Winterberg. Die Flüchtlingsfrage wird auch für Winterberg immer drängender. Der Wohnraum wird knapp und die Stadt richtet einen Appell an die Bürger:
Die stetig steigende Zahl an Flüchtlingen stellt auch Winterberg zunehmend vor Probleme. Das betonte Bürgermeister Michael Beckmann auf der Ratssitzung am Donnerstag. Zu Beginn wurde noch einmal deutlich, warum Kommunen deutschlandweit immer mehr geflüchtete Menschen integrieren müssen. So rief der Bürgermeister zu einer Schweigeminute für die Opfer von Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine auf. Seit dem russischen Überfall flüchten immer mehr Menschen auch in den HSK. Weitere Krisen, beispielsweise in Afghanistan oder Syrien, treiben die Zahl an Flüchtlingen nach oben.
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Es wird zwischen Flüchtlingen unterschieden
Man rechne mit weiteren steigenden Zuweisungen von Flüchtlingen in den nächsten Wochen, sagte Beckmann. Winterberg sei verpflichtet, diese Menschen aufzunehmen und ihnen Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Dies sei bisher immer gelungen, da die Stadt vorausschauend daran arbeite, genügend Wohnraum zu akquirieren, erklärte Beckmann. Aktuell habe noch einen Wohnraumpuffer. Doch langsam stoße man auch an seine Grenzen. Gerüchte, wonach in Winterberg wie in Korbach ein Containerdorf geplant sei, dementierte das Stadtoberhaupt scharf. Man habe lediglich einen Wohncontainer mit 16 Wohneinheiten geordert, der dann an der Straße Lamfert direkt neben den Stadtwerken für den Einzug geöffnet werde. Und zwar nur für den Fall, dass man nicht mehr genügend privaten Wohnraum anmieten könne.
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„Wir machen derzeit, wie viele andere Kommunen auch, die Erfahrung, dass zwischen den Flüchtlingen der Ukraine und Flüchtlingen anderer Herkunftsländer unterschieden wird“, sagte der Bürgermeister gegenüber der WP. So stelle die Stadtverwaltung fest, dass die Anmietung von Wohnraum für Flüchtlinge seitens der Stadt immer häufiger davon abhängig gemacht werde, woher diese kommen. So seien ukrainische Kriegsflüchtlinge in der Regel willkommen, Flüchtlinge aus anderen Herkunftsländern eher weniger.
Dies stelle Winterberg vor eine große Herausforderung. Man sei deshalb verpflichtet, Alternativen zu erarbeiten. „Wir bedanken uns daher herzlich bei allen Bürgerinnen und Bürgern, die sich ehrenamtlich für die Integration der geflüchteten Menschen in unserer Stadt engagieren“, sagte Beckmann. Auch wenn die Unterbringung eine der größten Herausforderungen bei der Zuweisung von geflüchteten Menschen ist, gibt es weitere Herausforderungen. So geht es um alle Aspekte, die zu einem gelungenen Integrationsprozess dazu gehören. Es gehe um Themen wie die Betreuung oder die Beschulung von Kindern und Jugendlichen. Auch hier kämen Kommunen und Schulen an Grenzen, wenn es zum Beispiel darum gehe, genügend Räume zur Verfügung zu stellen.
Sporthallen als Unterbringung?
Im Gegensatz zu anderen Kommunen plane man aber nicht, Sporthallen zur Unterbringung zu akquirieren. „Wir haben uns bewusst dagegen entschieden, Turnhallen zu schließen und für die Unterbringung von Flüchtlingen zu nutzen, da Vereine und Kinder während der Pandemie mit Blick auf den für die Kinder so wichtigen Vereins- und Schulsport zurückstecken mussten und wir das Vereinsleben durch die Schließung von Turnhallen nicht erneut ausbremsen möchten. Die Sporthallen bleiben also in ihrer ursprünglichen Funktion den Schulen und Vereinen erhalten“, versprach Beckmann gegenüber der WP.
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Er nahm außerdem Stellung gegenüber den Äußerungen des Präsidenten des Landkreistages. Reinhard Sager hatte einen Gipfel gemeinsam mit Bundeskanzler Olaf Scholz zum Thema Flüchtlinge gefordert. Scholz solle das Problem zur Chefsache machen. Den Kommunen drohe „ein Kollaps“. Die Stimmung in der Bevölkerung kippe und am Ende sei der Rechtsstaat bedroht.
Grundsätzlich teile man diese Sorgen, erklärte Beckmann gegenüber der WP. „Wir möchten allerdings auch betonen, dass wir eine notwendige humanitäre Hilfe für Menschen aus Kriegsgebieten oder Menschen, die von Verfolgung bedroht sind, für unsere Pflicht halten. Und unter anderem genau deshalb fordern wir mit Blick auf die zu erwartenden steigenden Flüchtlingszahlen auch von Bund und Land eine umfassende Flüchtlingsinitiative mit dem Ziel, die Kommunen, die an der Grenze der Belastbarkeit und zum Teil schon jetzt darüber hinaus agieren, signifikant zu unterstützen“, sagte der Bürgermeister. Sollte es einen Flüchtlingsgipfel geben - und diese Forderung unterstützen Winterberg ausdrücklich - müssten die Kommunen mit an den Tisch.
Gefahr einer Spaltung besteht
Man kenne die Herausforderungen und Probleme vor Ort, wissen konkret, was man benötige, um die Aufgaben nicht nur für die Flüchtlinge selbst, sondern gesamtgesellschaftlich mit Blick auf die Integrationsarbeit vor Ort zu meistern. „Wir als Kommune dürfen dabei nicht alleine gelassen werden. Schließlich geht es auch um die Bürgerinnen und Bürger, die jeden Tag einen maßgeblichen Anteil dazu beitragen, dass Integrationspolitik gelingt und die Flüchtlingswelle bewältig werden kann im Sinne eines guten Zusammenlebens“, sagte Beckmann. Dafür gebühre der Bevölkerung großen Dank und Anerkennung und auch deshalb müssen die Kommunen mehr Unterstützung erhalten, um diesen gesellschaftlichen Konsens aufrecht zu erhalten.
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Die Gefahr einer gesellschaftlichen Spaltung bestehe, da die vergangenen Wochen gezeigt hätten, dass nicht alle Flüchtlinge gleich willkommen geheißen würden, sondern hier unterschieden werde, woher die Flüchtlinge kommen „Eine gute Flüchtlingspolitik muss da ansetzen, wo sie umgesetzt wird, direkt bei den Kommunen und bei der Bevölkerung. Wenn wir hier alle Möglichkeiten einer sinnvollen Integration ausschöpfen können, mit einem ausreichenden Handlungsspielraum finanziell wie personell, wird es auch weiter einen gesellschaftlichen Konsens geben. Da müssen wir hinkommen“, so Bürgermeister Beckmann.
Da die Stadt Winterberg dringend Wohnraum für geflüchtete Menschen sucht, bitte sie um Unterstützung: „Wir freuen uns über jedes Angebot von Wohnraum“, sagt die Pressesprecherin der Stadt Winterberg, Rabea Kappen. Wohnungsangebote können per Mail an bernd.hoemberg@winterberg.de oder telefonisch unter 02981800102 abgegeben werden.