Brilon. Der Abgang von drei Priestern kann nur schwer ausgeglichen werden. Die Kirche stehe vor einem großen Problem, sagt Propst Reinhard Richter.

Der Abgang von drei Priestern im Seelsorgebereich Sauerland Ost macht der Kirche vor Ort mittlerweile stark zu schaffen: „Es ist ein großes Problem“, bestätigt Propst Dr. Reinhard Richter auf Anfrage der Westfalenpost. Mitte Dezember war ein Priester aus Brilon wird vom Erzbistum Paderborn freigestellt worden. Er habe Grenzen verletzt, hieß es seitens des Erzbistums. Im Sommer 2022 war Pastor Frank Unterhalt, der bis dahin ebenfalls in Brilon tätig war, suspendiert. Seine Entpflichtung steht im Zusammenhang mit Publikationen des ultra-konservativen Priesterkreises Communio Veritatis.

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Ein inhaltlich komplett anders gelagerter Fall, aber dieselbe Konsequenz: Am 25. März gab das Erzbistum Paderborn schließlich den Amtsverzicht von Dechant Richard Steilmann bekannt. Es seien finanzielle Unregelmäßigkeiten aufgetreten. Mittlerweile teilt das Erzbistum mit: Es soll sich um eine Veruntreuung in Höhe von 175.000 Euro handeln.

Propst Richter: „Man braucht die Kirche nicht mehr, um zu glauben.”

Für Propst Richter stellt das die Kirche im Raum Brilon vor neue Herausforderungen: „Wir können uns ja auch keinen Priester aus den Rippen schneiden“, so der geistliche. Erst am Freitag hätte er das Thema bei einem Besuch des Diözesanadministrators angesprochen. Insgesamt schätzt er die die Lage aber eher schlecht ein. „Es ist insgesamt viel zerbrochen”, sagt Propst Richter mit ernster Stimme. Er meint damit nicht nur die Kirchengebäude, die immer leerer werden oder gar geschlossen werden müssen. Er meint vor allem das Vertrauen der Menschen in die Kirche als Institution und als Glaubensgemeinschaft. “Die Gesellschaft entchristlicht sich”, stellt er fest. Das mache sich zum Beispiel auch bei Beerdigungen bemerkbar. „Früher war es selbstverständlich, dass man kirchlich bestattet wurde. Heute gibt es immer mehr anonyme Urnenbeisetzungen oder gar keine kirchliche Begleitung mehr.” Propst Richter sieht mehrere Gründe für diese Entwicklung. Zum einen nennt er die Missbrauchsskandale, die in den letzten Jahren ans Licht gekommen sind und viele Gläubige erschüttert haben. Zum anderen nennt er die Corona-Pandemie, die viele kirchliche Aktivitäten zum Erliegen gebracht hat: „Das hat zu einer Entwöhnung geführt. Viele haben gemerkt: Man braucht die Kirche nicht mehr, um zu glauben.”

Jungen Leute haben oft keinen Bezug mehr zur Kirche

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Propst Richter spricht auch von einem Generationsgefälle. Während für viele alte Menschen die Kirche noch wichtig sei, spiele die Kirche für junge Menschen kaum noch eine Rolle. „Es sei zu einem regelrechten Glaubenszerfall gekommen”, sagt er. „Die jungen Leute haben oft keinen Bezug mehr zur Kirche. Sie kennen die Bibel nicht mehr, sie beten nicht mehr, sie gehen nicht mehr zur Kommunion oder zur Firmung.” Das habe auch Auswirkungen auf das geistliche Personal. „Wenn die Priester nicht spüren, dass jemand hinter ihnen steht, dann schwindet auch die Motivation”, sagt er. „Viele junge Priester würden sich mittlerweile fragen: Warum tue ich mir das mit Zölibat und Einsamkeit überhaupt an?” Priester aus anderen Ländern, wie Indien oder Afrika, könnten das Problem nicht lösen: „Die kulturellen Unterschiede sind oft zu groß. Die Erfahrungen häufig völlig anders.”