Brilon. Petrinum-Schulleiter Johannes Droste geht in den Ruhestand. Er erzählt über schwierige Schüler, sture Eltern und gute Zeiten am Gymnasium Brilon.

Johannes Droste (66) hat 15 Jahre lang als Schulleiter die Geschicke des Gymnasiums Petrinum geleitet. Zum Schuljahresende wird er nach insgesamt 35 Jahren Lehrertätigkeit in den Ruhestand verabschiedet. Wir haben mit ihm über seine Arbeit, schöne und schlimme Momente und Herausforderungen im Schulalltag gesprochen.

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Wollten Sie schon immer gerne Schulleiter werden?

Lehrer wollte ich schon seit meiner eigenen Schulzeit am Benediktiner Gymnasium Lehrer werden, aber Schulleiter, das lag eigentlich völlig außerhalb meiner Vorstellung. Ich bin sehr gerne zur Schule gegangen und ich habe gemerkt, dass es mir Spaß macht, bei anderen Begeisterung für Dinge zu wecken, die ich gut finde, von denen ich überzeugt bin. Passend dazu habe ich während meiner Studienzeit freie Mitarbeit beim Westdeutschen Rundfunk in der Redaktion Naturwissenschaft und Technik gemacht und habe unter anderem für die Wissenschaftssendung von Jean Pütz gearbeitet. Ich finde es gut, als Lehrer auch mal über den Tellerrand hinauszuschauen und die Schiene Schule, Studium, Schule mal zu verlassen. Einige Jahre war ich auch in der Lehrerfort- und Ausbildung aktiv und da habe ich gemerkt, dass es mir auch sehr viel Spaß macht zu organisieren und zu moderieren. Und als dann irgendwann die Frage im Raum stand, ob ich mich nicht auf die freiwerdende Schulleiterstelle in Brilon bewerben möchte, habe ich mich für diesen Weg entschieden; zumal Brilon auch nicht sehr weit von meinem Wohnort Remblinghausen entfernt ist. Leicht gemacht hat mir die Entscheidung, dass das Leitbild des Petrinums getragen ist von einem christlich-humanistischen Menschenbild. Ich bin überzeugter Katholik und Lateinlehrer. Das passte also. Ich habe die Entscheidung nicht bereut, auch wenn man leider sagen muss, dass die Attraktivität des Schulleiter-Jobs abgenommen hat.

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Was sind aus Ihrer Sicht die weniger attraktiven Seiten Ihres Berufs?

Als Schulleiter ist man Teil des Schulsystems und muss auch manchmal administrative Verfahren oder Vorgaben umsetzen, die man skeptisch beurteilt. Manchmal muss man dann auch sehr holprige Wege mitgehen, wie zum Beispiel in der Coronazeit. Da mussten wir für montags ein Konzept erarbeiten, haben aber erst am Freitag um 17.30 Uhr die dafür notwendigen Vorgaben bekommen. Trotzdem sind wir gut durch diese Zeit gekommen. Die große Mehrheit hat sich zum Glück der Einsicht gestellt, dass wir da gemeinsam durchmüssen. Es gab aber auch einige Elterngespräche, bei denen wider besseren Wissens und gegen jede Einsicht wirklich abstruse Vorstellungen vertreten wurden.

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Wenn man als Schüler zum Schulleiter muss, bedeutet das meistens nichts Gutes. Wie ist das bei Ihnen?

Ich weiß, das ist ein bisschen so, wie wenn man zum Zahnarzt muss. Man möchte da lieber nicht hin. Aber manchmal gibt es Vorfälle, die erfordern disziplinarische Maßnahmen. Unsere Aufgabe als Schulleitung ist es, klare Grenzen aufzeigen. Ich bin bekannt als ein Freund deutlicher Worte, aber mein Ziel ist es auch immer, gemeinsam mit allen Beteiligten nach einem vernünftigen Ausweg zu suche. Grundsätzlich hilft es, nach der ersten Aufregung mal die Augen zu schließen und an die eigene Jugend zurückzudenken. Und man muss sich vor Augen halten, dass unsere Schüler ja keine Verbrecher sind. Natürlich kann man nicht alle Gespräche zur Zufriedenheit aller Beteiligten lösen. Wenn es dann aber gelingt, Krisensituationen gut zu lösen und den Schülern zu helfen, dann ist das sehr befriedigend. Und manchmal gibt es ja durchaus auch erfreuliche Anlässe, zu denen ein Gespräch mit Eltern und Schülern geführt wird.

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Was war für sie der schlimmste Moment, was war das schönste Erlebnis?

An einer der schlimmsten Moment erinnere ich mich noch sehr genau. Das war, als eine Schülerin auf dem Schulhof stand und Suizid begehen wollte. Zum Glück ist der Vorfall damals gut ausgegangen. Zu den schönsten Momenten gehörte aber auch eine Abiturentlassfeier, bei der ich einer Schülerin, die mit ihrer Familie aus dem Iran geflohen war und anfangs kaum ein Wort Deutsch konnte, ihr überdurchschnittlich gutes Abizeugnis überreicht habe. Bewegend fand ich aber auch, wie eine Schülerin, deren Abi wirklich am Seidenen Faden hing, schließlich in der dritten mündlichen Prüfung, die sie absolvieren musste, eine Punktladung geschafft hat. Sie ist in mein Büro gekommen und hat sich das Ergebnis drei Mal zeigen lassen, weil sie es nicht glauben konnte.

Was waren in vergangenen fünfzehn Jahren für Sie die größten Herausforderungen?

Eine große Herausforderung war die Umstellung des gymnasialen Bildungsganges auf G8 und jetzt in einer Vorwärtsrolle auf das neue G9. In diesem Zusammenhang erfolgte auch die Einführung von Nachmittagsunterricht und der Bau der Mensa. Das war eine sehr arbeitsreiche, aber auch sehr spannende Zeit. Auch das Thema Inklusion hat uns in den vergangenen Jahren sehr beschäftigt. Die mit Abstand größte Herausforderung war allerdings als im Zuge der Renovierung der naturwissenschaftlichen Räume die Luft im Gebäude plötzlich immer schlechter wurde und eine PCB-Belastung festgestellt wurde. Das war richtig schlimm, denn da ging es um die Gesundheit von Schülern und Kollegen. Und umso mehr freue ich mich, dass jetzt ein neuer naturwissenschaftlicher Trakt entstanden ist und bald ein neues modernes Schulzentrum entsteht.

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Das Gebäude ist das eine, wie sieht moderner Schulunterricht heute aus?

Natürlich verändert sich im Laufe der Zeit die Art zu unterrichten. Die Digitalisierung ist eine große Herausforderung, bietet viele Möglichkeiten, aber auch Gefahren. Unsere Aufgabe ist es, die Schüler fürs Leben fit zu machen und da gehört natürlich die Nutzung digitaler Hilfsmittel dazu. Wichtig finde ich, den Schülern zu vermitteln, dass sie jede Informationsquelle kritisch hinterfragen sollten. Im Unterricht finde ich den Einsatz digitaler Medien nur dann sinnvoll, wenn es für den Unterricht sinnvoll ist. Nach wie vor bin ich übrigens der Meinung, dass auch in der heutigen Schule Frontalunterricht seinen Platz haben und phasenweise sinnvoll sein kann. Man muss ein gesundes Mittelmaß finden.

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Mit welchen Gefühlen verabschieden Sie sich jetzt in den Ruhestand?

Mit einem lachenden und einem weinenden Auge: Abschied nehmen von einem vertrauten Ort, von Menschen, die einem wert und lieb waren und sind, und von einer Aufgabe, die man mit Freude gemacht hat, fällt mir nicht leicht. Aber das Gefühl, es ist jetzt auch mal gut, macht es dann doch etwas leichter, zumal man das Petrinum auch künftig in guten Händen weiß. Meiner Nachfolgerin und allen Schülerinnen und Schülern, den Eltern und Lehrerinnen und Lehrern, aber auch allen anderen in Verwaltung und Betrieb wünsche ich für die Zukunft alles Gute, Gesundheit vor allem und Zufriedenheit im, am und rund um das Petrinum.