Brilon. Eine Petition für Fairness: Es geht um die Entlohnung von Menschen mit Behinderung. Und es geht darum, dass sich der Bundestag damit beschäftigt.
Peter Schreckenberg nutzt das Briloner Altstadtfest und den Tag der offenen Tür in der Briloner WP-Lokalredaktion. Er ist Werkstattbeschäftigter in den Caritas Werkstätten St. Martin, ist Oberst der St.-Erhard-Schützen und hat einen ganzen Stapel von Unterschriftenlisten dabei. Er möchte, dass die Besucher sein Anliegen unterstützen und auf der Liste unterschreiben. Es geht um die Entlohnung von Menschen mit Behinderung. Und es geht darum, dass sich der Bundestag damit beschäftigt.
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Streng genommen ist die Frist zur Unterzeichnung seit einigen Tagen abgelaufen, aber trotzdem verdient das Anliegen von Peter Schreckenberg und der Landesarbeitsgemeinschaft der Caritas-Werkstatträte NRW und aller Menschen mit Behinderung, die in einer Werkstatt beschäftigt sind, dass man ihnen Gehör verleiht.
Wirtschaftlichen Folgen der Corona‐Krise und des Ukrainekrieges
„Unabhängig von ihrer Leistung bekommen Werkstattbeschäftige einen Grundbetrag. Auch der muss von der Werkstatt erwirtschaftet werden“, erklärt Engelbert Kraft. Er ist Geschäftsführer im Bereich Teilhabe Arbeit+Bildung bei der Caritas in Brilon. Dieser Grundbetrag wurde in den vergangenen Jahren in vier Stufen erhöht und an das Bundesausbildungsgesetz gekoppelt. „Das hat dazu geführt, dass die Werkstätten mehr zahlen mussten, obwohl sie nicht mehr erwirtschaftet haben. Um den Sockelbetrag für alle zahlen zu können, wurde bei denen, die bislang einen leistungsabhängigen Steigerungsbetrag bekommen, gekappt. Das ist nicht fair.“
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Auf der anderen Seite stehen die wirtschaftlichen Folgen der Corona‐Krise und des Ukrainekrieges. Auch das hat für die Werkstätten und die Beschäftigten dramatische Folgen. So können viele Einrichtungen keinen Steigerungsbetrag mehr an die Werkstattbeschäftigten auszahlen. Aufgrund der Krisen werden aber für die Menschen die Lebenshaltungskosten (Lebensmittel, Heizung, Strom usw.) immer teurer. Ein Teufelskreis. Auch der Werkstattrat des Bigger Josefsheim hat auf diese Problematik aufmerksam gemacht. „Der finanzielle Spielraum der Werkstätten wurde immer geringer. Darum musste der so genannte Steigerungsbetrag, den sie auszahlen können, reduziert werden oder ganz entfallen“, sagt Sonja Haase, Vorsitzende des Bigger Werkstattrates auf der Internetseite der Josefsgesellschaft. So können sich viele Werkstattbeschäftigte zusätzliche Kleinigkeiten nicht mehr leisten. Und einige haben sogar Schwierigkeiten, das Nötigste zu finanzieren“, erklärt Haase.Der Grundbetrag beim Lohn habe sich durch die Angleichung an das Bundesausbildungsgesetz um 57 Prozent erhöht von 80 auf jetzt 126 Euro, erklärt Engelbert Kraft. Bei rund 600 Beschäftigten macht das für die Caritas über 300.000 Euro pro Jahr aus, die nicht erwirtschaftet werden können, aber trotzdem bezahlt werden müssen.
Werden die 50.000 Unterschriften erreicht?
Die Landesarbeitsgemeinschaft der Caritas-Werkstatträte hat nun diese Petition angestoßen mit der Bitte, dass die Grundbeträge in Werkstätten für Menschen mit Behinderung aus öffentlichen Mitteln bestritten werden mögen – zumindest solange, bis die von der Bundesregierung in Auftrag gegebene Entgeltstudie abgeschlossen ist und ein neues Entgeltsystem beschlossen wurde.Die Caritas-Vertreter oder eben auch der Beirat des Josefsheim wollen erreichen, dass sie im Petitionsausschuss des deutschen Bundestages in Berlin vorsprechen dürfen, um ihre Anliegen vorzutragen. Nachdem die Petition am 24. Juli im Internet veröffentlicht wurde, hatten die Antragteller vier Wochen Zeit, um 50 000 Unterschriften zu sammeln. Das ist das sogenannte Quorum. Erst mit 50 000 Unterschriften würden sie eingeladen werden. Aber auch wenn keine 50 000 Unterschriften zusammenkommen, hat die Petition eine Wirkung. Denn sonst hätte Peter Schreckenberg beim Altstadtfest und beim Tag der offenen Tür nicht mit den Menschen ins Gespräch kommen und deren Aufmerksamkeit erreichen können.
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Eine Nachfrage in Berlin ergab, dass die Unterschriften derzeit ausgezählt werden und die Anzahl in der zweiten Septemberhälfte bekannt gegeben wird. Insider gehen davon aus, dass die 50.000 erreicht wurden.