Brilon. Die Sitzung des Bauausschusses eskaliert: Die Diskussion um vier Ferienhäuser wird unter der Gürtellinie geführt. Was ist passiert?

Diese Sitzung des Bauausschusses des Briloner Stadtrates am vergangenen Mittwoch, 15. Februar, wird nicht als Sternstunde in die Geschichte der Briloner Kommunalpolitik eingehen. SPD und CDU stritten sich teilweise bis unter die Gürtellinie. Besonders die SPD stach mit Reichsbürgervorwürfen an den Ortsvorsteher von Petersborn negativ hervor. Zwischenzeitlich hatte Jürgen Kürmann (CDU), der Vorsitzende des Bauausschusses, Schwierigkeiten den Verlauf der Sitzung zu kontrollieren.

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Vier Häuser mit maximal 100 Quadratmetern

Entzündet hatte sich der Streit an einer Verwaltungsvorlage zum Bau von vier Ferienhäusern in Gudenhagen-Petersborn. Das Gebiet ist durch die in unmittelbarer Nähe liegende Bebauung zwar bereits erschlossen, jedoch noch nicht Teil des aktuell gültigen Bebauungsplans. Aktuell sind die steil abfallenden Flächen noch für die Landwirtschaft vorgesehen. Der Bauherr und Besitzer des Grundstückes möchte die Fläche in Zusammenarbeit mit einem Investor entwickeln und beantragt daher die Umwandlung von ca. 0,46 Hektar in eine Sondernutzungsfläche für Ferienhäuser. Die Ferienhäuser im Chalet-Stil sollen dabei eingeschossig sein und über eine Fläche von maximal 100 Quadratmeter verfügen.

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Bezirksregierung stimmt zu

Problematisch, darauf weisen einige Ratsmitglieder hin, sei vor allem die schmale und stark ansteigende Zuwegung über die Straße „Am Kranwinkel“, die für Lastkraftwagen nicht befahrbar sei. Die Bezirksregierung steht dem Antrag zwar grundsätzlich positiv gegenüber, hat jedoch auch Bedenken. So seien die Auswirkungen der Planungsabsicht auf die Nutz- und Schutzfunktionen und die Landschaftsbildqualität des betroffenen Freiraumbereiches sowie die Funktions- und Nutzungsfähigkeit der Naturgüter als Grundlage für die Landwirtschaft und das Landschaftsbild zu beschreiben. Ebenso sei darzulegen, wie die Funktionen erhalten bleiben könne bzw. wie der Verlust der Funktionen ausgeglichen werden könne. Ferner sei darzulegen, dass der Bestand oder die Entwicklungsmöglichkeiten der landwirtschaftlichen Betriebe nicht gefährdet seien, heißt es im Antrag der Verwaltung, der die Umwandlung in ein Sondernutzungsgebiet befürwortet.

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Ortsvorsteher lehnt Umwandlung ab

Wolfgang Diekmann, der christdemokratische Ortsvorsteher des Dorfes, lehnt die Planung vehement ab. Er hätte sich vor allem gewundert, warum er in die Gespräche zur Planung nicht einbezogen worden sei, die schon im August des letzten Jahres zwischen Verwaltung, SPD und Grundstücksbesitzer stattgefunden hätten: „Das ist kein Stil, wie man mit einem Dorfvorsteher umgeht“ beschwert er sich. Seit 25 Jahren würden Petersborn für Bauflächen kämpfen, seine eigenen Kinder hätten keine Flächen zum Hausbau gefunden, aber hier würde es auf einmal ganz schnell gehen: „Ich habe keinen in unserem Dorf gefunden, der dieses Projekt befürwortet“, behauptet Diekmann. Auch Behörden, mit denen er gesprochen hätte, würden dem Projekt ablehnend entgegenstehen, sagt er, ohne jedoch die Behörde zu benennen, mit welcher er gesprochen habe.

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„Der König von Petersborn“

Hubertus Weber, der Fraktionsvorsitzende der SPD, bringt die Argumentation auf die Palme. Er attackiert Diekmann deutlich unter der Gürtellinie und fragt den Ortsvorsteher: „Sind sie vielleicht zu viel in der Reichsbürgerszene unterwegs?“ Er sei doch nicht der „König von Petersborn“ Am nächsten Tag relativiert jedoch seinen Vorwurf: „Ich wollte Herrn Diekmann eigentlich nicht unterstellen, ein Reichsbürger zu sein, auch wenn das in dieser Situation so wahrgenommen werden konnte“. Er hätte damit nur ausdrücken wollen, dass dem Ortsvorsteher das Dorf nicht gehöre und er deswegen nicht für alle Petersborner sprechen könnte. Weber befürwortet den Bau der Ferienhäuser: „Das Gebiet ist schon doch schon bebaut, die Infrastruktur ist da und für den Tourismus in Brilon ist das ein gutes Projekt“, so der Sozialdemokrat.

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CDU: Keine Präzedenzfälle schaffen

Eberhard Fisch, der Vorsitzende der CDU-Fraktion, sieht das jedoch anders: „Ich sehe hier eindeutig die Gefahr der Zersiedelung. Wir sollten hier keine Präzedenzfälle schaffen“. Er sehe die Möglichkeit, dass nun jeder Besitzer von kleinen Flächen auch in Außengebieten nun auf Idee kommen könnte, sein Grundstück mit Ferienhäusern bebauen zu wollen. Viele Ferienhäuser seien mittlerweile feste Wohnsitze geworden, das müsse verhindert werden. Fisch kritisiert auch die Verwaltungsvorlage: „Mit keinem Wort wird in der Vorlage auf die touristische Bedeutung des Projekts eingegangen“. Er hätte sich da mehr gewünscht. Dieser Antragskritik kann sich sogar Weber anschließen, auch er hätte sich dazu einen Absatz gewünscht, weist in diesem Zusammenhang aber auch auf die Entscheidung der Bezirksregierung hin, die den Bau der Ferienhäuser ja befürworte. Damit werde auch eine Zersiedelung verhindert. Reinhard Prange von den Linken findet, dass nicht jede Fläche bebaut werden sollte, auch Stefan Scharfenbaum von den Grünen befürchtet ebenso einen Eingriff in die Natur. Annette Lohs von der Briloner Bürgerliste sieht vor allem die schmale Zuwegung kritisch.

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Bebauung wird abgelehnt

Am Ende scheitert der Antrag knapp mit acht Gegenstimmen, sechs Befürwortern und einer Enthaltung. Michael Hilkenbach von der CDU-Fraktion hatte sich zwischenzeitlich für Befangen erklärt, weil er in der Nähe ebenfalls ein Bauprojekt unterstützt habe. Das stieß auf ungläubige Blicke der Ausschussmitglieder, weil die Geschäftsordnung einen solchen Befangenheitsgrund nicht vorsieht. Hubertus Weber wird zum Abschluss deutlich: „Das ist eine verpasste Chance für den Briloner Tourismus“.