiel bei der Spanplattenproduktion zum Einsatz kommen, aber auch eine Verbrennung zur Erzeugung von Wärme und Strom ist möglich. Insgesamt könne der Konzern so jährlich 200.000 Tonnen CO2 einsparen.

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Das Modernisierungsprojekt in Brilon war nach Unternehmensangaben bereits kurz vor Baubeginn, als der Erlass aus Düsseldorf den Prozess unterbrochen habe. Dieser Erlass vom 14. Oktober 2022 legt fest, dass Holzrecyclinganlagen nicht singulär betrachtet werden, sondern als Teil der Hauptanlage gelten. Dies hätte nach Ansicht von Egger eine erneute Umweltverträglichkeitsprüfung nach sich gezogen. Was nach Unternehmensangaben bedeutet, dass man zusätzliche Gutachten hätte erstellen müssen. Dies hätte das Projekt demnach um mindestens ein halbes Jahr verzögert. Auch, weil es für laufende Planungsverfahren keine Übergangsfristen gab.

Projekt wird in Brilon nicht mehr verfolgt

Aus dem Umfeld von Egger ist zu hören, dass die Planungsunsicherheit und der damit verbundene bürokratische Aufwand letztlich dazu geführt haben, das Projekt am Standort Brilon nicht weiterzuverfolgen. Die Geschäftsführung legt jedoch Wert auf die Feststellung, dass alle zuständigen Genehmigungsbehörden, wie Stadt, Kreis und Bezirk, vorbildlich gehandelt hätten: „Die Genehmigungen waren schnell da“, so Martin Ansorge.

In der Zwischenzeit ergab sich für Egger jedoch die Perspektive, eine Holzrecyclinganlage in Bayern zu bauen, die sich mit der Übernahme des Rauch-Spanplattenwerks in Markt Bibart bei Würzburg konkretisiert hat. Der Kaufvertrag wurde am 8. September unterzeichnet.

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Das Spanplattenwerk wird der 22. Produktionsstandort der Egger Gruppe, die damit ihre Stellung im europäischen Heimatmarkt weiter stärken will. Die Rauch-Gruppe, ein Familienunternehmen mit langer Tradition im Möbelbau, will sich nach dem Verkauf voll auf die Weiterentwicklung ihrer Möbelwerke konzentrieren. Über den Kaufpreis und weitere Details der Transaktion wurde Stillschweigen vereinbart. Die kartellrechtliche Genehmigung steht noch aus.

Andere Rechtslage kommt Konzern entgegen

Das die Anlage nun am neuen Standort gebaut werden soll, begründet Egger so: Das Land Bayern gehe deutlich unbürokratischer mit diesem Thema um und betrachte Holzrecyclinganlagen als Teil der holzverarbeitenden Industrie. Damit würden weniger Genehmigungen benötigt. Die bereits für Brilon bestellten Maschinen sollen jetzt voraussichtlich am neuen Standort zum Einsatz kommen. Das Unternehmen betont aber, dass es weiterhin an seinem Standort in Brilon festhält und dort keine Arbeitsplätze abbaut. Im Gegenteil: Allein in diesem und nächsten Jahr werden laut Unternehmen etwa 100 Millionen Euro in Brilon investiert.

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Der Bürgermeister von Brilon, Dr. Christof Bartsch (SPD), äußert sich dennoch verärgert über die Situation: „Es ist auch für die Stadt ärgerlich, weil mit dem Bau der Anlage sicher auch Aufträge für Unternehmen von vor Ort verbunden gewesen wären“, sagt er. Er betont, dass Egger ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für Brilon sei und viele lokale Zulieferer und Dienstleister beschäftige. Bartsch lobt jedoch auch die Standorttreue von Egger, die er als vorbildlich bezeichnet.

Aus Sicht des Landesministeriums, hat die Entscheidung des österreichischen Konzerns nichts mit dem Erlass aus dem eigenen Hause zu tun. Egger hätte laut Ministeriumssprecher für das Vorhaben gar keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchführen müssen. Dies sei der Firma nach einer Vor-Prüfung durch die Bezirksregierung auch mitgeteilt worden. Das Ministerium betont, dass es aus ihrer Sicht keinen Zusammenhang zwischen dem Erlass und der geplanten Entscheidung der Firma gebe. Nach Aussagen der zuständigen Genehmigungsbehörde beruht die mögliche Entscheidung des Unternehmens für einen Investitionsstopp auf rein innerbetrieblichen Erwägungen. Diese Gründe könne und wolle das Ministerium nicht bewerten, heißt es aus Düsseldorf abschließend.