Marsberg/Erlinghausen. Außerhalb der Windkraftvorrangzone sollen Windräder in Erlinghausen entstehen. Es ist ein hochemotionales Thema. Das wurde sehr deutlich.

Der Ortsbeirat Erlinghausen hat entschieden, dass er keine Entscheidung trifft, ob die Stadt Marsberg sich mit ihren eigenen Flächen an einem möglichen Windpark südlich von Erlinghausen beteiligen soll oder nicht. Mit dem Zusatz, dass möglichst frühzeitig eine öffentliche Informationsveranstaltung für alle Bürger stattfinden und dass sich auch der Stadtrat nicht dem Zeitdiktat der Projektierer stellen solle. Mit sieben Ja- und sechs Nein-Stimmen soll die Empfehlung so an den Stadtrat abgegeben werden.

Der Windparkprojektierer Westfalenwind aus Paderborn plant, wie berichtet, einen Windpark mit 11 Riesenwindrädern südlich von Erlinghausen zu bauen, außerhalb der von der Stadt Marsberg im Flächennutzungsplan festgezurrten Windkraftvorrangzone.

13 Hektar städtische Flächen

In den für den neuen Windpark vorgesehenen 250 Hektar im Bereich Platte/Kump hat auch die Stadt Marsberg 13 Hektar an eigenen Flächen und die will sie Westwind nicht zur Verfügung stellen, weil, wie ebenfalls schon berichtet, die Stadt sich auf das Windkraftvorranggebiet bezieht. Der Investor war daraufhin nochmals an die Stadt herangetreten und hat ihr u. a. auch vorgerechnet, was ihr so an Pachteinnahmen über all die Jahre durch die Lappen gehen würde.

Auch die Nachbardörfer wären betroffen

Daraufhin hat sich der Stadtrat dazu entschieden in den Ortsteilen, nachzuhören, wie sie zu den Vorhaben der Windparkerbauer stehen. Denn auch die Nachbardörfer wären betroffen. Weitere Windräder sind auch in Canstein und Udorf geplant, in Giershagen, in Westheim oder im Bereich des Diemelsees. Alle außerhalb der Windkraftvorrangzone. Die erstreckt sich in Meerhof, östlich von Erlinghausen und mit zwei kleinen Flächen in Udorf und Canstein.

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Der Ortsbeirat Erlinghausen tagte zu dem Thema zweimal. In der ersten Sitzung vor vier Wochen einigten sich die Ausschussmitglieder darüber, dass sie erst mehr Informationen bräuchten und bemängelten da schon die Kürze der Zeit. Deshalb sollte vor der nächsten Beiratssitzung kurzfristig eine öffentliche Bürgerbeteiligung mit Westwind stattfinden.

Westfalenwind war aber der aktuelle Planungsstand für eine Bürgerinformationsverantaltung zu früh, sie würden nur zu einer Ortsbeiratssitzung kommen, wenn sie denn nichtöffentlich stattfinden würde, hatte Westwind auf die Einladung des Ortsbürgermeisters Herbert Dülme erwidert. „Das wollte ich auf keinen Fall, die Bürgerinnen und Bürger sollten die Möglichkeit haben, wenigstens zuhören zu können“, führte er zu Beginn der zweiten Beiratssitzung aus.

70 Zuhörende sprechen über Pro und Contra

Die fand nun in der Schützenhalle statt. Gekommen waren die Projektleiter Gregor Wessel und Marcel Papenfort von der Firma Westfalenwind, Helmut Löhring vom städtischen Bauamt und ca. 70 Zuhörer, darunter auch viele aus den Nachbargemeinden und solche, die den Plänen eher sehr kritisch gegenüberstehen.

Denn sie befürchten eine Umzingelung des Dorfes, eine Verschandlung der Natur und damit einhergehend einen großen Verlust an Lebensqualität, wie sie gegenüber der WP nach der Sitzung sehr deutlich zum Ausdruck brachten. „Was ist mit dem Wertverlust unserer Immobilien?“, hinterfragte eine Zuhörerin. „Ich habe regelrecht Angst vor dem Schattenschlag“, so eine andere.

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Und auch die Beiratsmitglieder sehen die Pläne eher kritisch. „Das Dorf ist erst vor knapp einem Monat über die Planungen informiert worden“, so ein Beiratsmitglied. Das sei viel zu wenig Zeit für einen ausgewogenen Meinungsbildungsprozess. Der werde durch die Kürze der Zeit komplett abgewürgt. Es gebe schließlich auch viele Bürger, die komplett gegen die Pläne seien und schließlich gehe es darum, alle Bürgerinnen und Bürger mitzunehmen. Applaus dazu kam von den Zuhörerrängen.

Bis zu 11 Riesenwindkraftanlagen plant die Firma Westfalenwind Paderborn südlich von Erlinghausen und noch auf weiteren Flächen im Stadtgebiet Marsberg.
Bis zu 11 Riesenwindkraftanlagen plant die Firma Westfalenwind Paderborn südlich von Erlinghausen und noch auf weiteren Flächen im Stadtgebiet Marsberg. © Westfalenwind Paderborn

„Das Stimmungsbild im Dorf ist sehr heterogen. Es gibt keine klare Meinung dazu. Die Einwohner sind nicht nur pro oder contra“, verdeutlichte ein anderes Beiratsmitglied.

Zuvor hatten die beiden Vertreter von Westwind den derzeitigen Planungsstand erörtert. Die Flächenfindung für potenzielle Standorte ist noch nicht abgeschlossen. Der Abstand zum Wohngebiet soll 1000 Meter betragen. Eine Anlage hat eine Höhe von 260 Meter. 70 Landeigentümer haben über 95 Prozent der Fläche vertraglich bereits zugestimmt.

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Sobald klar ist, wo die Anlagen stehen werden, werden die Gutachten über Schallschutz, Natur- und Artenschutz und Schattenwurf eingeholt. Deshalb könnten zum jetzigen Zeitpunkt keine Fragen der Bürgerinnen und Bürger beantwortet werden. 30.000 Euro pro Windrad würden im Jahr in den städtischen Haushalt fließen. 90 Prozent der Gewerbesteuer verbleiben in der Stadt. Das wären nochmals 25.000 Euro pro Windkraft im Jahr für das Haushaltssäckl.

Westwind rechnet damit, dass sie im 4. Quartal die Bauanträge stellen können. So dass im 1. Quartal 2024 die öffentliche Beteiligung stattfinden könne. Wenn die Genehmigung da ist, könne im 4. Quartal an der Ausschreibung der Bundesnetzagentur teilgenommen werden, bei der entschieden wird, wie hoch die Vergütung je Kilowattstunde wird. 2025 könne dann mit den Bauarbeiten begonnen werden, Ende 2025/Anfang 2026 mit dem Bau der Fundamente.

Akzeptanzmaßnahmen

„Über den genauen Umfang von Akzeptanzmaßnahmen und Beteiligungsmodellen können wir allerdings erst dann konkreteres sagen, wenn feststeht, wie viele Anlagen letztlich tatsächlich errichtet werden“, so Gregor Wessel weiter. „Aber wir sind bekannt dafür, dass wir möglichst viel möglich machen wollen.“ Wie zum Beispiel Strompreisförderung, Ausgabenbeteiligungen und finanzielle Unterstützung der örtlichen Vereine.

„Wie stellen Sie sich vor, dass sie Ihre Pläne außerhalb der Windkraftvorrangzone verwirklichen können“, wollte Ratsherr Frank-Peter Folcz wissen. Die Fläche sei von ihrer Windhöfigkeit und Lage schon vorher im Regionalplan dargestellt. In zwei Jahren werde die Bezirksregierung einen neuen Regionalplan für Windkraft vorstellen. Wessel: Viele spricht dafür, dass das Gebiet dann mit hineinkommt.“ Westwind hätte noch andere Projekte, wie den Windpark bei Westheim. Der Bauantrag sei beim HSK als Genehmigungsbehörde gestellt. „Mal sehen, wie entschieden wird.“

Ob denn eine Umzingelung von 270 Grad überhaupt genehmigungsfähig sei, wollte Ortsbürgermeister Dülme wissen. „Umzingelung ist ein weiches Ausschlusskriterium“, so Papenfort „Das aktuelle Recht seit 1. Februar, stellt die Windenergie von überragendem Interesse dar. Eine interne Abwägung muss der HSK treffen.“