Marsberg. Nils und Hannes aus Marsberg reisen mit dem Rad quer durch Südamerika. Sie erzählen von Schmerzen und Verzweiflung, Entbehrungen und Abenteuern.
Die beiden Marsberger Nils und Hannes haben etwas Unglaubliches geschafft: Von Bogotá in Kolumbien sind sie bis nach Ushuaia in Argentinien, am südlichsten Zipfel des südamerikanischen Kontinents gereist - auf dem Fahrrad. 6.000Kilometer Strecke, 80.000 Höhenmeter, seit knapp sieben Monaten sind sie unterwegs. Am Dienstag, 14. März, sind sie endlich am Ziel angekommen: Am Ende der Welt, wie Ushuaia in der Region Feuerland auch genannt wird. „So lautete das Motto unserer Reise: Das Ende der Welt erreichen“, erklären die beiden Abenteurer.
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„Das ist für uns gerade noch super surreal, aber die Freude ist groß!“ Nils, 31 Jahre alt und gebürtig aus Essentho, berichtet von den Ereignissen der letzten Monate. Die Reise ging an der längsten Bergkette der Welt entlang, insgesamt haben die beiden Radsportler 80.000 Höhenmeter auf dem Fahrrad zurückgelegt. „Damit hätten wir den Mount Everest in der Höhe etwa sieben Mal abgedeckt.“
Marsberger sind sieben Monate mit dem Fahrrad unterwegs
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Die Idee, mit dem Rad einmal durch Südamerika zu fahren, entstand vor einigen Jahren bei einem gemeinsamen Bier. „Das ist etwa sechs Jahre her. Wir kennen uns seit der Schulzeit.“ Schon früher seien die beiden gemeinsam gereist. „Als dann die Abschlüsse kamen, haben sich unsere Pläne konkretisiert. Wir haben auf die Karte geguckt und Südamerika war ein Kontinent, den wir beide noch nicht kannten.“ Die Entscheidung, mit dem Fahrrad zu reisen, sei naheliegend gewesen: „Weil man dabei viel mehr Eindrücke sammeln kann, als wenn man im Auto oder mit dem Bus reist“, erklärt der ebenfalls 31-jährige Hannes. „Aber wir haben uns das am Anfang noch ein bisschen anders vorgestellt.“
Seit ihrem Start in Bogotá vor sieben Monaten haben die beiden Marsberger große Teile von Kolumbien, Ecuador, Peru, Bolivien, Chile und Argentinien durchquert. Eine Reise, die von Herausforderungen geprägt war: „Wir sind da auch ein wenig naiv gewesen. Was uns so erwartet, haben wir hier erst richtig gemerkt.“ Teilweise seien sie wochenlang auf einer Höhe von 3000 bis 4000 Höhenmetern unterwegs gewesen. „Das ist sowohl mental als auch körperlich anstrengend. Es bleibt nicht aus, dass man Schmerzen hat. Dass man auch noch 50 Kilometer weiterfahren muss, wenn man manchmal nicht mehr kann.“
Über körperliche und mentale Grenzen hinausgehen
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In einer besonders schwierigen Etappe seien die beiden zwei Wochen auf einem Gebirgsweg in Peru unterwegs gewesen. Für Nils eine besondere Härteprüfung: „Das war echt heftig. Da hatten wir 20 Liter Wasser und 40 Kilo Lebensmittel auf dem Rad dabei und es ging meistens bergauf. Das war für mich teilweise echt die pure Verzweiflung.“ Bei einem Sturz in der einsamen Gegend habe er sich einen Finger ausgekugelt und gebrochen. „Da steht man dann halt erstmal im Nirgendwo und hofft, dass irgendwann ein Auto vorbeikommt, mit dem man ins Krankenhaus kommt. Damit muss man lernen, umzugehen.“ Auch psychisch gehen sie an ihre Grenzen: „Das Mentale ist ganz schön heftig und zermürbend an manchen Tagen“, schildert Hannes, „Da muss man ständig über seine körperlichen und mentalen Grenzen hinausgehen.“ Die beiden Freunde seien aber ein gutes Team: „Wir bleiben da immer mit sehr viel Humor am Ball, dann sind diese Tage auch gar nicht so schlimm.“
Neben all den Herausforderungen bringt die Reise auch viele Highlights mit sich gebracht: Seien es atemberaubende Landschaften, die sich bei der Fahrt auf der Fernstraße Carretera Austral entfalten, der Perito Moreno Gletscher oder die größte Salzwüste der Welt in Bolivien - Hannes und Nils haben eine Menge gesehen. Beide sind sich einig: „Das war das beste: die ganzen kulturellen und landschaftlichen Eindrücke und unsere Erfahrungen...einfach ein Zusammenspiel von allem.“ Und letztlich waren auch die Entbehrungen lehrreich: „Es ist eine schöne Erfahrung zu merken, dass man selbstgesetzte Ziele erreichen kann. Das war ein besonderer Lerneffekt: Man kann deutlich über mentale und Schmerz-Grenzen hinausgehen.“
Mit Fundraising unterstützen sie gemeinnützige Organisation
Mit ihrer Reise möchten sie auf ein Projekt aufmerksam machen, das ihnen beiden am Herzen liegt: „Wir wollen zeigen, dass Mobilität nicht selbstverständlich ist. Deshalb sammeln wir Geld für World Bicycle Relief, eine Organisation, die Menschen in entlegenen Gebieten der Welt Fahrräder zur Verfügung stellt.“ Damit wolle die Organisation Mobilität an benachteiligte Orte bringen, wo Menschen weit entfernt von ausgebauten Straßen leben und weite Strecken zurücklegen müssen, um zur Schule, zu Arbeit oder zu einem Krankenhaus zu kommen.
Für das Fundraising haben sie einen Instagram-Account unter dem Titel drahtesel_del_mundo eröffnet, wo sie ihre Reisen dokumentieren und wo sie Spenden sammeln: https://www.instagram.com/drahtesel_del_mundo/?hl=de. Ihr neuestes Abenteuer und das Spendenprojekt wollen sie bald auch in Vorträgen vorstellen. Für´s Erste sind sie aber stolz, diese Reise erfolgreich abzuschließen, für die sich Nils, Mitarbeiter in der Kinder- und Jugendhilfe und der Soziologe Hannes eine berufliche Auszeit genommen haben. Auf ihrem Instagram-Blog feiern sie ihren Erfolg: „Am Ende der Welt ist es schön und wir machen mit viel Freude einen knallgrünen Haken hinter dieses Projekt. Das fühlt sich großartig an.“ Für die Zukunft seien weitere gemeinsame Fahrradreisen geplant: „Wir möchten mal nach Tansania, um den Kilimandscharo zu befahren. Oder erst nach Indonesien zum Surfen.“ Sie würden gerne jedem ans Herz legen, einmal eine Radreise auszuprobieren: „Das ist eine tolle Erfahrung für jeden. Das Reisen und Unterwegs sein auf dem Fahrrad, das kann einem schon sehr viel geben.“