Winterberg. Unwetter in Winterberg: Im Minutentakt laufen Straßen, Keller und Notfallambulanz voll Wasser. Der Klinikleiter über die Ausnahmestunden.
Ein Unwetter hat für eine unruhige Nacht im Sauerland gesorgt. Insbesondere Winterberg war von den starken Regenfällen betroffen, dort ist es zu 14 Einsätzen gekommen. Insgesamt hat es im Kreisgebiet 13 Einsätze für die Polizei gegeben, darunter ein Dachstuhlbrand in Sundern, vermutlich durch einen Blitzeinschlag verursacht. Die Kripo ist vor Ort. Meist hat es sich laut Polizeisprecher bei den Einsätzen um umgestürzte Bäume gehandelt, wetterbedingte Verkehrsunfälle habe es nicht gegeben. Ein Einsatz für die Winterberger Feuerwehr ist indes eine besondere Herausforderung gewesen, denn die Notfallambulanz des St. Franziskus-Hospitals ist am Unwetterabend knöcheltief mit Wasser geflutet. Geschäftsführer Carsten Röder schildert der WP die Ausnahmesituation.
DWD hatte vor kräftigen Gewittern gewarnt
„Von Südwesten ziehen kräftige Gewitter durch“, hieß es noch gestern in der amtlichen Warnung des DWD. Dabei sei örtlich heftiger Starkregen mit 20 bis 40 Litern pro Quadratmeter möglich. Vereinzelt könnten auch 60 bis 90 Liter pro Quadratmeter innerhalb kurzer Zeit fallen. Wenn ein Gewitter vorüber zieht, sind Sturmböen bis 80 km/h möglich und anfangs auch Hagelschauer (bis zwei Zentimeter Korngröße).
Auch WP-Wetterexperte Julian Pape zieht eine Unwetter-Bilanz: „Das war eine ziemlich heftige Unwetternacht. Schon gestern Nachmittag bildeten sich vor allem rund um Winterberg und Willingen, die ersten heftigen Gewitter, welche sich in der Nacht sogar intensivierten und in Form eines kompakten Niederschlagsgebietes über die Region zogen.“ Insgesamt kamen an den Stationen in Winterberg, in Elkeringhausen und auf der Steinert bei Girkhausen jeweils rund 70 Liter Regen zusammen.
Winterbergs Kernstadt von starkem Regen betroffen
Tatsächlich hat das Unwetter größtenteils Winterberg getroffen. Feuerwehrsprecher Jens Vogelsang bestätigt auf WP-Anfrage, dass es gestern zu einer Vielzahl von Einsätzen gekommen sei: „Die meisten Einsätze haben sich auf die Kernstadt begrenzt.“
Bereits gegen 16.45 Uhr wurde die Einheit Winterberg zum ersten Mal alarmiert, wie Vogelsang später in seiner Bilanz mitteilt. „Hier musste ein vollgelaufener Keller in einem Geschäftsgebäude leer gepumpt werden. Weitere Einsätze folgten anschließend zum Teil im Minutentakt.“ Zur Unterstützung werden daraufhin die umliegenden Einheiten aus Altastenberg und Elkeringhausen alarmiert. Auch aus Niedersfeld, Siedlinghausen und Züschen sind jeweils ein Löschgruppenfahrzeug in die Kernstadt entsandt worden. Aufgrund der hohen Einsatzzahl entscheidet die Wehrleitung, die Feuerwehreinsatzzentrale im Feuerwehrhaus Winterberg zu besetzen. Während die Notrufe weiterhin in der Leitstelle in Meschede entgegen genommen werden, erfolgt die Koordinierung der eingesetzten Kräfte am Unwetterabend direkt von Winterberg aus.
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Notfallambulanz in Winterberg unter Wasser
Im Laufe des Abends brauchen viele Haushalte Hilfe beim Auspumpen von vollgelaufenen Kellern. Auch auf Straßen und Tunnelunterführungen wie im Herrlohtunnel sammelt sich das Wasser. Mit dem Regen eingeschwemmte Äste verstopfen die Abläufe. Die Feuerwehr reinigt die Abläufe, so dass das Regenwasser wieder abließen kann, erklärt Vogelsang in seiner Mitteilung. Besonderer Einsatzschwerpunkt: das Krankenhaus. Wassereintritt im Bereich der Ambulanz.
Klinikleiter aus Winterberg schildert die Ausnahmelage
Wie der Einsatz abgelaufen ist, schildert Carsten Röder, Geschäftsführer des Winterberger Klinikums. Er ist auf einem externen Termin, als der Regen beginnt. „Ich hab den Regen gesehen und mich gefragt, wie ich durch das Unwetter nach Hause kommen soll. Dass das Wasser in die Klinik laufen könnte, daran habe ich nicht gedacht.“ Dann kommt jedoch der Anruf aus der Notfallkette. Wasser in der Notfallambulanz. Die liegt etwas unterhalb der Straße, das Wasser sucht sich durch die verschlossenen Türen einen Weg in die Räume der Klinik. Als Carsten Röder in der Notfallambulanz ankommt, ist das Wasser knöcheltief. „Als ich ankam, waren schon sehr viele Mitarbeiter, auch aus den oberen Stationen, nach unten gekommen um das Wasser wegzuwischen. Mit Handtüchern, mit Laken. In dem Moment hatte ich einen riesigen Respekt vor den Mitarbeitern.“
Empfindliche Geräte wurden direkt vom Netz genommen
Geräte, wie die Computertomographie und das Röntgengerät werden vom Netz genommen, die empfindliche Technik ist allerdings so weit oben verbaut, dass sie durch das Wasser keinen Schaden nimmt. Auch die Feuerwehr ist schnell vor Ort und hilft dabei, die Ambulanz trocken zu legen. „Sie haben die Systeme geschützt und das Wasser abgesaugt, die Feuerwehr hat toll reagiert“, schildert Röder. Beeindruckt habe ihn auch die Vorausschau der Feuerwehr: „Der Feuerwehrleiter hat direkt gesagt, dass eine weitere Front kommt und sie Sandsäcke liefern, um die Klinik abzudichten. Das fand ich echt super.“ Die Feuerwehr dazu: „Vorsorglich wurden von der Feuerwehr Sandsäcke auf dem Bauhof gefüllt und zum Krankenhaus gebracht, um bei weiter anhaltenden Regenfällen schnellstmöglich reagieren zu können.“
Krisenmanagement habe sehr gut funktioniert, so Klinikleiter Röder
Das Krisenmanagement habe sehr gut funktioniert, so Carsten Röder. Innerhalb der ersten halben Stunde habe er, gemeinsam mit der Feuerwehr und dem Ärztlichen Direktor, debattiert, ob man den Betrieb aufrecht erhalten könne oder ob eine Abmeldung der Klinik - das heißt, dass akute Notfälle andere Kliniken ansteuern müssen – nötig wäre. Gemeinsam habe man sich gegen eine Abmeldung entschieden, akute Fälle habe es ohnehin keine gegeben im Einsatzzeitraum. Noch am Abend habe man Trocknersysteme bestellt, die auch am Mittwochmittag noch laufen. Schäden sind im Klinikum nicht entstanden. „Ich war wirklich beeindruckt von dem Engagement der Mitarbeiter“, sagt Röder. „Dafür habe ich heute morgen Frühstück als Dankeschön ausgegeben.“
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Aussicht auf das kommende Wetter entspannt
Die meisten Einsätze für die Feuerwehr in Winterberg sind gegen 20.30 Uhr abgearbeitet. Insgesamt waren die 70 Einsatzkräfte an 14 Einsatzstellen zum Teil über einen längeren Zeitraum mit ihren Pumpen vor Ort. Und auch am Morgen des Mittwochs musste ein weiterer Keller von der Feuerwehr leer gepumpt werden.
Julian Pape gibt nach dem Unwetter einen entspannten Ausblick auf die kommende Wetterlage: „Aktuell liegen noch viele Wolken über der Region, die meist aber nur noch mäßigen Regen bringen. Bis in den Nachmittag hinein ist es in der Region aber oft noch bewölkt mit einigen leichteren Regenfällen, die sich dann aber immer mehr in Richtung Rothaarkamm zurückziehen.“ Später kommt die Sonne zum Vorschein und bis zum Abend trocknet es allgemein ab. Die Temperaturen erreichen in der ausgetauschten Luftmasse nur noch zwischen 14 und 20 Grad. In der Nacht bildet sich verbreitet Nebel. Die Temperaturen sinken auf sehr frische 9 bis 4 Grad ab. „Morgen früh ist also definitiv die dickere Jacke notwendig.“