Brilon/Marsberg. Eigentlich hat sich der Marsberger Michael Hamm ein Ingenieur-Studium nie zugetraut, doch er stürzt sich ins kalte Wasser. Mit Erfolg.

Eigentlich hat sich Michael Hamm nach der Schule ein Ingenieurstudium nicht zugetraut. „Mein erster Plan war eine Ausbildung zu machen“, sagt der Marsberger. Dann sieht er eine Stellenanzeige der Firma Lobbe, zuständig für die Abfallentsorgung im Sauerland. „Ich hab es einfach versucht“, sagt er. Beim Vorstellungsgespräch darf er an einem Rundgang teilnehmen, der ihn direkt fasziniert. Jetzt, rund sechs Jahre später, hat er sein duales Studium abgeschlossen und arbeitet als Betriebsleiter vom Briloner Kompostwerk. Sein Mut hat sich ausgezahlt.

Nach nur kurzer Zeit hat er seinen Abschluss in der Tasche

2017 hat Michael Hamm sein Abitur in Marsberg gemacht. Nachdem Lobbe ihm eine Zusage gibt, beginnt er sein duales Studium als Fachkraft für Kreislauf- und Abfallwirtschaft. Im theoretischen Teil, also während des technischen Studiums, arbeitet er auf den Abschluss in der Entsorgungswirtschaft hin. Zwei Jahre studiert er in Teilzeit. Dazu ist er zwei Tage die Woche in Gelsenkirchen an der Berufs- und Hochschule. Dort hat er regelmäßig auch Blockunterricht. Seine Ausbildung, verkürzt auf zwei Jahre, absolviert er in Brilon und sammelt betriebliche Praxis. Dann folgen zwei Jahre Vollzeit-Studium. In den Semesterferien arbeitet er, durchläuft verschiedene Abteilungen, fährt auch auf dem Müllsammelfahrzeug mit. Ein voller Terminplan. „Ich hatte eine tolerante Berufsschule und habe viel in meiner Freizeit gelernt. Natürlich musste ich da Abstriche machen, aber das war machbar“, sagt Michael Hamm. Nach der Vorlesungszeit integriert sich Michael Hamm zu Hundert Prozent im Job, am Abend schreibt er seine Bachelorarbeit. Im August 2022 dann der Abschluss. „Dass es in die Betriebsleiterschiene gehen würde, war dann schnell klar.“

Zu seinen Aufgaben gehört unter anderem auch der Arbeitsschutz

Er übernimmt die Leitung vom Kompostwerk, wird von seinem Vorgänger noch bis zu seinem Renteneintritt eingearbeitet. Zusätzlich übernimmt er die Betriebsleitung von einer kleinen Sortieranlage in Flechtdorf. Zu seinen Aufgaben gehört unter anderem auch der Arbeitsschutz. „Das ist mit die wichtigste Aufgabe“, so Hamm. Er sorgt dafür, dass der Anlagenbetrieb läuft, verwaltet die Technik, leitet die Kompostierung an. Ein komplexer Vorgang. „Ich muss beispielsweise darauf achten, dass genug Feuchtigkeit herrscht und Störstoffe aus dem Kompost beseitigt werden.

20.000 Tonnen Bioabfall werden in Brilon jährlich angeliefert.
20.000 Tonnen Bioabfall werden in Brilon jährlich angeliefert. © Jana Naima Schopper
Hier wird der Müll geordnet und weiterverarbeitet.
Hier wird der Müll geordnet und weiterverarbeitet. © Jana Naima Schopper

20.000 Tonnen Bioabfall werden in Brilon jährlich angeliefert. Michael Hamm steht vor einer großen Halle. Es stinkt. Berge von Erde, Grünschnitt und Lebensmittelresten türmen sich vor ihm auf. Fünf oder sechs mal höher als er. Dazwischen liegen auch Plastiksäcke, mal ein Plastikeimer. „Fehlwürfe sind natürlich ärgerlich“, sagt er und deutet auf die Plastikteile in dem Haufen. Der Müll wird nach und nach aufgeschüttet und kompostiert, so entsteht am Ende Dünger.

„Da besteht ein hohes Risiko an Brandgefahr“

Er trägt viel Verantwortung. Passieren Fehler, sind Stillstand oder Personenschäden im schlimmsten Fall die Folgen. „Das ist immer in meinem Bewusstsein und ich bin sofort zur Stelle, wenn etwas ist“, sagt Michael Hamm. Er betreut nicht nur die Technik in der Kompostanlage, sondern auch die Brandmeldetechnik des gesamten Standortes in Brilon. „Da besteht ein hohes Risiko an Brandgefahr, insbesondere durch die Fehlwürfe.“ Am schlimmsten seien die Lithiumionenakkus, Batterien sozusagen. Diese werden oft auch in gelben Säcken entsorgt, obwohl sie gesondert abgegeben werden müssen. Ein Fehlwurf kann so zu einer ernsthaften Gefahr werden.

Michael Hamms Tag beginnt um 8 Uhr mit einem Kaffee

Michael Hamms Tag beginnt um 8 Uhr mit einem Kaffee und allgemeinen Verwaltungsarbeiten. Er führt Betriebstagebücher, checkt ob alles korrekt abgelaufen und verwogen worden ist. Dann macht er seinen ersten Rundgang an der Anlage. Er spricht mit den Kollegen, fragt was ansteht und wo es vielleicht Probleme gegeben hat. „Probleme sind eigentlich immer da. Die nehme ich dann mit ins Büro und gehe in die Absprache mit entsprechenden Fachfirmen.“ Später geht er für einen zweiten Rundgang Richtung Kompostanlage. Um 17 Uhr ist sein Tag vorbei. Seitdem er diesen Job macht merkt er, dass es ihm an kaufmännischer Expertise fehlt, jetzt steht eine Fortbildung zum technischen Betriebswirt an. In der Abendschule „Ich habe gemerkt, dass ich Nachholbedarf habe und wollte in diesem Bereich weitermachen. Irgendwann hätte ich auch die Möglichkeit meinen Master zu machen.“ Er macht eine kurze Pause. „Aber jetzt gerade bin ich noch in der Abendschule, mal sehen was noch kommt.“

Hier lagert der fertige Kompost.
Hier lagert der fertige Kompost. © WP | Jana Naima Schopper

Innerhalb kürzester Zeit hat Michael Hamm es zu einer Leitungsfunktion mit großem Verantwortungsbereich geschafft. Mit 24 Jahren. „Ich bin stolz“, sagt er. Und lacht. „Vor allem, dass ich mein Studium geschafft habe. Ich war nie das Mathe-Ass und hab mir das so nicht zugetraut.“ Fleiß ist seine Antwort darauf, wie er seine Zweifel überwunden hat. „Ich bin die Rechnungen immer und immer wieder durchgegangen und habe mir Unterstützung von den Kommilitonen geholt.“

Arbeit in der Abfallwirtschaft: „Diese Vorurteile stimmen einfach nicht“

Die Branche, dieses Klischee von stinkendem Müll und dreckiger Arbeit, das habe ihn nicht abgeschreckt. Im Gegenteil. „Diese Vorurteile stimmen einfach nicht. Es ist vielmehr faszinierend, wenn man hier auf dem Hof steht und erleben kann, wie vielseitig die Branche ist.“ Es gebe zahlreiche Fachbereiche, Biomasse, gefährliche Abfälle, Schrott, Mineralik – „das ist so vielseitig und mit Müll kommt man nicht mehr so in Berührung. Diese Zeiten sind vorbei.“ Michael Hamm hofft, viele Menschen für diese Branche begeistern zu können, denn sie sei zukunftsweisend. „Gerade das Thema Nachhaltigkeit ist hier groß. Kreislaufwirtschaft. Wir müssen und werden unseren Beitrag dazu leisten. Unser Job ist etwas handfestes, was man für den Klimaschutz tun kann.“

*** Unternehmenspass ***

Mitarbeiter: 2750

Standorte: 63 in Deutschland

Branche: Entsorgung, Kanaldienstleistungen, Industrieservice, Havariemanagement, Sanierung

Ausbildungsbetrieb: Ja. Ab 1. August 2023 insgesamt 46 neue Azubis (gesamte Lobbe-Gruppe)

Organisation: Mittelständisches Familien-Unternehmen, flache Hierarchien, engagierte Mitarbeiter bekommen klare Chancen und Perspektiven

Arbeitszeit: Flexibel / 40-Stunden-Woche

Arbeitsplatz: Brilon

Benefits: Steuerfreie Sachbezüge, Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, regelmäßige Arbeitszeiten

Als Berufskraftfahrer: Bezahlung des LKW-Führerscheins BUK Familienservice – Dienstleister für Familienangelegenheiten wie Pflege der Eltern, Kinderbetreuung etc.

Weiterbildung: Mit interner und externer Weiterbildung werden Kompetenzen und Qualifikationen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gefördert