Brilon-Wald. Im 24-Stunden-Dorfladen in Brilon-Wald gibt’s alles nötige zu kaufen – vom Frühstück bis zum spontanen Grillabend. Welche Idee dahinter steckt.
Um es gleich vorwegzunehmen: Schwangerschaftstests sind in dem Laden ein Renner. Das liegt vermutlich daran, dass niemand beim Kassieren einen neugierigen Blick befürchten muss. Denn es gibt erst gar keinen Menschen, der Geld entgegennimmt. Das Geschäft funktioniert ohne Kassenpersonal und vollautomatisch; dafür ist es aber an sieben Tagen die Woche rund um die Uhr geöffnet.
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„Dorfladen 24/7“ nennen die Brilon-Walder ihren Versuchsballon, der zum Jahresende gestartet ist und der jetzt mehr und mehr an Fahrt aufnimmt. Seit einigen Tagen ist schon weit von der Straße aus die Beschriftung an dem umfunktionierten Wohncontainer im Schatten des markanten Essigturms zu sehen. „Betrachten wir es als Experiment, bei dem ich als Unternehmer und das Dorf an einem Strang ziehen. Es liegt in meinem Interesse, dass ich mich hier als Mensch wohlfühle. Und auch die Kunden, die oft von auswärts kommen, sollen sehen, dass sich hier etwas tut, dass hier Leben ist, dass hier an einer Verbesserung von Wohn- und Lebensqualität gearbeitet wird“, sagt Unternehmer Dr. Christian Dresel. Er ist Geschäftsführer der Firma Condensator Dominit und zeichnet dafür verantwortlich, dass sich im Dorf gerade viel tut. Die 50.000 Euro, die er in den „Einkaufs-Container“ investiert hat, sind zwar nur ein kleiner Baustein, der aber trotzdem für die Außenwirkung und fürs Gemeinschaftsgefühl sehr wichtig ist. Stichwort: Weicher Standortfaktor.
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Gut gekühlt hinter verschlossenen Vitrinen
Hinter zum Teil gekühlten und mit Glas verschlossenen Vitrinen findet der Kunde/die Kundin so ziemlich alles, was er/sie zum täglichen Leben braucht. „Das Einkaufssortiment ist von links nach rechts wie der menschliche Tagesablauf strukturiert“, erklärt Ortsvorsteherin Ariane Drilling. Es geht los mit Kaffee, Eiern, Milch, Nudeln, Mehl oder Reis und setzt sich fort mit Cola, Limo, Bier und Wasser über Badartikel und eine eigene Abteilung mit Wurstwaren und Grillgut. Die Ware wird regional aus Brilon bei der Firma Urban eingekauft. Eine Mitarbeiterin der Condensator Dominit hält den Warenbestand im Auge, für die „Fleisch-Theke“ und deren stets frische Befüllung ist die Metzgerei Scharfenbaum aus Madfeld zuständig. Der regionale Gedanke zählt. Gerade jetzt zu Beginn der Grillsaison sind ständig Würstchen oder Steaks verfügbar.
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Fürs Spontan-Grillen braucht man natürlich auch Holzkohle. Die würde aber das Fassungsvermögen der Automaten sprengen. „Daher kann man im Automaten ein Feuerzeug kaufen, das den Preis für die Grillkohle beinhaltet. Die Beutel mit der Kohle stehen frei im Raum. Und bislang hat auch noch niemand etwas so mitgehen lassen“, sagt Ariane Drilling.
Weicher Standortfaktor
„Mehr Leben in den Ort bringen, nicht wegen jeder Kleinigkeit das Auto benutzen, Lebensqualität schaffen“, nennt Dr. Christian Dresel nur einige Schlagworte, die ihn gemeinsam mit der Ortsvorsteherin motiviert haben, das Projekt anzugehen. „Eigentlich kann man hier an dem Display einkaufen wie im Onlineshop. Man klickt an, was man haben möchte, legt die Sachen in einen virtuellen Warenkorb, geht zur Kasse, zahlt mit Bargeld (Wechselgeld wird ausgegeben) oder per Karte und schon spuckt der Automat das Gewünschte aus.
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„Momentan werden viele Getränke gekauft; das liegt vielleicht auch daran, dass viele Bauarbeiter auf dem Gelände sind. Aber alles in allem nimmt der Umsatz von Monat zu Monat zu“, freut sich die Ortsvorsteherin. Am stärksten frequentiert ist der Laden nachts – warum auch immer.
Der „Dorfladen 24/7“ ist in Sachen Infrastruktur-Verbesserung erst ein kleiner Anfang: Dr. Christian Dresel: „Der Naturpark Diemelsee plant hier entlang eines Radweges eine Rastmöglichkeit mit Tisch und Bank aufzustellen. Genau hier im Schatten der beiden Kastanien neben unserem Dorfladen. Das ergänzt sich perfekt.“ Außerdem stehe er mit DHL in Verhandlungen, um einen Paketshop ins Dorf zu bekommen. „Wenn ich als Unternehmer mit vielen Paketen pro Tag anfrage, hat das eine ganz andere Wirkung. Und trotzdem kommt es allen im Dorf zugute.“ Eine diskriminierungsfreie öffentliche Toilettennutzung ist die nächste Überlegung.
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Und dann gibt es ja auch noch die Pläne für die Fortentwicklung des sogenannten Südgeländes in Brilon-Wald. Gewerbehallen für Industrie und Handwerk, Wohnmobilstellplatz sowie kleine Holzchalets und ein inklusiver Spielplatz sind angedacht. Wenn man da nicht auch einen Dorfladen braucht...
Arian Drilling ist froh und auch ein wenig stolz, dass sie, die Dorfgemeinschaft und das Unternehmen so viele Ideen und Projekte ans Laufen bekommen haben. Viele kennen den rund 400-Seelen-Ort nur von Durchfahren. Aber oberhalb der Hauptstraße hat auch Brilon-Wald seinen Charme, an dem weiter gefeilt und gearbeitet werden muss. Ein kleiner automatischer Dorfladen ist ein weiterer Baustein.